05.05.2022

Kulturerbe

Welterbe in Deutschland

Nachlass Müller-Wulckow

Darmstädter Mathildenhöhe, die Kurorte Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen wurden zuletzt in die Liste der UNESCO aufgenommen. Damit hat Deutschland 51 Welterbe-Stätten, davon 48 Stätten des Kultur- und drei des Naturerbes. Eine Auswahl

Welterbe: Das 1911/1914 durch die Architekten Walter Gropius und Adolf Meyer erbautes Fagus-Werk in Alfeld Leine (Fotograf Edmund Lill / Provenienz Landesmuseum Oldenburg. Foto: Neue Baukunst! Architektur der Moderne in Bild und Buch, Ausstellung vom 10. November 2013 bis 23. Februar 2014 auf der Seite vom Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg

Der Aachener Dom ist seit 1978 Welterbe

Als Welterbe werden nur Kultur- und Naturstätten vom herausragenden universellen Wert ausgezeichnet. Das Welterbekomitee setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention von 1972 zusammen. Es entscheidet jährlich über die Einschreibung neuer Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste.

Der Aachener Dom war das erste deutsche Kulturdenkmal, das 1978 in die Liste aufgenommen wurde. Er ist die letzte Ruhestätte von Karl dem Großen und war 600 Jahre lang der Krönungsort der deutschen Kaiser. Karl der Große wollte ein neues Rom erschaffen, als er um das Jahr 800 Aachen zum Mittelpunkt seines Reiches machte. Die Kapelle der Kaiserpfalz sollte das religiöse Zentrum werden. Der oktogonale Kuppelbau ist ein architektonisches Meisterstück, das Formen aus den östlichen und westlichen Teilen des Heiligen Römischen Reiches vereinte. Vor einigen Jahren musste faules und wurmstichiges Holz im abgesenkten Dachstuhl ausgebessert und teils völlig erneuert werden. Weil die Schieferplatten nicht dichthielten, wurde das Oktogondach wieder wie im 18. Jahrhundert mit Blei eingedeckt.  Gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz finanzierten Bund, Land, das Bistum Aachen und der Karlsverein die Restaurierung des Dachs. Der im Kreuzgang zu besichtigende Domschatz gehört mit seinen exquisiten Reliquien aus der Spätantike und dem Mittelalter zu einem der bedeutendsten in Europa. Zwischen 936 und 1531 wurden über 30 deutsche Könige hier gekrönt.

Die grenzüberschreitende Stätte Muskauer Park

Muskauer Park/Park Mużakowski, 2004 in die Liste aufgenommen, ist eine Landschaft, die erstmalig zwischen 1815 und 1844 von Fürst Hermann von Pückler-Muskau auf seinem Anwesen angelegt und von seinem Schüler Eduard Petzold weitergeführt wurde. Sie umfasst die Neiße auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze, Wasserelemente, Brücken, Bauten, bewaldete Bereiche und Wege. Das Hauptmerkmal des Parks sind die Sichtbeziehungen zwischen der zentralen Residenz, dem Neuen Schloss, und einer Reihe topografischer Schwerpunkte, die ideale Blickwinkel entlang der das Flusstal flankierenden Hangterrassen bilden. Pückler legte die Fundamente zu integrierter Landschaftsgestaltung, indem er den Park mithilfe bepflanzter Passagen und städtischer Parks auf die Stadt Bad Muskau ausdehnte. Die Einbindung der Gemeinde in das Gesamtkunstwerk als Schlüsselelement seiner geplanten Landschaftsutopie übte großen Einfluss auf die zeitgenössische Städteplanung aus und auf die Entwicklung des Berufs des Landschaftsarchitekten.

Das Fagus-Werk

Das Fagus-Werk in Alfeld wurde 2011 in die Liste aufgenommen. 1910 geplant, gilt es heute als das erste wirklich moderne Bauwerk, das die aufkommende Moderne in der Architektur bereits erahnen lässt. Das von Walter Gropius gebaute Werk zeichnet sich durch den innovativen Einsatz großer Glaswände aus, die mit schlankeren Stützpfeilern kombiniert wurden. Sie sind typisch für den Stil des Neuen Bauens. Es zeugt von einem wichtigen Bruch mit den bisherigen architektonischen und dekorativen Werten der Zeit und repräsentiert einen Schritt hin zu funktionalistischer industrieller Ästhetik. Die dekorativen und funktionalen Elemente stellen eines der ersten vollendeten Manifeste industriellen Designs in einer außergewöhnlichen architektonischen Einheit dar. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligte sich 1998/99 an der Sanierung des Baudenkmals.

Die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl

Die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl, einer südlich von Köln gelegenen Kleinstadt im Rheinland, hat die UNESCO bereits 1984 in ihre Liste aufgenommen. Die Bundesregierung in Bonn nutzte die Räume mit ihren Deckengemälden, Kristallleuchtern und Seidentapeten für Empfänge von Staatsgästen, die Königin von England war hier, der Schah von Persien, die Königin der Niederlande. Mit dem Ende der Bonner Republik geriet das Welterbe ins Abseits der politischen Bühne. Die Residenz der Fürst-Erzbischöfe von Köln gehört zu den frühesten Beispielen der Rokoko-Architektur des 18. Jahrhunderts in Deutschland. 1725 plante und erbaute Clemens August von Bayern, der Kurfürst und Erzbischof von Köln, die Augustusburg in Brühl auf den Fundamenten eines mittelalterlichen Schlosses. Sie besteht aus drei aus Backstein erbauten Flügeln mit Spritzbewurf und besitzt zwei angrenzende Orangerien. Das Treppenhaus von Balthasar Neumann ist ein schwelgerisches Element, das Marmor und Stuck, Säulen aus Jaspis und Karyatiden vereint und in der von Carlo Carlone mit Freskos versehenen Decke gipfelt. Schloss Falkenlust steht in einem eigenen kleinen Park. Es wurde zwischen 1729 und 1737 von François de Cuvilliés erbaut. Auf Falkenlust versucht die Gartenarchitektur die Zufälligkeit der Landschaft zu imitieren. Auf Augustusburg legte Dominique Girard, ein Schüler Le Nôtres, mehrere monumentale Rampen und symmetrische Blumenbeete an. Mit 46 Millionen Euro wurden wurden zuletzt große Baumaßnahmen wie die Sanierung der Terrassenanlagen, der Fassade und der Wasserwege umgesetzt. In den nächsten Jahren werden Fenster ausgetauscht und die Fassade der Orangerie erhält einen neuen Putz.

Die Völklinger Hütte

Die Völklinger Hütte, 1994 in die Liste aufgenommen, liegt in der Nähe der Grenze zu Frankreich. Sie ist die weltweit einzige erhaltene Hütte aus der Glanzzeit der Eisen- und Stahlindustrie im 19. und 20. Jahrhundert. Das Hüttenwerk erstreckt sich auf 6 ha und ist ein einzigartiges Denkmal der Roheisenproduktion in Westeuropa. Es ist kein anderer historischer Hochofenkomplex mehr erhalten, der den gesamten Prozess der Roheisenproduktion mit derselben Vollständigkeit abbildet und von einer solchen Anzahl technologischer Meilensteine und innovativer Ingenieurskunst unterstrichen wird. Der Hochofenkomplex umfasst Anlagen für alle Stadien der Roheisenproduktion, von der Handhabung der Rohmaterialien und der Anlagen zur Kohle- und Eisenerzaufbereitung bis zur Eisenproduktion in den Hochöfen, sowie alle Nebenanlagen wie die Gaswäscheanlage und die Gasgebläseanlage. Die Anlagen befinden sich in demselben Zustand wie bei der Stilllegung der Hütte im Jahr 1986. Das Erscheinungsbild ist das aus den 1930er-Jahren. Große Teile der Rahmen und Plattformen der Hochöfen sind seit ihrem Einbau an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nicht verändert worden.

Bauhaus und seine Stätten in Weimar und Dessau

Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar und Dessau wurden 1996 in die Liste aufgenommen. Zwischen 1919 und 1933 revolutionierte es als Hochschule für Gestaltung weltweit das künstlerische und architektonische Denken und Arbeiten. Das Bauhaus war ein Zentrum für neue Ideen und zog progressive Architekten und Künstler an. Die Bauten der Professoren der Schule begründeten die Neue Sachlichkeit. Teile der Stätte sind die ehemalige Kunstakademie, die Kunstgewerbeschule und das Haus am Horn in Weimar, das Bauhausgebäude und die sieben Meisterhäuser in Dessau. Das Bauhaus steht für den Wunsch, eine moderne Architektur mit den neuen Materialien der Zeit, wie Stahlbeton, Glas, Stahl, und Bauverfahren, wie Skelettbau und Glasfassaden, zu entwickeln. Es wurde aufgrund seiner Lehrmethode und seiner Bauten zum Symbol moderner Architektur und ist untrennbar mit Walter Gropius und dem unvollendet gebliebenen Projekt „Moderne mit menschlichem Antlitz” verbunden, das versuchte, die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht zerstörerisch zu nutzen, sondern aus ihnen ein humanes Lebensumfeld zu erschaffen. Aus diesem Grund ist es ein wichtiges Denkmal, nicht nur für Kunst und Kultur, sondern auch für die historischen Ideen des 20. Jahrhunderts.

Tipp: Seit Ende Juli 2021 sind die SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz UNESCO-Welterbe – die App dazu ist jetzt komplett: Sie lädt auf eine virtuelle Reise zu den jüdischen mittelalterlichen Monumenten und alten Friedhöfen ein.

In der Ausgabe 5/2022 fokussiert RESTAURO erstmals in einem Welterbe-Special die UNESCO-Welterbestätten.

 

 

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