„Vom blauen italienischen Himmel wäre allerdings ohne die Restaurierungen oft nichts zu sehen gewesen“, sagt Marlies Giebe, die Leiterin der Restaurierungswerkstatt der Gemäldegalerie Alte Meister und Galerie Neue Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Gemeinsam mit einem Team von 18 Restauratoren konnte sie in den vergangenen zwei Jahren 36 Gemälde und 38 Rahmen restaurieren. „Bei den meisten Gemälden, die wir restauriert haben, war der Firnis stark vergilbt“, sagt Restauratorin Giebe. Besonders Oswald Achenbachs großformatiges Gemälde „Rocca di Papa im Albaner Gebirge“ musste Giebe durch den vergilbten Firniss eine starke Entstellung bescheinigen. Doch nach der Firnisabnahme sind die „fein vertriebenen Farbmodulationen, die frei gesetzten Pinselaufträge und die mit dem Finger aufgewischten ‚Drücker‘ auf teils abgeschabten oder bekratzten Farbschichten“ wieder sichtbar.
Bei zwei Gemälden des Dresdner Malers Johann Carl Baehr, die in den 1960er Jahren aus Privatbesitz in die Sammlungen kamen, musste nicht nur der Firnis erneuert, sondern auch die Bildträger stabilisiert werden. Denn Baehr malte auf Papier, das später auf Gewebe kaschiert und auf einen Keilrahmen verklebt worden war. Auf Papier direkt vor dem Bildgegenstand zu malen war gängige Praxis bei den Italienfahrern. „Die typischen Spuren von Reißnägeln in den Ecken der Bilder zeigen, dass diese kleinen Ölstudien auf Papier gemalt und meist früher oder später auf Pappe, Leinwand oder Holztafeln aufgezogen worden waren“, sagt Marlies Giebe. Die Schäden waren überall ähnlich: Gewebeschäden, Einrisse, Malschichtverluste, ältere Retuschen und Verzerrungen der Bildträger.
Fremdartige Farbigkeit
Auch wenn die Gemälde mit den italienischen Motiven eher von einer Sehnsucht nach Vergangenheit künden, so nutzten immer mehr Künstler um die Mitte des 19. Jahrhunderts die neuen, industriell hergestellten Farben. Den Unterschied zu älteren Bildern mit klassischen Farbpigmenten zeigt nach der Restaurierung zum Beispiel die „Campagnalandschaft“ von Johann Jacob Frey, der Marlies Giebe eine „erstaunlich leuchtende und fremdartige Farbigkeit“ bescheinigt. „Mitunter wurden selbst klassische Erdpigmente durch Zugabe synthetischer Farbmittel verstärkt, man sprach von Anfeuern“, sagt Giebe.
Rahmenrestaurierung
Auch die Rahmenmacher nutzten die neuen Möglichkeiten – nicht immer mit langlebigem Ergebnis und auch nicht zur Freude der Restauratoren. Die Dresdner Restauratoren mussten 38 Rahmen einen ungepflegten Zustand und zahlreiche Beschädigungen und unsachgemäße Überarbeitungen bescheinigen. Dieser Zustand hat ebenfalls mit der verstärkten industriellen Serienproduktion zu tun. Da die Schnitzarbeit aufwendig war, begann man vorgefertigte Stuckelemente auf hölzerne Profilleisten zu applizieren und experimentierte bei den teuren Vergoldungen mit billigeren Materialien. Die Schäden reichten von abgebrochenen Applikationen bis zu Oxidationen der Metallauflagen.
In der Ausstellung sehen die Besucher von all diesen Schäden nichts mehr. Doch Marlies Giebe schildert in den parallel erscheinenden „Dresdner Kunstblättern“ ausführlich die Besonderheiten der restauratorischen Arbeiten.
„Unter italischen Himmeln. Italienbilder des 19. Jahrhunderts zwischen Lorrain, Turner und Böcklin“, Dresden Albertinum, 10. Februar bis 28. Mai
Publikationen
Andreas Dehmer/Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Hrsg.): Italienische Landschaft der Romantik. Malerei und Literatur, Dresden 2016.
Andreas Dehmer und Heike Biedermann/Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Hrsg.): „Italienbilder zwischen Romantik und Realismus“, Dresden 2017, 39,80 Euro.
Dresdener Kunstblätter, Band 1/2017: Sehnsucht Italien, Sandstein Verlag, 5 Euro.