Das Bach-Archiv Leipzig konnte mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder ein Exemplar der ersten Bach-Gesamtausgabe aus dem Besitz des Komponisten Gustav Mahler erwerben
Handschriftliche Eintragungen
Das Bach-Archiv Leipzig hat eine Gesamtausgabe der Werke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) aus dem früheren Besitz des Komponisten Gustav Mahler (1860-1911) erworben. Die Kulturstiftung der Länder förderte den Ankauf mit 15.000 Euro. Gustav Mahler gehört zu den bedeutendsten Komponisten und Dirigenten seiner Zeit. Zahlreiche Dokumente und Zeitzeugenberichte zeigen und belegen seine Verehrung für Bachs Werke.
Nach seinem Tod ging Mahlers Gesamtausgabe der Werke von Bach in den Besitz seiner Ehefrau Alma Mahler-Werfel (1879-1964), dann in den Besitz seiner Tochter Anna Mahler (1904-1988) und später in den seiner Enkeltochter Marina Fistoulari-Mahler (geb. 1943) über. Der Ankauf des Bach-Archivs erfolgt aus dem Nachlass des britischen Unternehmers Sir Ralph Kohn, der die Ausgaben 1992 auf einer Auktion in London ersteigert hatte.
Der britische Unternehmer und Philanthrop Kohn war deutscher Herkunft und förderte zu Lebzeiten das Bach-Archiv und das Bachfest Leipzig sowie das Forum Thomanum. Jetzt ist die Gesamtausgabe zurück in der Stadt, in der Johann Sebastian Bach von 1723 bis zu seinem Tod 1750 als Thomaskantor tätig gewesen war.
Das nahezu vollständige Exemplar der alten Bach-Gesamtausgabe (Leipzig 1851-1900) umfasst 59 Bände mit zahlreichen handschriftlichen Notizen Mahlers. Zusätzlich enthält es fünf eingelegte Seiten mit Mahlers Bearbeitung der Gavotte BWV 1068/3 aus der dritten Orchestersuite, die von besonderem Interesse für die Forschung ist. Sie entstand wahrscheinlich 1909 – das Jahr in dem Mahler in New York Bachs Werk dirigierte.
Berühmt geworden ist seine, für die Aufführung neu aus zwei Suiten zusammengestellte und mit einer veränderten Instrumentierung versehene ‚Bach-Suite‘. Mahler trug als einer der prägendsten Dirigenten seiner Zeit wesentlich dazu bei, die österreichisch-deutsche Interpretationstradition in die Neue Welt zu tragen. Seine Bach-Ausgabe ist ein wichtiges Zeugnis dieser Tradition und auch neuer Interpretationswege.
Professor Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder freut sich: „Gustav Mahlers Gesamtausgabe der Werke Bachs ermöglicht es, nachzuvollziehen, wie Mahler Bach verstanden hat und wie er dessen Werke interpretierte und aufführte. Mit dem Ankauf für das Bach-Archiv Leipzig kehrt die Ausgabe zurück an Bachs Hauptwirkungsort und kann dort einem breiten Publikum präsentiert werden. Bislang befand sich die Ausgabe ausschließlich in Privatbesitz – nun kann sie erstmalig umfassend untersucht und Forscherinnen und Forschern weltweit zugänglich gemacht werden.“
Die zwischen 1851 und 1900 in Leipzig erschienene Gesamtausgabe war zu Lebzeiten von Gustav Mahler das Referenzwerk jeglicher Beschäftigung mit Bach.