28.03.2017

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Dresdener Münzkabinett komplett geschlossen

wurde diese Tetradrachme (Westungarn

Woher kommt der weiße Belag?

Das Münzkabinett im Dresdner Residenzschloss muss vorübergehend geschlossen werden. Auf 100 ausgestellten Silbermünzen wurde ein weißlicher Belag gefunden.

Jens Dornheim muss von einer Schädigung sprechen: „Das ist hart, aber anders kann man es nicht sagen.“ Der Restaurator des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hat auf 100 ausgestellten Silbermünzen einen weißlichen Belag gefunden. Erste Analysen haben ergeben, dass sich auf den Oberflächen verschiedener nicht konservierter mit historischer Sufidpatina überzogener Silbermünzen ein Silberchlorid-Belag gebildet hat. „Der Belag ist extrem dünn und für Besucher nicht oder nur schwer erkennbar“, sagt Dornheim. Der Restaurator hat ihn im Dezember bei einem seiner wöchentlichen Rundgänge durch die Ausstellung entdeckt. Er lasse das Silber verschiedener Legierungen wie das wesentlich mattere Zinn erscheinen.

Das Münzkabinett wurde nun vorsichtshalber geschlossen und alle 1.400 Silbermünzen aus den Vitrinen entnommen. Insgesamt zeigt die Ausstellung 3.300 Objekte auf 350 Quadratmetern. Zur Sammlung des Dresdener Münzkabinetts gehören 300.000 Objekte von der Antike bis zur Gegenwart. Sie ist eine der größten Universalsammlungen mit europäischer Bedeutung. Allein 30.000 sind sächsische Münzen und Medaillen.

In Dresden ist man bisher völlig ratlos, woher der weiße Belag kommt. Denn das Münzkabinett war nach mehr als zehnjähriger Schließung 2015 ins wiederaufgebaute Residenzschloss gezogen und eröffnete dort am 7. Juni 2015 seine neue Dauerausstellung. „Zuvor wurden natürlich alle Vitrinenbaustoffe getestet“, sagt Jens Dornheim. Münzen und Medaillen aus anderen Materialien sind nicht geschädigt. Selbst Ausstellungsstücke aus dem wesentlich unedleren und reaktionsfreudigeren Blei weisen keine Beläge auf.

Jens Dornheim hat die meisten Münzen mit Silberchloridauflage mit Wasser reinigen können. Nur bei zwei Stücken war der Belag nicht zu entfernen. „Wir haben keine Oberflächenveränderungen auf den Unterseiten beobachtet, aber besonders stark sind sie auf raueren Oberflächen“, sagt Dornheim und nimmt daher an, dass ein „Luftproblem“ zu den Silberchloridbelägen führt. Aber auch Lichteinwirkung könne entscheidend sein, obwohl alle Vitrinen UV-frei beleuchtet werden. Auf eine einzige Ursache will sich der Restaurator momentan nicht festlegen, zu viele verschiedene Faktoren für die Anwesenheit von Salzsäure und ihre Reaktion mit den sichtbaren Silberoberflächen könnten eine Rolle spielen.

Es erfolgt eine Ursachenforschung

Fest steht: Vergleichbares hat noch kein Münzkabinett in Europa beobachtet. Nach der Entdeckung des Silberchlorids hat der Dresdener Restaurator Fachkollegen verschiedener Münzkabinette um Rat gefragt, doch weder sie würden das Phänomen kennen noch finde sich darüber etwas in der Fachliteratur, sagt Dornheim.

Die Suche nach den Gründen für die chemische Reaktion der Silbermünzen hat nun begonnen. Eine organische Ursache konnte bereits ausgeschlossen werden. Weitere Forschungen zusammen mit der Technischen Universität Dresden und der Hochschule für Bildende Künste Dresden laufen. Wenn es Ergebnisse gibt, wird Dresden sie allen Fachleute mitteilen, verspricht Jens Dornheim.

Die gute Nachricht

Verzichten müssen Besucher auf die Sächsischen Münzschätze während der Schließung des Kabinetts allerdings nicht. Die Kunstsammlungen wollen in den nächsten Wochen temporäre Münzausstellungen in ihre anderen Ausstellungen integrieren.

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