Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hat zwei bedeutende Werke des Künstlers Max Slevogt an die Erben des Berliner Kunsthändlers und Verlegers Bruno Cassirer restituiert und wieder zurückgekauft. Die Werke „Bildnis Bruno Cassirer“ und „Der Vater Bruno Cassirers auf dem Totenbett“ konnten mit Unterstützung der Ernst von Siemens Stiftung für die Alte Nationalgalerie erworben werden. Die Slevogt Restitution in Berlin stellt somit einen weiteren bedeutenden Schritt in der Aufarbeitung von NS-verfolgungsbedingtem Kulturgutverlust dar.
Beide Werke stammten aus der Sammlung von Bruno Cassirer (1872–1941). Er war ein angesehener Verleger, Galerist und Pferdezüchter, der eng mit Künstlern des Impressionismus wie Max Liebermann und Max Slevogt verbunden war. In einer Pressemitteilung teilte die SPK mit, dass trotz fehlender Beweise, dass sich die Gemälde einst in der Sammlung Cassirer befanden, man aufgrund zahlreicher Indizien, zur Schlussfolgerung kam, dass sich die beiden Slevogt-Gemälde einst in der Sammlung befunden haben. Seit Anfang 2023 stand man daher mit den Erben im Austausch. Dieser Austausch führte letztendlich zu der Restitution der Gemälde und dem anschließenden Rückkauf durch die SPK. Ganz im Sinne der Washingtoner Prinzipien kam so eine „faire und gerechte Lösung“ zustande.
Die Provenienz des Bildes gestaltete sich wie folgt: Die Westberliner Staatlichen Museen erhielten die Werke in den 1960er Jahren von dem Kunsthändler Wolfgang Gurlitt. Das „Bildnis Bruno Cassirer“ wurde 1961 für 5.800 DM in Gurlitts Münchner Galerie erworben, während „Der Vater Bruno Cassirers auf dem Totenbett“ 1963 als Schenkung Wolfgang Gurlitts in die Sammlung gelangte. Bei beiden Werken ließen sich keine Provenienzmerkmale mehr finden. Doch Indizien deuten laut der Provenienzforschung darauf hin, dass Gurlitt die Werke 1944 auf einer Zwangsversteigerung erwarb, die der Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg anberaumt hatte, die kann aus Schriftwechseln Gurlitts entnommen werden.
Ausstellung der Werke nach der Restitution
Dank der Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung können die Werke nun in der Alten Nationalgalerie verbleiben. Das „Bildnis Bruno Cassirer“ wird seit dem 4. März 2025 in der Dauerausstellung im zweiten Obergeschoss präsentiert. Das zweite Werk, „Der Vater Bruno Cassirers auf dem Totenbett“, soll ab dem Jahr 2026 gezeigt werden.
Hermann Parzinger, Präsident der SPK, betont: „Ich bin den Erben von Bruno Cassirer sehr dankbar für die stets konstruktiven Gespräche und dafür, dass sie sich bereit gezeigt haben, der Stiftung beide Werke im Anschluss an die Restitution zu verkaufen. Dieser Ankauf ist dann tatsächlich auch dank der großzügigen Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung möglich geworden – auch dafür herzlichen Dank.“
Den Erben nach Bruno Cassirer war es wichtig, dass die Werke in Berlin verbleiben, wie aus einem Statement hervorgeht: „Bruno Cassirer starb in Oxford, aber es ist angebracht, dass diese Porträts von ihm und seinem Vater in Berlin einen dauerhaften Platz finden. Wir sind Professor Parzinger und seinen Kollegen in der SPK dankbar für ihre Arbeit an diesem Fall und für die partnerschaftliche Zusammenarbeit, die es ermöglicht hat, dieses historische Unrecht endlich wiedergutzumachen.“
Die Familie Cassirer
Die Slevogt Restitution in Berlin zeigt auch die tragische Geschichte der Familie Cassirer. Bruno Cassirer führte mit seinem Cousin Paul ab 1898 die „Bruno & Paul Cassirer Kunst- und Verlagsanstalt“, die im Berliner Tiergartenviertel ansässig war. Sie vertraten unter anderem die wichtigen impressionistischen Künstler Max Liebermann und Max Slevogt. Mit Slevogt war Bruno Cassirer auch befreundet. Die Cousins Cassirer beendeten 1901 ihre Zusammenarbeit: Paul übernahm die Leitung der Galerie, wohingegen Bruno fortan „die Kunstanstalt und den Kunstverlag“ leitete. Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in 1933 führte zu immer mehr Repressalien, denen sich jüdische Bürgerinnen und Bürger, unter ihnen auch die Cassirers, ausgesetzt sahen. 1937 wurde Bruno Cassirer die Mitgliedschaft in der Reichsschrifttumskammer entzogen, wodurch er seine berufliche Laufbahn nicht fortsetzen konnte. 1938 emigrierte er nach England, wo er schließlich 1941 verstarb. Sein Berliner Verlag wurde bereits 1938 aufgelöst, das Vermögen, zu dem neben der Kunstsammlung auch Häuser gehörten, beschlagnahmt und zwischen 1941 und 1944 verwertet.
Die Restitution der Slevogt-Werke reiht sich in frühere Rückgaben der SPK an die Erben ein. Bereits 2002 wurden 156 Grafiken, 145 Federzeichnungen von Max Slevogt sowie Werke von Lovis Corinth und Karl Walser restituiert. 2016 folgten illustrierte Bücher, Zeichnungen und druckgrafische Werke aus der Staatsbibliothek zu Berlin.
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