Die römische Stadt Nida zählt mit rund 4.000 Quadratmetern dokumentierter Fläche zu den am besten erhaltenen und am umfangreichsten ergrabenen römischen Sakralanlagen in Deutschland. Wie bedeutend die Siedlung in der Zeit des römischen Reichs war, lassen nun Fragmente einer Wandbemalung erahnen
Die römische Siedlung Nida im heutigen Frankfurt-Heddernheim war in der Zeit des Römischen Reichs Hauptort der „Civitas Taunensium“, eine zivile römische Verwaltungseinheit der Provinz Germania superior im heutigen Rhein-Main-Gebiet, dem Taunus und der Wetterau. In den Jahren 2016 bis 2018 fanden Archäolog*innen bei Grabungen des städtischen Denkmalamts in einem Mauerbruch mehr als 5.000 Fragmente einer römischen Wandbemalung.
Vermutet hatten die Forscher*innen dort, auf dem Erweiterungsgelände der Römerstadtschule, bisher den zentralen Markt, das sogenannte Forum. Bei den Grabungen stellte sich dann allerdings heraus, dass sich an dieser Stelle ein ummauerter Kultbezirk mit Holz- und Steinbauten sowie zahlreichen Schächten und Gruben befand.
Bisher ist ungeklärt, ob die Putzfragmente zu einem einzelnen Wandgemälde gehören oder zu mehreren Fresken. Vermutlich wurden sie bei einem Umbau zu Beginn des 3. Jahrhunderts nach Christus von den Wänden geschlagen und vergraben. Mit den jetzt zu restaurierenden Fragmenten und weiteren Fundstücken besteht die Möglichkeit, einen Teil der Innenräume des Gebäudes und seiner Ausstattung zu rekonstruieren. Hierfür werden die Forscher und Forscherinnen mehrere Jahre benötigen, denn trotz der großen Zahl an Fragmenten stellen diese nur einen geringen Teil der gesamten verputzten Innenfläche dar.
Zur weiteren Bearbeitung wurden die Stücke in die Restaurierungswerkstatt des Archäologischen Museums Frankfurt gebracht. Dort sicherte man zuerst die Fragmente, von denen ein Großteil bisweilen in Kisten lag. Denn bei jeder Bewegung kommt es zu Abrieb, was die spätere Zusammensetzung erschwert. Sigrun Martins, Restauratorin am Archäologischen Museum erklärt, dass insbesondere die Kanten mit Kunstharz stabilisiert werden müssen. Wichtig sei auch, die organischen und anorganischen Pigmente der Bemalung zu konservieren, um einen Verfall zu verhindern. Darüber hinaus reinigte man jedes Stück, das meist nicht größer als eine Handfläche ist, schonend mit Wasserdampf. Neben den Farben und geometrischen Mustern geben auch die Mauerreste hinter dem Putz, eventuell mit Flechtwerk oder Spuren von Pfosten versetzt, Hinweise auf die Anordnung der Fragmente.
Für die Konservierung und Restaurierung des wertvollen Funds aus Nida arbeitet das Archäologische Museum Frankfurt mit freiberuflichen Restaurator*innen zusammen. Die Ernst von Siemens Kunststiftung unterstützt das Projekt durch die Corona-Förderlinie. Zwar ist das Museum mit drei Restaurator*innen gut ausgestattet, doch die Konservierung der Fragmente könnten sie neben allen anderen Aufgaben nicht bewältigen. Kein anderes Frankfurter Haus hat einen so stetigen und starken Zugang an Objekten. Liane Giemsch, Leiterin der Restaurierungswerkstatt, spricht von 340.000 Objekten im Bestand, alle zwei Jahre kämen 400 Kisten aus Grabungen des Denkmalamts hinzu. Dank den Fördergeldern der Ernst von Siemens Stiftung ist ein Team von Restarator*innen nun in der Lage, mit Hilfe von Pigment- und Mörtelanalysen weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
Museumsdirektor Wolfgang David hat keinen Zweifel daran, dass sich die Arbeit lohnt: „Der Wandverputz mit geometrischen Mustern, aber auch mit figürlichen Darstellungen von Pflanzen, Tieren und Menschen zeugt von der Bedeutung des Garnisonsstandorts und späteren Hauptorts des Verwaltungsbezirks Civitas Taunensium.“ Fresken wie im römischen Nida habe es nur in wenigen Städten jenseits des Mittelmeerraums gegeben.