Dass der Klimawandel das Erbe der Gartenkultur in Deutschland bedroht, thematisiert seit Herbst 2019 der Verein Schlösser und Gärten Deutschland e.V. bei bundesweiten Presseterminen. Anfang November gab es dazu eine Veranstaltung im Schloss von Branitz. Das Jahresabschluss-Gespräch fand Ende November 2019 in Berlin statt
Besorgte Förster und Waldbesitzer, die durch ihre Trockenheit, Krankheiten und Schädlinge angegriffenen Baumbestände führen – dieses Bild gehört in den Sommermonaten in den Hauptnachrichten fast schon zum „Alltag“. Der Klimawandel beginnt auch in den hiesigen Wäldern, seine Spuren zu hinterlassen. Doch betroffen sind nicht nur Forstgebiete und Urwälder. Trockenschäden und ihre Folgen zeichnen längst auch die historischen Gartenanlagen und Landschaftsparks landauf, landab.
„Der Klimawandel bedroht die historischen Gärten in ihrem Charakter als Kunstwerk“, resümierte Anfang November 2019 Michael Hörrmann, Vorsitzender des Vereins Schlösser und Gärten Deutschland, bei einem Pressegespräch im Park von Schloss Branitz bei Cottbus, dem Alters- und Meisterwerk des exzentrischen Gartengestalters Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871). In einem der signifikantesten Elemente dieses Landschaftsgartens, der großen begrünten Erdpyramide im Pyramidensee, sind Pückler und seine Ehefrau Lucie Fürstin Pückler auch beigesetzt. Romantische Gemüter können bei einer Gondelfahrt diese Tumulus genannte große Pyramide aus nächster Nähe betrachten und dabei auch die malerische Gesamtkomposition des Sees aus einer ganz neuen Perspektiven erleben. Besonders im Blickpunkt, für Gondel-Gäste wie auch für die Flaneure, die an Land geblieben sind, stehen die mächtigen Buchen, die das Ufer säumen und auch auf einigen vorgelagerten Inseln angepflanzt wurden. Aus Branitz, aber auch aus anderen englischen Landschaftsgärten sind die mächtigen Baumriesen nicht wegzudenken. Doch gerade sie sind es, denen der Klimawandel besonders zusetzt.
„Buchen kommen mit längerer Trockenheit schlecht zurecht“, erklärt Jens Spanjer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL). „In regenarmen Regionen, etwa auf der Rückseite des Harzes, siedeln sie sich, selbst in unseren Breiten, von Natur aus gar nicht an.“ Bekommen Buchen nicht die von ihnen benötigte kontinuierliche Feuchtigkeit, werden sie anfällig für die sogenannte Buchenkomplexkrankheit, die die Bäume schwächt, das Absterben und Ablösen der Rinde bewirkt und schließlich auch den Befall durch Schädlinge begünstigt. Nicht auszudenken, was geschieht, wenn Buchen etwa auf den Inselchen im Branitzer Pyramidensee oder im Zentrum weitläufiger Rasenflächen so schwer geschädigt sind, dass sie ersetzt werden müssen.
Doch wo die Forstwirtschaft umsteuern und auf Baumarten ausweichen kann, die mit den sich verändernden klimatischen Bedingungen besser zu recht kommen, sind den Gärtnern in historischen Parks die Hände gebunden. „Sobald es Bäume sind, die das Erscheinungsbild eines Gartens dezidiert prägen – das trifft auf alle Solitäre und alle kleineren Baumgruppen zu – wird grundsätzlich 1:1 ausgetauscht“, erläutert Spanjer. Allenfalls könne überlegt werden, auf eine optisch geringfügig abweichende, dafür aber etwas trockenheitsresistentere Art auszuweichen, was allerdings beispielsweise bei den weit vielfältigeren Eichen wesentlich leichter möglich sei als bei Buchen. „Wir gehen ähnlich vor wie bei der Renovierung eines denkmalgeschützten Hauses“, sagt Spanjer. „Da würde man auch als erstes versuchen, die Steine aus dem gleichen Steinbruch zu bekommen, der auch schon vor 200 Jahren das Baumaterial lieferte. Stellt man fest, dass dieser Steinbruch inzwischen nicht mehr existiert, sucht man etwas, was dem Original so nahe wie möglich kommt, beispielsweise weil es aus der gleichen Gegend stammt wie das ursprüngliche Material.“
Allerdings ist bei einer Hausrenovierung mit dem Suchen und Finden geeigneten Ersatzmaterials der Mehraufwand abgeschlossen. Im Landschaftsgarten fängt er in Zeiten des Klimawandels an dieser Stelle erst an. Nachpflanzungen müssen, genauso wie der vor weiteren Schäden zu bewahrende Altbestand sorgsam bewässert werden – in zweierlei Hinsicht eine Herausforderung. „Gerade wenn das Wetter generell sehr trocken ist, stellt sich oft schon die Frage, woher das Wasser zur Bewässerung kommen soll“, berichtet Jens Spanjer. „Der Park von Branitz beispielsweise – einstmals angelegt auf kargem, flachem Ackerland –, bekommt sein Wasser aus der Spree. Sind die Pegelstände sehr niedrig, kann dort kein Wasser mehr entnommen werden. Selbst in Wörtlitz mit seinen großen Wasserflächen kam es 2018 zu Problemen bei der Parkbewässerung, weil die Wasseranlagen fast alle trockengefallen waren.“ Außerdem, so Spanjer, könnten die zuständigen Parkverwaltungen umfassende und langwierige Bewässerungsmaßnahmen mit der bisherigen Anzahl an Mitarbeitern kaum bewältigen – genauso wenig, wie großflächige Maßnahmen zur Bodenverbesserung wie beispielsweise das Beimpfen der Erde mit Mykorrhiza-Pilzen oder den erhöhten Aufwand, der durch die Trockenschäden bei der Pflege der Bäume nötig wird.
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