30.05.2017

Branchen-News Museum

Textile Raumkunst

von Lisanne Kreie

 

Restauratorin Lisanne Kreie hat für uns die Publikation „Textile Räume. Seide im höfischen Interieur des 18. Jahrhunderts“ rezensiert. Der Band ist im Nachgang der gleichnamigen Tagung erschienen, die im September 2014 in Kooperation mit dem Verband der Restauratoren (VDR) in Potsdam stattfand. Ein Großteil der dort präsentierten Vorträge wurde nun in dem 2016 publizierten Werk zusammengefasst.

 

Cover des Buches „Textile Räume. Seide im höfischen Interieur des 18. Jahrhunderts“; Foto: © Sandstein Verlag/Dresden
Innenseite des Buchdeckels; Foto: © Sandstein Verlag/Dresden
Potsdam, Neues Palais, Rosa Kammer in den königlichen Gemächern; Foto: © Susanne Evers; Sandstein Verlag/Dresden
Potsdam, Neues Palais, Großes Schlafzimmer im Unteren Fürstenquartier; Foto: © Susanne Evers; Sandstein Verlag/Dresden
Abb. links: Points rentrés-Effekte: ineinandergreifende Musterschüsse, Detail des Chrysanthemengewebes G.24; Abb. rechts: liseré-Effekt: jeder zweite Grundschuss fehlt auf der Rückseite, Detail des Chrysanthemengewebes G.24 (Rückseite); Foto: © Christa Zitzmann; Sandstein Verlag/Dresden

Mit Pigment- und Farbmittelanalyse zur Identifizierung des Produktionsstandorts

 

Diese Zusammenstellung der auf den Tagungsvorträgen basierenden Essays spiegelt den Glanz und die Pracht der herrschaftlichen und handwerklich sehr hochwertigen textilen Raumausstattung des 18. Jahrhunderts wieder. Die Autoren schreiben kompakt über die umfangreichen Bereiche der Wand- und Raumgestaltung in dieser Epoche. Der Leser erfährt viel über die geschichtlichen Hintergründe zu den asiatischen und europäischen Beziehungen, da sich diese sowohl in der Materialauswahl, den Themen und der künstlerischen Umsetzung der Bildinhalte aufeinander abgestimmt haben.

 

Die bildlichen Darstellungen, die den Aufsätzen angefügt sind, sind durchweg passend ausgewählt. Sie locken den Blick des Lesers, wecken die Neugierde auf die Inhalte und helfen beim Textverständnis. Vor allem die in englischer Sprache verfassten Texte können somit leichter nachvollzogen werden. Der jedem Leser wohlbekannte Spruch „viele Köche verderben den Brei“ trifft hier eindeutig nicht zu. Die Autoren folgen deutlich einem gemeinsamen roten Faden. Die Erläuterungen zur Geschichte der damaligen Ereignisse gibt einen Eindruck davon, wie das Zusammenspiel von Politik und Wirtschaftsmächten die Mode beeinflusste. Ohne ein Verständnis dafür, fehlt dem Leser der Hintergrund zur Pigment- und Farbmittelanalyse, durch die unterschieden werden soll, ob die Stoffe asiatische oder europäische Produktionsergebnisse seien. Dass die Zuordnung zu den Produktionsstandorten generell sehr schwierig sei, zeigt auch der Versuch, Berliner Posamente korrekt zuzuordnen. An dieser Stelle wird ein Ausblick auf zukünftige Untersuchungen und Analysen gegeben. Durch diese könnte es möglich sein, über die Materialzusammensetzung und Herstellungstechnik von Posamenten, den jeweiligen Produktionsstandort zu ermitteln. Auch die Restaurierung und Rekonstruktion der Stoffe und Applikationen wird in diesem Band angesprochen.

 

Verschwärzung, Ausbleichen und Textilverfall – Herausforderungen für Restauratoren

Die Hauptschwierigkeit in der Restaurierung besteht laut den Autoren darin, dass manche Pigmente durch ihre Zusammensetzung den Zerfall des textilen Grundgewebes beschleunigen. Auch die Verschwärzung durch verwendete Silberfäden und das Ausbleichen verwendeter Farbstoffe beschäftigen die Restauratoren aktuell. Die Alterung der Materialien verändert den ehemals leuchtenden Farbeindruck der Raumausstattung. Trotzdem wirken die asiatisch – europäischen Darstellungen auf den Betrachter noch immer fremdartig, märchenhaft und wirklichkeitsfern.

Ein Blick ins Buch lohnt sich für alle diejenigen, die sich für die Geschichte des höfischen Interieurs des 18. Jahrhunderts interessieren, die den Höhepunkt der textilen Raumausstattung nachverfolgen wollen und die sich mit der Restaurierung der textilen Ausstattung beschäftigen.

 

Informationen zum Buch:

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