22.08.2016

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Anklagepunkt: Zerstörung von Kulturgütern

Die 2012 von den Terroristen zerstörten Gebäude in Timbuktu

Die 2012 von den Terroristen zerstörten Gebäude in Timbuktu

 

 

Heute beginnen die Verhandlungen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Erstmals geht es ausschließlich um die Vernichtung kultureller Stätten: Ein Malier muss sich für die Zerstörung von Heiligtümern in seiner Heimat verantworten.

Die 2012 von den Terroristen zerstörten Gebäude in Timbuktu, unter ihnen auch die Djinger-ber-Moschee (hier eine Teilansicht), waren aus dem wenig widerstandfähigen Baustoff Lehm errichtet. Foto: KaTeznik

Zum ersten Mal bildet die Zerstörung von Kulturgütern vor dem Internationalen Strafgerichtshof den Hauptanklagepunkt. Vor Gericht steht ein Mitglied der Terrormiliz: Ahmad Al Faqi Al Mahdi. Der Verdächtige soll 2012 als einer der Anführer der islamistischen Rebellengruppe nach der Besetzung der Wüstenstadt Timbuktu in Mali an der Zerstörung von Mausoleen und einer Moschee, als UNESCO-Welterbe eingestufter Bauwerke, beteiligt gewesen sein. „Es ist wichtig, dass die Verbrecher vor Gericht gestellt werden“, so UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova. Sie betitelt es als Gerechtigkeit für Mali, für seine Identität und die Geschichte der Menschen.

Die Zerstörung

2012 hatte ein Bündnis aus Islamistengruppen und nach Unabhängigkeit strebenden Tuareg den Norden Malis eingenommen. Dazu gehörte auch Timbuktu mit seinen Moscheen, Grabstätten und Heiligtümern aus dem 15. und 16. Jahrhundert der Sufis, einer mystischen Strömung des Islam. In den Augen der fundamentalistischen Terrorgruppen gelten die Sufis und deren Kultstätten als eine Abweichung vom Islam. Deshalb machten die Terroristen viele Lehmbauten zwischen Juni und Juli 2012 mit Meißeln und Spitzhacken dem Erdboden gleich. Auch etliche alte Handschriften in den Archiven von Timbuktu wurden zerstört, weil die Extremisten nur den Koran anerkannten. Erst eine militärische Intervention Frankreichs konnte die bewaffneten Terrorgruppen zurückdrängen.

Ein Kriegsverbrechen

Der Staat Niger lieferte das nun vor Gericht stehende Anhänger der Terrorgruppe Ahmad Al Faqi Al Mahdi aufgrund eines Haftbefehls an den Internationalen Strafgerichtshof aus. Die Regierung von Mali hatte das Internationale Gericht mit den Ermittlungen beauftragt. Nach dem Völkerrecht sind die Taten, die dem Angeklagten vorgeworfen werden, als Kriegsverbrechen anzusehen. Der Terrorist hat unersetzliche historische Monumente zerstört sowie die kulturelle Identität der Bevölkerung und deren religiöse und historische Wurzeln angegriffen. Die Vernichtung von Kulturgütern spielte bereits in früheren Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof eine Rolle. Aber dass sie den Hauptanklagepunkt bildet, ist neu.

Mittlerweile wurden die verwüsteten Gebäude in Timbuktu mit Hilfe der UNESCO und internationaler Geldgeber wiederhergestellt und im Februar 2016 mit einer feierlichen Zeremonie wieder eröffnet. Es bleibt spannend, wie die Anklage des mutmaßlichen Kriegsverbrechers weiter verläuft. In jedem Fall ist es ein bedeutendes Zeichen in Richtung islamistischer Terroristen, die mutwillig unser kulturelles Erbe zerstören.

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