Im thüringischen Altenburg sollen Restaurierungs-Praktikanten eine Vorstellung bekommen, wie sie arbeiten wollen: angestellt oder frei, drinnen oder draußen, im Museum oder freiberuflich, erklärt Dr. Arnulf Dähne, Mitinitiator des „Altenburger Praxisjahrs für Kulturgut- und Denkmalrestaurierung“ und Mitinhaber der Altenburger Restauratorengemeinschaft „pons asini“. Wichtig sei außerdem zu vermitteln, wie viel Naturwissenschaft, Material- und Kunstwissenschaft zum Beruf des Restaurators gehören
Erfahrungen hatten sie nicht, aber den unbedingten Willen, ein Vor-Praktikumsjahr im thüringischen Altenburg möglich zu machen. Seit drei Jahren gibt es nun das „Altenburger Praxisjahr für Kulturgut- und Denkmalrestaurierung“, organisiert von den drei Restauratoren Arnulf Dähne, Johannes Schaefer und Oliver Tietze. Als vierter Partner wurde das Residenzschloss Altenburg mit seinem Schloßmuseum gewonnen. Eine solche Stelle in einer städtischen Institution zu schaffen war im Vorfeld die größte Hürde, erinnert sich Arnulf Dähne. Doch es gelang: Die jährlich vier Praktikanten sind jeder bei einem der Projektpartner zu den gleichen Konditionen angestellt, bekommen ein wenig Geld und arbeiten einzeln und auch alle gemeinsam.
„Es war immer unser Interesse, uns um den Berufsnachwuchs zu kümmern“, sagt Arnulf Dähne, Mitinhaber der Altenburger Restauratorengemeinschaft „pons asini“ und präzisiert: „Es ging darum, eine qualitätvolle Ausbildung anbieten zu können – auch mit dem Wissen, was uns selbst am Anfang des Studiums fehlte.“ Außerdem sei es interessant und wichtig, Kontakt zu den Studenten und Absolventen zu halten, um selbst am Puls der Zeit zu bleiben. Die Altenburger geben in ihrem Praktikumsjahr einen fächerübergreifender Einblick in die vielen Möglichkeiten und Fachrichtungen des Berufs. Das ist durch die gemeinsame Projektverantwortung unterschiedlicher Restauratoren gut möglich. Der promovierte Restaurator Arnulf Dähne hat sich in seiner Restauratorengemeinschaft auf Wandmalerei, Architekturoberflächen und Baudenkmalpflege spezialisiert, Johannes Schaefer auf Gemälde, Tafelbilder, Holzskulpturen und Ausstattungen, Oliver Tietze auf Gemälde, Skulpturen, Raumausstattungen, Ethnologische Objekte, Modelle aus Pappe. Dazu kommt das Fachwissen aus dem Altenburger Schloß- und Spielkartenmuseum, in dem es neben kunsthandwerklichen Objekten Möbel- und Raumaustattungen als Restaurierungsobjekte gibt.
Ein fächerübergreifender Einblick sei innerhalb des einen Praktikumsjahres trotzdem nicht einfach zu vermitteln, denn die Praktikanten müssten sich nach den ersten Monaten bereits für ein Studium bewerben. Deshalb stehen die ersten Monate ganz im Zeichen der Studienvorbereitung. Dabei stellen Dähne, seine Kollegen und die Praktikanten immer wieder fest, dass nicht nur je- de Hochschule eine andere Ausrichtung, sondern auch andere Zugangsbedingungen hat. Außer- dem werde von den Bewerbern erwartet, dass sie sich bereits auf eine bestimmte Fachrichtung bewerben. Arnulf Dähne erscheint eine solche Festlegung zu früh, zumal er Vor-Praktikanten erlebt, die meist sehr wenig über den Beruf Restaurators wissen.
Trotzdem müssen die Bewerbungsvorbereitungen die ersten Monate in Altenburg bestimmen: Es gibt Zeichenkurse im Studio Bildende Kunst des Lindenau-Museums, Einblicke in die verschiedenen Ateliers, Theorietage und gleich zu Anfang auch die „Bekanntschaft mit dem Praktikumsobjekt“. Das stammt immer aus den Sammlungen des Altenburger Schlosses und wird komplett von den Praktikanten bearbeitet. 2018 waren es Relieftafeln aus der Schlosskirche, dieses Jahr sind es neobarocke Konsoltische aus dem Schlossinterieur. Museumsleiter Uwe Strömsdörfer, selbst Restaurator, ist sehr glücklich, dass Objekte aus seinem Museum restauriert werden, für die es in seinem Etat kein Budget gibt. Außerdem sollen die Praktikanten eine Vorstellung bekommen, wie sie arbeiten wollen: „angestellt oder frei, drinnen oder draußen, im Museum mit seinen speziellen Anforderungen und Verpflichtungen oder im selbstregierten Chaos der Freiberufler“, sagt Arnulf Dähne. Und es sei wichtig zu vermitteln, wie viel Naturwissenschaft, Material- und Kunstwissenschaft zum Beruf des Restaurators gehören. All das wüßten die meisten Praktikanten nicht.
Dähne wählt gemeinsam mit seinen Kollegen aus jährlich 25 Bewerbern vier Praktikanten aus. Die Bewerber kommen aus Deutschland und der ganzen Welt. Selbst Auslandsdeutsche aus Mexi- ko und den USA haben sich schon beworben. Klappt es nach dem Praktikum nicht sofort mit dem Studium, kümmern sich die Altenburger wei- ter. „Man ist eben nicht nur Praktikumsvater“, sagt Arnulf Dähne. Uwe Strömsdörfer träumt sogar vom Angebot einer WG für die Praktikanten. An Ideen mangelt es den Altenburger Restauratoren nicht, doch die funktionieren nur, so lange es verpflichtende Vorpraktika gibt. Hören die Hochschulen damit auf, wie mancherorts überlegt wird, könnten die Altenburger Restauratoren das Angebot nicht mehr finanzieren. Denn dann müssten sie anstelle der Praktikumsvergütung Mindestlohn zahlen.
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Der Bewerbungsschluss für das nächste „Altenburger Praxisjahr für Kunstgut- und Denkmal-Restaurierung“ ist der 1. Juli. Alle Informationen zur Bewerbung finden unter www.residenzschloss-altenburg.de