14.03.2014

Beruf

Braucht es einen Berufstitelschutz? Eine Debatte

Die Berufsbezeichnung »Restaurator« ist nach wie vor in den meisten Bundesländern nicht geschützt und bietet daher viel Interpretationsraum. Noch immer kann sich jeder Restaurator nennen. Seit Jahr(zehnt)en kämpfen die Restauratoren für die Einführung eines Berufsschutzes. Hierfür wurden bereits mehrere Lösungsansätze diskutiert, u.a. zuletzt auch die Verkammerung.
RESTAURO wollte wissen, wie wichtig eine geschützte Berufsbezeichnung ist und ob sich Restauratoren, wie beispielsweise Architekten, in Kammern organisieren sollten.
Hier lesen Sie Antworten von in der Konservierung-Restaurierung Tätigen.
Rainer W. Leonhardt
Leiter der Landesgruppe Berlin/Brandenburg des Verbands Restaurator im Handwerk e.V.

Es gibt ja eine geschützte Berufsbezeichnung, den Diplomrestaurator/in und den Restaurator/in im Handwerk. Beide Berufsgruppen haben eine gründliche Ausbildung hinter sich.
Wenn dies in Zukunft immer wieder auf allen Kanälen verbreitet wird, verbunden mit dem Hinweis, dass der Begriff Restaurator eine wertlose Bezeichnung. ist, könnte einiges gewonnen werden. Hier würde sich eine gemeinsame groß angelegte, publizistische Aktion anbieten.
Eine geschützte Berufsbezeichnung Restaurator würde uns aber nicht vor der Tatsache schützen, dass nach wie vor oft der billigste Anbieter den Zuschlag für restauratorische Arbeiten erhält, obwohl auch dem Auftraggeber klar ist, dass die geforderte Arbeit zu dem angebotenen Preis nicht auszuführen ist. Auf diesem Wege findet oft Beihilfe zur Schwarzarbeit und Unterschreitung der Mindestlöhne statt.
Eine weitere Hilfe wäre die konsequente Einforderung von Referenzen, die dann auch stichprobenartig überprüft werden müssten. Da wäre oftmals ein Anruf beim bauleitenden Architekten, dem zuständigen Denkmalpfleger oder gar bei den Bauherren hilfreich. 
Eine Organisation in einer Kammer, ähnlich den Architekten, könnte einige Probleme lösen (Handwerkskammer?), nur, auch für viele Architekten wird die HOAI von Bauherren immer wieder ausgehebelt. 
Eine Kammer für Restauratoren zu installieren halten wir zurzeit politisch nicht für durchsetzbar und brächte für die Mitglieder auch weitere finanzielle Belastung und noch mehr Bürokratie mit sich.
Eberhard Roller
Vertreter der Fachgruppe Selbstständige und Freiberufler des VDR und freischaffender Restaurator

Es wäre ein großer Gewinn für die Restauratorenschaft und für die Objekte!  – Weil das Milieu der unqualifizierten oder halbqualifizierten Anbieter zurückgedrängt würde. 
Weil dem Publikum, institutionell und privat, zumindest ein begriffliches Kriterium an die Hand gegeben wird, das es erleichtert, Fachleute von – faktisch – Laien zu unterscheiden. 
Weil Denkmalbehörden mit den bindenden Auflagen zu ihren eh schon bescheidenen Subventionen eine viel effizientere Lenkungswirkung erzielen würden als bisher (»… ist von Trägern des Titels Dipl.-Restaurator auszuführen…«), was dem Kulturgut nützt. 
Für die freie Wirtschaft und für private Auftraggeber darf man diese positiven Folgen nicht überschätzen. In der bestehenden Marktordnung können sie weiterhin an Hinz und Kunz Aufträge vergeben. Das ist unabdingbar, ob wir das an dieser Stelle für schädlich halten oder nicht, da freies Vertragsrecht. Es hätte allerdings natürlich enorme Bindungswirkung auf haushaltsrechtlich kontrollierte Auftragsvergaben der öffentlichen Hand. 
Bestehen bleiben würde trotzdem eine massive Verunklarung, die darin besteht, dass es neben uns, den akademisch ausgebildeten Restauratoren, noch die »Restauratoren im Handwerk« gibt. Die Kunst, die dahinter stehenden – für uns natürlich essenziellen! –  Unterschiede einer breiteren Öffentlichkeit kurz und plausibel zu erläutern, ist noch nicht erfunden. 
Kammern sind verwaltungsaufwändig und teuer für den einzelnen. Es sind gewachsene Strukturen des 19. Jahrhunderts. Es herrscht begründete Unsicherheit auch bei mir, wie diese nach Abwägung aller Vor- und Nachteile für unseren Berufsstand zu bewerten wären. 
Regionale Berufsregister, ein Baustein von Kammern, in Anlehnung an diejenigen von verkammerten Berufen werden vom VDR übrigens just erstellt.

Arnulf von Ulmann
ehem. Leiter des Instituts für Kunsttechnik und Konservierung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg

Man sollte einsehen, dass jede Aktivität in dieser Sache vergeudete Energie ist. In Mecklenburg-Vorpommern wurde das Gesetz wegen mangelnder Nachfrage aufgelöst!! Man soll sich nichts wünschen, was man offensichtlich nicht braucht und zudem nicht bekommen kann. 
In der Berufsrealität ist sie mittlerweile nicht mehr nötig zur Niveausicherung.
Hier wären Aktivitäten ebenso sinnlos. In der heutigen EU wird es keine neuen Kammern mehr geben! Ebenso werden von dort neue Berufe nicht mehr anerkannt werden (s. Neuregelung »Meister«). 
Die Organisationsform ist für Restauratoren zu teuer. Schon die Anerkennung innerhalb des VDR ist aus Kostengründen gescheitert. Die Aktivitäten der Registrierung innerhalb des VDR haben zu Austritten geführt.
Wenn eine Kammer zur Niveausicherung beitragen sollte, hätten wir nur gute Architekten und Mediziner. 
Sowohl bei Fragen einer Restauratorenkammer, der Honorarordnung als auch der Berufsanerkennung wäre wahrscheinlich die Entwicklung eines Qualitätsmanagements nach DIN erfolgreicher. Dies wäre dem Spiegelausschuss CEN der EU anzutragen. In diesem Ausschuss sind Restauratoren Mitglied.

Roland Vogel
Vorsitzender der Landesgruppe Bayern des VDR und freischaffender Restaurator

Eine geschützte Berufsbezeichnung ist sehr wichtig, da dadurch die zur Bearbeitung von Kunst- und Kulturgütern legitimierte Berufgruppe eindeutig definiert werden kann. Durch die Führung von Restauratorenlisten kann zumindest im öffentlichen Raum der Denkmalpflege das Tätigwerden eines unqualifizierten Personenkreises und damit ein unverantwortlicher Umgang mit Kulturgütern verhindert werden. 
Nachdem die politische Landschaft nach wie vor und seit dem Zusammenschluss der europäischen Gemeinschaft einen allgemeinen Deregulierungsprozess befürwortet, wird ein gesetzlicher Berufs- oder Beruftitelschutz auf Länderebene mittelfristig nicht durchsetzbar sein.
Die bislang einzigen vom VDR durchgesetzten Berufstitelschutzgesetze für Restauratoren existieren in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Trotzdem werden die Bestrebungen ein solches Gesetz auch in anderen Bundesländern auf den Weg zu bringen fortgeführt. 
Die derzeit einzige Alternative die Erhaltung unserer Kunst- und Kulturgüter auf gesetzlicher Basis ausschließlich in die Hände einer speziell dafür ausgebildeten und verantwortlichen Berufsgruppe zu legen besteht m.E. in der Einrichtung einer (möglichst bundesweiten) Restauratorenkammer. Aber auch durch die Schaffung von Länderkammern könnten die oben bereits angesprochenen Probleme;  Honorarordnung, Qualitätssicherung, Ausbildungsstandards, aber auch berufsoziologische Themen wie z.B. Gründung eines Versorgungswerkes usw. gelöst werden.

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