09.12.2020

Museum Projekte

Wiederaufbau einer Landsynagoge

Wie nah und selbstverständlich das Zusammenleben zwischen Juden und Christen im traditionellen Fränkischen Dorf in Allersheim bei Würzburg ursprünglich war, können Besucher*innen im Jahr 2022 im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim erleben. Dort wird die ehemalige Synagoge aus Allersheim wiederaufgebaut


Der aktuell gebrannte Kalk wird zu Mörtel und Putzen weiterverarbeitet und beim Aufbau der Synagoge aus Allersheim im Fränkischen Freilandmuseum eingesetzt. Foto: Dieter Gottschalk
Der aktuell gebrannte Kalk wird zu Mörtel und Putzen weiterverarbeitet und beim Aufbau der Synagoge aus Allersheim im Fränkischen Freilandmuseum eingesetzt. Foto: Dieter Gottschalk

In einem Kalkofen nach einem historischen Vorbild aus Benediktbeuren stellen Museumsmitarbeiter des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim Mörtel und Putze aus eigener Produktion her. Drei Nächte und vier Tage dauert der Kalkbrand. Museumsmitarbeiter*innen wechseln sich in Schichten ab, um das Feuer zu beaufsichtigen. Nach vier Tagen sind die zu Beginn großen und grauen Kalksteine, die während des Brennvorgangs glutrot leuchten, weiß gebrannt. Einige Tage lang muss der knapp 1.000 Grad heißte Kalkofen abkühlen, bis die Steine entnommen und als Branntkalk weiterverarbeitet werden können. Der aktuell gebrannte Kalk wird zu Mörtel und Putzen weiterverarbeitet und beim Aufbau der Synagoge aus Allerheim eingesetzt.

Das Fränkische Freilandmuseum in Bad Windsheim ist das erste süddeutsche Freilandmuseum, das eine Synagoge errichtet. Wie an seinem ursprünglichen Standort in Allersheim, einem Ortsteil von Giebelstadt bei Würzburg, wird das Synagogengebäude im Museum etwas am Rand des Dorfes und doch in der Nähe des Dorfplatzes entstehen. Die Besucher*innen können so erleben, wie nah und selbstverständlich das Zusammenleben zwischen Juden und Christen im traditionellen Fränkischen Dorf war.

Museumsdirektor Dr. Herbert May freut sich besonders, dass man nun endlich auch im Freilandmuseum der Bedeutung des Fränkischen Landjudentums gerecht wird. Bevor die Mitarbeiter des Fränkischen  Freilandmuseums mit dem Abbau im Jahr 2015 begonnen haben, stand das Gebäude der ehemaligen Synagoge von Allersheim, die 1740 errichtet wurde, mehr als dreißig Jahre leer und befand sich kurz vor dem Einsturz. Bis zum Schluss enthielt es jedoch das gesamte Raumprogramm einer Landsynagoge.

Im Keller fanden Archäologen bei Grabungen die Mikwe, das jüdische rituelle Tauchbad, das aufgrund von Hygienevorschriften ab 1828 nicht mehr genutzt werden durfte. Im Erdgeschoss war die Wohnung des Rabbiners untergebracht und im Obergeschoss befand sich ein Betsaal samt hölzerner Gewölbedecke. 1911 wurde das Gebäude, das vermutlich nur bis 1880 als Synagoge genutzt wurde, schließlich an einen Landwirt verkauft, da immer mehr Juden vom Land in die Stadt gezogen waren. Der Landwirt baute im Betsaal eine Wohnstube samt Kammer ein. Teile der Decke des Betsaals fanden die Mitarbeiter des Fränkischen Landesmuseums beim Abbau im Fehlboden.

Nun soll die Synagoge innerhalb der nächsten zwei Jahre im Fränkischen Freilandmuseum wiederaufgebaut werden. Die Baufachleute haben ganze Wandteile der Synagoge in einem Stück abgebaut. Doch eine besondere Herausforderung wird die Rekonstruktion des ehemals gewölbten Betsaals. Restaurator Dieter Gottschalk erläutert: „Technisch ist der Wiederaufbau kein Problem. Es war eine einfach ausgestattete Landsynagoge ohne Reichtümer.“ Die Schwierigkeiten bereitet nicht die Kubatur sondern das Innenleben der Synagoge. Gottschalt verrät: „Wir wissen nicht, wie sie innen ausgesehen hat.“

Aus diesem Grund möchte das Freilandmuseum mit Experten für jüdische Geschichte zusammenarbeiten. Im Jahr 2022 soll die Synagoge mit ihrem schlichten Erscheinungsbild neben dem Schulhaus aus Pfaffenhofen stehen und für Besucher*innen zugänglich sein.

Vorheriger Artikel

Nächster Artikel

das könnte Ihnen auch gefallen

Scroll to Top