Sie beschäftigen sich schon seit vielen Jahren mit der Restaurierung von Ruinen. Was ist das Besondere an dieser Art Bauwerk?
Eine rechteckige Betonplatte ragt in die Höhe und stützt das, was in Spanien von der Ruine Castillo de Matrera aus dem neunten Jahrhundert übrig geblieben ist. Viele – Fachwelt, Touristen und Einheimische – waren in heller Aufregung. Doch die Konstruktion erhielt kürzlich einen Architekturpreis. Wir haben darüber mit Wanja Wedekind gesprochen. Er arbeitet seit 20 Jahren als Diplomrestaurator in der praktischen Denkmalpflege. Die Restaurierung von Ruinen liegt ihm besonders am Herzen.
Eine Ruine ist eine zur Skulptur gewordene Architektur, die vom Bildhauer „Zeit“ geformt und gestaltet wurde. Eine Ruine ist somit ein vierdimensionales Bauwerk, in dem die gesamte bauliche Gestalt und Schichtung sichtbar ist und gleichzeitig die zeitliche, die vierte Dimension, nämlich der Verfall und mögliche Zerstörungen.
Und was ist nach der Bearbeitung der Ruine Castillo de Matrera erhalten geblieben?
Der Architekt Carlos Quevedo hat die Ruine mit neuem Baumaterial irreversibel eingeschalt und somit den skulpturalen Baukörper zur Zweidimensionalität, zum Fragment degradiert. Er geht mit den Fragmenten der Ruine in ähnlicher Weise um wie ein Wandmalereirestaurator mit Fragmenten in einer Malerei. Die Dreidimensionalität, der skulpturale Körper, ist verloren und die Vierdimensionalität ist auch nicht mehr vorhanden. Es ist nicht mehr ablesbar, was wo kaputt gegangen ist. Und dabei spielt insbesondere die historische Instanz bei der Ruine eine große Rolle.