Nach der Rettung der Timbuktu-Manuskripte hat die Arbeit von Restauratoren, Archivaren und Forschern begonnen. Die weitere internationale Hilfe soll eng koordiniert werden.
Die Rettung war dramatisch, streng geheim, dauerte acht Monate und bewahrte den größten Handschriftenschatz Westafrikas vor drohender Zerstörung. Zwischen Juni 2012 und Januar 2013 organisierte Abdel Kader Haidara, Direktor der Mamma-Haidara-Gedächtnis-Bibliothek und Vorsitzender einer Vereinigung privater Manuskriptbesitzer, zusammen mit vielen Helfern die Rettung von 285.000 islamischen Handschriften. Sie wurden aus dem umkämpften Timbuktu ins 700 Kilometer entfernte Bamako gebracht.
Die so genannten Timbuktu-Manuskripte entstanden zwischen dem 12. und frühen 20. Jahrhundert und sind einer der größten islamischen Handschriften-Schätze. Sie enthalten neben Schriften der Gelehrten aus Timbuktu und benachbarter Länder auch islamische Zeugnisse aus dem Nahen Osten und dem Mittelmeer-Raum. Die meisten Schriften sind Privatbesitz und wurden bis 2012 in 35 privaten Bibliotheken aufbewahrt. Nur ein kleiner Teil kam aus dem staatlichen Ahmed-Baba-Institut. In mehreren Zwischenlagern in Bamako sind die Manuskripte zwar vorerst sicher, doch sie lagern noch immer in ihren Transportkisten aus Metall. Im feuchten Klima des Südens von Mali bedeutet das eine weitere Bedrohung für diesen einzigartigen Schatz aus Leder und Papier.
Sofort nach der Bergung halfen verschiedene internationale Stiftungen bei der weiteren Sicherung. Seit einem Jahr unterstützen auch das deutsche Auswärtige Amt, die Gerda Henkel Stiftung und das Centre for the Study of Manuscript Cultures (CSMC) der Universität Hamburg die Bemühungen zum Erhalt und zur Erforschung der Schriften. Am 17. und 18. Juni luden Auswärtiges Amt und Gerda Henkel Stiftung zu einem Strategietreffen nach Berlin, bei dem sich internationale Unterstützer, Wissenschaftler und Politiker aus Mali trafen. Man einigte sich, weitere internationale Hilfsmaßnahmen eng zu koordinieren und vor allem Sofortmaßnahmen zum Schutz vor Feuchtigkeit durchzuführen.
Restauratorin Eva Brozowsky von der Universität Hamburg hilft seit einem Jahr bei der Sicherung der kostbaren Manuskripte – als einzige Restauratorin im Hamburger Hilfsprojekt. Eva Brozowsky hofft, dass die begonnenen Arbeiten – das Reinigen und Sichern der Schriften, ihre Katalogisierung, Digitalisierung und ihre Aufbewahrung in säurefreien Umschlägen und Kartons – zügig weitergehen. Bisher hat sie in mehreren Seminaren heimisches Personal aus den verschiedensten Berufen in konservatorischen Grund-Praktiken ausgebildet, mit ihnen 2000 Handschriften konservatorisch behandelt und mehrere Handschriften restauriert. 2000 von 285.000. Außerdem arbeitet sie gemeinsam mit den Mitarbeitern in Bamako daran, nachhaltige Aufbewahrungsmethoden zu entwickeln. „Ich bemühe mich, die Sicherung der Handschriften auch mit den Materialien und Mitteln vor Ort zu realisieren“, sagt Brozowsky.
Sie wünscht sich für die Zukunft nicht nur einen weiteren Restaurator für das Projekt, seine Umsetzung und seine wissenschaftliche Bearbeitung, sondern auch Fensterglas für die Arbeitsräume. Denn momentan wehen Wind und Staub ungehindert in die Räume.
Außerdem müssen nach der ersten Rettungsphase viele neue Probleme geklärt werden. Zum Beispiel Fragen der Digitalisierung. Denn während Wissenschaftler eine Digitalisierung der Schriften befürworten, lehnen die Besitzer der Handschriften diese zum Teil ab. „Bei manchen gibt es persönliche und religiöse Vorbehalte gegen eine Digitalisierung“, weiß Brozowsky. Die meisten Manuskripte verließen erstmals mit der Evakuierung 2012/13 die privaten Bibliotheksschränke und damit die Familien ihrer Besitzer. Sie waren bis dahin weder öffentlich zugänglich noch für fremde Nutzer bestimmt. Das erklärt auch, warum nur ein Bruchteil der Timbuktu-Manuskripte katalogisiert und erforscht ist. Restauratorin Eva Brozowsky hat mit Grundlagenforschungen begonnen: Während ihrer Aufenthalte in Mali begann sie zum Beispiel, Tintenrezepte zu sammeln.