29.09.2017

Beruf

Unser Sprung ins kalte Wasser

Jacqueline Tüpker und Katrin Plendl (von links nach rechts). Mit ihrer Restaurierungswerkstatt für Möbel

Noch während ihrer Ausbildung am Goering Institut in München machten sich die drei Restauratorinnen Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl und Ariane Ohl selbstständig. Ein Wagnis, das sich gelohnt hat. Am 7. Oktober findet bei ihnen ein Tag der offenen Tür statt.

Die drei Holzrestauratorinnen Ariane Ohl, Jacqueline Tüpker und Katrin Plendl (von links nach rechts). Mit ihrer Restaurierungswerkstatt für Möbel, Skulpturen und Vergoldungsarbeiten im Hof der Restauratoren machten sie sich vor rund zwei Jahren in München selbstständig. Foto: Ariane Ohl, Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl
Das Eingangstor in der Kaulbachstr. 77 in Schwabing. Foto: RESTAURO
Blick in den Hof der Restauratoren. Foto: RESTAURO
Vor kurzem wurde die Restaurierung eines schwarzen zweitürigen Kabinettschränkchens aus Nadel- und Birnbaumholz abgeschlossen. Seine Oberfläche war stark von Schimmel befallen, es gab fehlerhafte Kittungen und Ergänzungen, Verformungen des Trägerholzes und verrostete Beschläge. Foto: RESTAURO
Die Schubkästenfronten des Kabinettschränkchens sind farbig gefasst. Sie waren vergilbt und zeigten partielle Abplatzungen. Foto: RESTAURO
Nach Fertigstellung der Restaurierung ist das Kabinettschränkchen kaum wiederzuerkennen. Foto: Ariane Ohl, Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl

Der Schritt in Richtung Selbstständigkeit

Im Herzen von Schwabing betritt man durch ein kunstvoll verschnörkeltes schmiedeeisernes Tor den Hof der Restauratoren. Vor rund zwei Jahren richteten Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl und Ariane Ohl, hier ihre Werkstatt für Holzrestaurierung und Vergoldungsarbeiten ein. In dem kleinen verwinkelten Hinterhof in der Kaulbachstraße 77 arbeiten sie nun Tür an Tür mit Bildhauern für Holz und Stein, Gemälderestauratoren und einem Materialimitator. Am 7. Oktober veranstalten die drei Holzrestauratorinnen jetzt einen Tag der offenen Tür. Auch die anderen Werkstätten beteiligen sich daran und laden zur Besichtigung ein.

Kennengelernt haben sich Jacqueline Tüpker, gelernte Tischlerin, Katrin Plendl, gelernte Zahntechnikerin, und Ariane Ohl, gelernte Schreinerin, während ihres Studiums am Goering Institut in München, der Staatlich anerkannten Fachakademie zur Restauratorenausbildung für Möbel und Holzobjekte. „Eines Tages, als wir gerade Pause machten, kam die Gemälderestauratorin und fragte uns, wo sie ein Inserat für eine Werkstatt aufhängen kann, die sie untervermieten wollte“, erzählt Ariane Ohl. Über ein Jahr hing die Ankündigung am Schwarzen Brett des Goering Instituts und der TU München. In dieser Zeit wuchs bei den drei Restauratorinnen der Wunsch, sich gemeinsam selbstständig zu machen. Da sie sich jedoch noch in der Ausbildung befanden, zögerten sie zunächst, entschieden sich aber dennoch, den Schritt zu wagen. Schließlich mieteten sie die kleine Werkstatt im Hof der Restauratoren. „Es war fast so, als hätte die Werkstatt auf uns gewartet“, sagt Katrin Plendl. Und so wurde aus einer Studienbekanntschaft eine Werkstattgemeinschaft.

Gleich zu Beginn kam ein Großauftrag

Zunächst mussten die Räumlichkeiten jedoch umfangreich renoviert werden. Gemeinsam verlegten die drei einen neuen Boden, verputzten und strichen die Wände und richteten ihren Arbeitsplatz ein – alles in den Sommerferien, denn parallel dazu stand der Abschluss an der Akademie bevor. Ihre Facharbeiten fertigten die Restauratorinnen bereits in ihrer eigenen Werkstatt an und kümmerten sich gleichzeitig um die ersten Aufträge.

Seit ihrem Abschluss im Sommer 2016 am Goering Institut arbeiten Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl und Ariane Ohl nun täglich in ihrer Werkstatt. Eine Aufgabenverteilung gibt es nicht. Egal ob Möbel, Skulpturen, polychrome Objekte oder Vergoldungsarbeiten – jeder macht alles und schätzt dabei die Abwechslung. An größeren Objekten arbeiten sie gemeinsam. „Das Gute ist, dass wir drei gleichzeitig unseren Abschluss gemacht haben. Das heißt, es gibt hier keinen Chef oder Meister, der Druck ausübt. Wir können alle Probleme offen ansprechen“, freut sich Ariane Ohl.

Geholfen haben sie sich auch, als es um die Einrichtung der Werkstatt ging. Jeder brachte mit, was er bereits an Werkzeug, Maschinen und Material hatte. Und fehlte doch mal etwas, halfen die Kollegen in den angrenzenden Werkstätten im Hof der Restauratoren aus. „Wir wurden hier sehr herzlich empfangen und von Anfang an mit Wissen und Arbeitsgeräten unterstützt“, berichtet Katrin Plendl. Aber auch Aufträge im Bereich Möbelrestaurierung wurden an die drei abgegeben. So kam es, dass sie gleich zu Beginn einen Großauftrag von einer Kundin erhielten – der Großteil ihrer Wohnungseinrichtung sollte restauriert werden: ein Biedermeier-Sekretär, mehrere Tische, ein Sessel und ein Nähkästchen. Ein großartiger Einstieg, aber auch ein Sprung ins kalte Wasser. Hilfe erhielten die drei Restauratorinnen zudem von ehemaligen Arbeitgebern. „Ariane und ich haben während unserer Ausbildung am Wochenende und in den Ferien bei unterschiedlichen Restauratoren gearbeitet, um Erfahrung zu sammeln. Alle haben sich sehr gefreut, dass wir uns selbstständig machen und versucht, uns so gut wie möglich zu unterstützen. Bisher hatten wir viel Glück“, erzählt Jacqueline Tüpker.

Einfach war dennoch nicht alles. Besonders die Kalkulation der Kosten sei ihnen anfangs schwergefallen – etwas, mit dem man erst im selbstständigen Arbeitsleben konfrontiert wird. Aber auch hier konnten sie auf die Unterstützung von Kollegen und Dozenten des Goering Instituts zählen, das keine 200 Meter von der Werkstatt entfernt ist.

Zusammenarbeit verlangt auch Kompromissbereitschaft

Mittlerweile können sich die Restauratorinnen über Aufträge von größeren und kleineren Objekten unterschiedlichster Art freuen. Gerade erst wurde zum Beispiel ein kleines schwarzes Kabinettschränkchen aus Nadel- und Birnbaumholz mit bemalten Schubkästenfronten fertig. Neben den konservatorischen Maßnahmen beraten sie ihre Kunden auch im Umgang mit kontaminierten oder durch Wurmbefall geschädigte Objekten und erhalten dafür positive Resonanz. Wichtig ist auch der Austausch mit Kollegen, besonders wenn die Objekte aus anderen Werkstoffen als Holz gefertigt sind. Hier greifen die einzelnen Fachrichtungen ineinander. Inzwischen haben sich die drei Expertinnen bereits ein Netzwerk aus Bildhauern, Uhrmachern, Polsterer, Papier-, Metall- und Glasrestauratoren aufgebaut.

Die Zusammenarbeit verlangt aber auch Kompromissbereitschaft. „Natürlich diskutieren wir ab und zu. Am Ende gibt es aber immer eine Lösung, mit der wir alle zufrieden sind“, verrät Jacqueline Tüpker. So war es zum Beispiel, als es um die Namensfindung ihrer Werkstatt ging. Mittelweile findet man die drei unter „Restaurierungswerkstatt für Möbel, Skulpturen und Vergoldungsarbeiten im Hof der Restauratoren“ – und das trifft es am besten.

Bei der Frage, was sich die drei für ihre Zukunft wünschen, sind sie sich einig: „Wenn die Aufträge so groß wären, dass man längerfristig planen kann – das wäre ein Stück Sicherheit.“ Ein Wunsch, der sich hoffentlich erfüllen wird. Denn Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl und Ariane Ohl sind mit Herzblut bei ihrer Arbeit und das spüren auch die Kunden.

Mehr zum Tag der offenen Tür am 7. Oktober bei den drei Restauratorinnen finden Sie hier (Programm inklusive): PDF DOWNLOAD

Informationen rund um die Restauratorinnen Jacqueline Tüpker, Katrin Plendl und Ariane Ohl sowie ihre Werkstatt finden Sie hier: PDF DOWNLOAD
und auf  www.restaurierungs-werkstatt.de

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