Das Epitaph des Konrad Popp, li: Vorderseite. Rechts: rechte Seitenansicht. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien / Sarah Moyschewitz.

Das Marmorepitaph des Konrad Popp aus dem späten 16. Jahrhundert, das an der südlichen Außenmauer der Stadtpfarrkirche St. Leonhard im Lavanttal (Kärnten), angebracht war, wurde wegen seines gefährdeten Zustandes am Institut für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst Wien untersucht und restauriert.
Zum Zeitpunkt der Demontage aus dem Mauerverband wiesen einige Bereiche des Objektes einen starken zuckerkörnigen Zerfall auf, der teilweise mit einem ausgeprägten biogenen Bewuchs einherging. Im Mittelfeld konnten verschiedene Krustenformen festgestellt werden, die in weiteren Schritten identifiziert sowie reduziert wurden. Eine Kruste, die sich höchstwahrscheinlich durch Zementstäube bilden konnte und deren Reduzierung soll im Fokus der Untersuchung liegen.


Das Epitaph des Konrad Popp

Das Gedächtnismal setzt sich aus acht weißen Marmorblöcken zusammen (H:271 cm x B:125 cm x T: 40 cm) und zeigt im Mittelfeld in Adoratenhaltung den Stifter Konrad Popp und dessen Familie. Das Relief ruht auf einer Inschriftkartusche, die demografische Informationen zum Stifter preisgibt und wird von einem Dreiecksgiebel überspannt, der das Wappen der Stifterfamilie Popp zeigt. Die Formensprache wird von den Voluten, ausdrucksstarken Gesichtern sowie den unproportional und überzeichnet dargestellten Körpern geprägt, welche manieristisch anmuten und in die ausgehende Renaissance weisen. Wie auch die Gestaltung der Schauseite ist die Rückseite der Marmorblöcke aufgrund ihrer Form höchst interessant: Die Blöcke sind an den Rückseiten nicht gerade zugehauen und zeigen nahezu keine Bearbeitungspuren.
Zur genaueren Bestimmung des Gesteines wurden Proben entnommen und Dünnschliffe angefertigt, die unter dem Lichtmikroskop und dem Rasterelektronenmikroskop (REM-EDX) untersucht wurden. Der mittelkörnige Marmor (Kristalle bis zu 2mm) zeigt einen hohen Dolomitgehalt (etwa 65 Prozent), wie auch einen für Marmor hohen Anteil an silikatischen Mineralen (etwa fünf Prozent), unter denen sich auch das Akzessorium Phlogopit befindet (Abbildung 2). Dieses ist makroskopisch als goldgelbe Plättchen im Marmor auszumachen und in Kombination mit dem hohen Dolomitgehalt charakteristisch für Marmorvorkommen in der naheliegenden Koralpe.

REM-EDX Aufnahme einer Gesteinsprobe des Marmors. Dolomitkristalle in Rot eingefärbt, Kalzitkristalle in Grün. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien / Sarah Moyschewitz/ Farkas Pintér.

Einbausituation und Schadensursache

Die Einbausituation des Epitaphs wurde analysiert, um die Schadensmechanismen zu eruieren. Das Objekt war an der südlichen Außenmauer an einem Strebepfeiler versenkt, weshalb es nach Osten ausgerichtet war (Abbildung 3). Die Einbausituation kann aufgrund einer bauphysikalischen Problematik am Kirchenbau sowie der Ausrichtung als Hauptschadensursache definiert werden. Der rezente Fassadenputz wurde als Zementputz identifiziert und kann durch das Heranziehen von vorhandenen Archivalien auf die Fassadenrenovierung der 1970er-Jahre zurückgeführt werden. Der Putz liegt auf einem Natursteinmauerwerk auf, das mit einem Kalkputz versetzt wurde. Dies stellt ein Problem dar, da Zementputze eine geringe Wasserdampfdiffusionsfähigkeit besitzen und die vom Natursteinmauerwerk aufgenommene Bodenfeuchtigkeit nicht nach außen ableiten, was zu Schäden an der Wandinnenseite der Kirche führt. Verstärkt wird die Problematik durch die nicht funktionierende Regenwasserableitung im Bereich der Strebepfeiler, weshalb das Wasser zum Teil über die Fassade und im selben Zug auch über das Epitaph abgeleitet wurde. Ebenfalls als problematisch kann die Ausrichtung des Epitaphs nach Osten im Kontext der thermischen Dilatation von Marmor beschrieben werden. Erwärmt sich der Marmor durch die Morgensonne innerhalb von kurzer Zeit, so kann ein großer Temperaturunterschied erreicht werden bzw. ein Frost-Tau Wechsel häufiger stattfinden. Die Ausrichtung zur Morgensonne erfüllt in Kombination mit der hohen und dauerhaften Wasserverfügbarkeit sowie den geschützten Bereichen im Relief des Objektes die Wachstumsbedingungen für eine biogene Besiedelung optimal.


Erhaltungszustand und Untersuchung der Kruste

Der Marmor zeigt an den exponierten Arealen ein gelockertes Gefüge in Folge eines zuckerkörnigen Zerfalls, der insbesondere durch eine kombinierte Wirkung mit dem biogenen Bewuchs weit fortschreiten konnte. Der biogene Bewuchs umfasst eine Bandbreite an Organismen, es konnten sowohl Pilze, Flechten wie auch Bakterien ausgemacht werden. Neben den geschwächten Bereichen liegen auch durch Krusten verdichtete Bereiche vor, diese können in Kalksinter-, Gips- und Zementkrusten unterteilt werden. Die Zementkruste stellt ein seltenes Phänomen dar, sie konnte erst durch die Beprobung und Analyse der Querschliffe bestimmt werden. Makroskopisch erschien diese als eine harte und spröde ockerfarbene Kruste, die in der Oberflächenmorphologie „pustelig“ ausgebildet war (Abbildung 4). Unter dem Rasterelektronenmikroskop offenbarte sich ein mehrschichtiger Aufbau der Kruste: Auf dem Marmor liegt eine hydraulische Kalkkruste vor, die sich mit dem Gestein fest verbunden hat. Darüber wurden die Reste eines hydraulischen Bindemittels gefunden, welche aus einem Portlandzement stammen und von einer Gipskruste bedeckt waren (Abbildung 5). Aufgrund der Ausformung der Kruste konnte ausgeschlossen werden, dass diese beim Anwerfen des Fassadenputzes als Mörtelspritzer an die Oberfläche gelangen konnte. Die Stratigraphie der Kruste sowie die betroffenen Areale sprechen dafür, dass die Entstehung auf Zementstäube zurückgeführt werden kann, obwohl sich die Kirche im ruralen Gebiet befindet. Folglich lässt sich vermuten, dass der Zement während der Fassadenrenovierung der 1970er-Jahre mit dem Wind auf die Objektoberfläche gelangt ist und sich im Zusammenwirken mit Feuchtigkeit zu einer Kruste ausbilden konnte.

Einbausituation des Epitaphs.© Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat Kärnten / Mag.a Doris Elisabeth Kircher.

Entfernung der Kruste mithilfe einer Ausgleichsschicht

Die Reinigung und Freilegung der Oberfläche von mikrobiogenem Bewuchs sowie den verschiedenen Krusten stand neben der Bestandssicherung durch eine Festigung und Armierungen im Fokus des Maßnahmenkonzepts. Die Behandlung der Zementkruste stellte eine besondere Herausforderung dar, die einer ungewöhnlichen Herangehensweise bedurfte. Erste Versuche, diese mechanisch mittels Feinwerkzeug oder Laser zu reduzieren, zeigten keine zufriedenstellenden Ergebnisse, weswegen auf das Mikropartikelstrahlverfahren zurückgegriffen wurde. Auch hier konnte festgestellt werden, dass durch die Härte und Unregelmäßigkeit der Kruste ein hohes Risiko bestand, den darunter liegenden Marmor ebenfalls zu bearbeiten. Das Mikropartikelstrahlen ist ein lineares Verfahren, in dem auf die behandelte Stelle eine gleichmäßige Strahlgutmenge mit gleichbleibendem Druck auftrifft. Auf einer härteren Oberfläche ist das Verfahren automatisch langsamer und weniger wirkungsvoll. Durch die unregelmäßige Oberflächenmorphologie waren dünnere Bereiche der Kruste innerhalb kurzer Zeit bereits abgetragen und der Marmor wurde bereits bearbeitet, während an anderen Stellen die Kruste beinahe noch in ihrer ursprünglichen Schichtstärke vorlag. Um das Verfahren so schonend wie möglich anzuwenden, wurde dieses wie folgt adaptiert. Es wurde eine Ausgleichsschicht erstellt, die die Kruste nivellieren und in ihrer Härte imitieren sollte. Im Vorfeld wurde eine Testreihe angelegt, um unterschiedliche Materialien in ihrer Eignung als Ausgleichsschicht zu prüfen. Cyclododekan, Gips und Romanzement wurden in die Testreihe aufgenommen. Die Materialien wurden mit einem Pinsel gleichmäßig aufgetragen, sodass die höchsten Punkte der Kruste an der Oberfläche sichtbar und der Rest unter der Ausgleichsschicht bedeckt war. Cyclododekan konnte durch eine zu geringe Härte und Oberflächenhaftung nicht überzeugen. Gips und Romanzement boten sich als gute Ausgleichsschichten an: Beide Materialien konnten leicht aufgebracht werden und härten schnell aus. Romanzement überzeugte in diesem Fall durch seine höhere Härte und auch durch die Farbigkeit, da sich die zu behandelnden Bereiche deutlicher von der Gesteinsoberfläche abhoben.


Überzeugende Angelegenheit

Neben dem Material der Ausgleichsschicht wurden zwei verschiedene Strahlgutarten sowie verschiedene Kombinationen von Druck und Strahlgutmenge versucht. Um die Einwirkung des Strahlwinkels auf den Invasionsgrad der Methode zu eruieren, diente eine weitere Testfläche, die an einer polierten Marmorplatte angelegt wurde. Ein flacher Auftrittswinkel des Strahlgutes konnte ein schonenderes Arbeiten ermöglichen als ein steiler, weshalb ein flacher Winkel als Auftrittswinkel gewählt wurde.
Nachdem die Adaptionen durch Testreihen festgelegt wurden, wurde die Kruste am Relief mit der Ausgleichsschicht bedeckt und der Romanzement für 24 Stunden zur Aushärtung mit feuchten Tüchern bedeckt. Am nächsten Tag konnte der Strahlprozess beginnen. Das Verfahren gestaltet sich durch die Abnahme des zusätzlichen Materials als zeitintensiv, kann aber durch das Ergebnis sowie die leichte Anwendbarkeit überzeugen.

Detailaufnahme der Krustenoberfläche. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien / Sarah Moyschewitz.
REM-EDX-Aufnahme des Querschliffs einer Zementkrustenprobe mit eingezeichneten Schichten. © Institut für Konservierung und Restaurierung, Universität für angewandte Kunst Wien / Sarah Moyschewitz/ Farkas Pintér.

Resümee

Der Zustand des Marmorepitaphs war geprägt von einem zuckerkörnigen Zerfall, einem biogenen Bewuchs sowie diversen Krustenarten. Insbesondere die Entfernung einer ungewöhnlichen Zementkruste war eine Herausforderung, der mit der Anpassung des Mikropartikelstrahlverfahren begegnet wurde. Das durch eine Ausgleichsschicht adaptierte Verfahren stellt eine schonende Möglichkeit dar, harte und insbesondere ungleichmäßige Auflagen zu reduzieren, gleichzeitig kann der Strahlfortschritt gut beobachtet werden. Die Technik ist einfach in der Anwendung, erleichtert die Kontrolle des Strahlfortschrittes und gestaltet das Verfahren sicherer. Des Weiteren ist in Betracht zu ziehen, das sich neben der Verwendung von Romanzement auch andere Materialien eignen könnten. Durch eine weitere Anwendung und Analysierung bzw. Evaluierung ergibt sich das Potenzial, die Technik zu perfektionieren und für weitere Situationen anzupassen, um ein breiteres Anwendungsspektrum und weitere Verbreitung zu finden.

¹Die Untersuchung und einhergehende Restaurierung erfolgte im Rahmen der Diplomarbeit von Sarah Moyschewitz „Das Marmorepitaph des Konrad Popp von der Stadtpfarrkirche St. Leonhard im Lavanttal. Zur Problematik eines Marmors mit zuckerkörnigem Zerfall und biogenem Bewuchs“ am Institut für Konservierung und Restaurierung (Leitung o. Univ- Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist), Universität für angewandte Kunst Wien in Kooperation mit der Diözese Gurk und dem österreichischen Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Kärnten.

²Es wird vermutet, dass es sich bei den Marmorblöcken um Findlinge oder Blöcke gehandelt haben könnte, welche schon längere Zeit in einem Steinbruch als „Rest“ zurückgeblieben waren.

³Die Untersuchungen wurden unter Anleitung von sen. Lect. Dr. Farkas Pintér am Institut für Konservierung und Restaurierung (Leitung o. Univ- Prof. Mag. Dr. Gabriela Krist), Universität für angewandte Kunst Wien durchgeführt.

⁴Kalzitpudermehl und Mikroglasperlen (75-125 Mikrometer).

⁵Die folgenden Einstellungen wurden gewählt: Mikroglasperlen 75-125 Mikrometer, 2,5-3 Bar und der Auftrittswinkel wurde so flach wie möglich gehalten.

Weiterlesen: Das Historische Museum Basel startete eine „Mammutaufgabe“ und führte eine Generalinventur aller Objekte durch.

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