27.10.2021

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Welterbemanagement und Erfolgsfaktoren

Welterbemanagement: Zur historischen Altstadt in Wien soll diesen Herbst der Managementplan vorliegen. Bernardo Bellotto

Welterbemanagement: Zur historischen Altstadt in Wien soll diesen Herbst der Managementplan vorliegen. Bernardo Bellotto

Im Herbst soll nun endlich der Managementplan zur historischen Altstadt in Wien vorliegen. RESTAURO über Welterbemanagement und Erfolgsfaktoren

Welterbemanagement: Zur historischen Altstadt in Wien soll diesen Herbst der Managementplan vorliegen. Bernardo Bellotto
Welterbemanagement: Zur historischen Altstadt in Wien soll diesen Herbst der Managementplan vorliegen. Bernardo Bellotto, Wien, vom Belvedere aus gesehen, 1759–1760, Öl/Lwd., Kunsthistorisches Museum, Wien – Canaletto-Blick. Das Gemälde gehört zu einer Reihe von sechs Ansichten der Wiener Innenstadt. Foto: Wikimedia Commons

Welterbemanagement: Die richtige Rezeptur

Der Managementplan für das UNESCO-Welterbe „Historisches Zentrum von Wien“ nimmt Formen an. Allerdings mit 15 Jahren Verspätung. Der Entscheidung, nun doch einen Managementplan auszuarbeiten vorangegangen war ein jahrelanges Tauziehen um die Errichtung eines Büro- und Wohnkom-plexes anstelle des Hotels Intercontinental, einem Bau aus dem Jahr 1964. Als Referenzpunkt immer wieder im Spiel: der „Canaletto-Blick“ auf die Wiener Altstadt mit ihrer typischen, durch die Kathedrale St. Stephan bestimmten Silhouette. Zwar schon längst nicht mehr so frei und ungestört harmonisch, wie es die Vedute „Wien, vom Belvedere aus gesehen“ von Bernardo Bellotto, genannt Canaletto (1722–1780) – nicht zu verwechseln mit seinem Onkel Antonio Canal – aus dem Jahr 1760 vorgibt; und dennoch ewiger Angelpunkt der Diskussion um Neubauten und vor allem Hochhäuser, die den Blick und damit den Outstanding Universal Value des Wiener historischen Zentrums stören könnten. Soweit die bekannte Vorgeschichte. Etwas unklarer ist die Frage, warum sich Wien solange Zeit ließ mit seinem Managementplan. Als Wien in die UNESCO-Welterbeliste 2001 aufgenommen wurde, war ein Managementplan zwar seitens der UN-Organisation noch nicht verbindlich vorgeschrieben, als Aufgabe aus Paris den Wiener:innen dennoch mitgegeben und hätte wohl der Stadt damals schon geholfen, die Entwicklung seines Welterbes in organisiertere Bahnen zu lenken. Als Wien seinen Welterbeantrag stellte, wurde als Argument die Authentizität seiner Innenstadt ins Treffen geführt. Doch mit der Zeit wurden mehr und mehr Hochhäuser in oder an den Rändern der Welterbe-Pufferzone errichtet. Genau diese langjährige Entwicklung erfuhr mit den Plänen des Investors Michael Tojner, dem in der Kernzone gelegenen Heumarkt-Hochhausprojekt, jenen sprichwörtlichen Höhepunkt, der das Fass zum Überlaufen und Wien 2017 auf die rote Liste der UNESCO brachte.

Wie der Managementplan Wiens beschaffen sein wird, weist sich im Herbst 2021 mit seiner Präsentation. Was macht, ganz generell gesprochen, ein gutes Welterbe-Management aus? Ruth Pröckl, Koordinatorin für das UNESCO-Weltkulturerbe im österreichischen Kulturministerium, verweist in diesem Zusammenhang vor allem auf die Bereitschaft der Gebietskörperschaften zur Umsetzung. „Da die meisten Welterbe-relevanten Regelungen auf Gemeindeebene angesiedelt sind, hängt es, kurz gesagt, an der Bereitschaft und am Verständnis der lokalen Verwaltungen beziehungsweise der Bürger-meister:innen selbst. In nur wenigen Ländern gebe es Umsetzungsgesetze für die Welterbekonvention“, so Pröckl, die meisten managten das Welterbe auf Basis der bestehenden Gesetze. Das ist auch in Österreich so. Mit Ausnahme des Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetzes, ein Bundesgesetz, ist das Welterbe bis dato in keinem Materiengesetz erwähnt.
Auch Peter Strasser sieht eine erfolgreiche Umsetzung stehen und fallen in der korrekten Anwendung bestehender Regelungen. Der Jurist Strasser, unter anderem für die UNESCO in Paris tätig gewesen, hat im Rahmen von Heritage Impact Assessments als Konsulent und Wissenschafter viel Erfahrung im operativen Umgang von Verwaltungen mit dem Welterbe gesammelt.

Vorbild Salzburg

Einen guten Ruf hat sich Salzburg im Umgang mit seinem Welterbe erarbeitet. Das historische Zentrum wurde 1996/97 in die Liste aufgenommen. Strasser: „Ich halte das Salzburger Schutzsystem für sehr erfolgreich. Einerseits besteht es bereits seit Jahrzehnten, zu Beginn ohne Welterbekontext, womit wertvolle Erfahrungen bei gleichzeitiger kontinuierlicher Weiterentwicklung der Schutzidee und zwischenzeitlicher Akzeptanz durch die Bevölkerung gewonnen werden konnten. Andererseits erleichtert die Homogenität der Schutzzonen eine maßgeschneiderte, auf die Verhältnisse der Altstadt abgestimmte gesetzliche Lösung.“
Auch Alexander Würfl, Leiter des Salzburger Baurechtsamts und zuständig für das Welterbe, verweist mit Blick auf den Erfolg auf die lange Tradition des Schutzsystems: „Was Salzburg auszeichnet, ist das seit mehr als 50 Jahren bestehende landesgesetzliche Schutzsystem des Salzburger Altstadterhaltungsgesetzes 1980 und seiner beiden Verordnungen. Damit wurden gesetzliche Regelungen zur Erhaltung des Ensembles der Salzburger Altstadt einschließlich seiner umgebenden Gründerzeitgebiete geschaffen. Für die fachliche Beurteilung wurde die Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung, in der auch das Bundesdenkmalamt mit eingebunden ist, vorgesehen.“ Diese Tradition und das Zusammenspiel aller Player inklusive ICOMOS sei hier maßgebend für den Erfolg, auf dem der Managementplan für das Welterbe gut aufsetzen konnte. Das Welterbesystem sei politisch unumstritten und ist sogar im Stadtrecht verankert, so Würfl.

Ein Interview mit der Welterbemanagerin Alexandra Lotz lesen Sie hier. Die Welterbespezialistin hat in Cottbus „Master World Heritage Studies (WHS)“ und berichtet über das internationale Studium sowie die beruflichen Möglichkeiten, die es bietet.

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