11.10.2017

Museum

Renaissance eines Bodenklassikers

VIA GmbH
VIA GmbH

Die Zementfliese hat eine lange Tradition. Aktuell wird sie wiederentdeckt – nicht nur von Architekten und Designliebhhabern, sondern auch in der Baudenkmalpflege. Spezialist dafür ist das rheinland-pfälzische Unternehmen VIA. Es fertigt die begehrten Bodenplatten nach originaler Materialzusammensetzung wie im 19. Jahrhundert. Die Firmengründer von VIA haben nun ein Buch herausgebracht, das die Vielfalt der Zementfliesen zeigt.

Die Heilig-Kreuz-Kirche in München wurde vor Kurzem restauriert und der Bodenbelag mit Zementfliesen von VIA rekonstruiert. Foto: Almut Lager und Norbert Kummermehr, VIA GmbH, Bacharach am Rhein; Callwey Verlag, München 2017
Der Kaiserdom in Königslutter gehört zu den bedeutendsten deutschen Bauwerken der Romanik. Bei der Restaurierung wurde der Fußboden ebenfalls mit VIA-Fliesen neu gefertigt und verlegt. Foto: Almut Lager und Norbert Kummermehr, VIA GmbH, Bacharach am Rhein; Callwey Verlag, München 2017
Originalplatten neben neuen Zementmosaikplatten von VIA in der Ritterkapelle Hassfurt (Detail). Foto: Almut Lager und Norbert Kummermehr, VIA GmbH, Bacharach am Rhein; Callwey Verlag, München 2017
In der Ritterkapelle Hassfurt treffen Originalplatten auf neue Zementmosaikplatten von VIA. Foto: Almut Lager und Norbert Kummermehr, VIA GmbH, Bacharach am Rhein; Callwey Verlag, München 2017

Fliesen zieren seit vielen Jahrhunderten unsere Bäder und Küchen. Sie galten nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem als praktisch. Dass sie aber auch die repräsentativen Räume eines Hauses schmückten, wurde lange vergessen, denn man legte oft Laminat über den Fliesenboden oder ließ ihn ganz entfernen. Dabei hat die Zementfliese eine lange Tradition: Mitte des 19. Jahrhunderts schwappte von Spanien und Frankreich eine Welle der Begeisterung für die Fliese als kunstvolles Stilmittel in die Welt der Architektur. Aktuell wird die sie wiederentdeckt: Alte Fliesenböden werden freigelegt und restauriert. Denn auch wenn die Zementplatten weit über 100 Jahre alt werden können, so müssen sie heute doch oft ergänzt oder ausgetauscht werden. In einigen Kirchenbauten wurden nun historische Zementfliesen erneuert.

Der Bodenbelag der Heilig-Kreuz-Kirche in München wurde mit Zementfliesen rekonstruiert

 

Die Heilig-Kreuz-Kirche, die letzte vollständig erhaltene neugotische Kirche Münchens, im Stadtteil Giesing wurde ebenso vor Kurzem restauriert. Dabei wurden Werksteinrestaurierungen der Ausstattung wie Seitenaltäre und Pfeiler durchgeführt, eine Putzsanierung der Gewölbe- und Wandflächen, eine Sanierung der Maßwerkfenster und auch die Neuverlegung und Rekonstruktion des Bodenbelags. Dabei handelt es sich um einen wesentlichen Bestandteil der Instandsetzungsarbeiten in der Kirche. Nüthen Restaurierungen in Erfurt übernahm die Maßnahmen. Ingo Belch, Fliesenleger in der Denkmalpflege, erneuerte 1.000 Quadratmeter Kirchenboden mit Fliesen: „Die besondere Schwierigkeit war hier, dass alle Fugen perfekte Linien bildeten.“ Das ist Millimeterarbeit. Drei unterschiedliche Platten wurden verwendet. „Durch die komplizierten Muster war der Boden hier etwas schwieriger zu legen“, erinnert sich Ingo Belch. Dabei bilden einerseits eine helle, eine dunkle und eine diagonal geteilte Platte gemeinsam ein großflächiges Sternenmuster. In einem anderen Bereich ergeben die diagonal angeordneten Zementfliesen in Hellgelb und Schwarz ein Rautenmuster.

Die Kunst der Herstellung von Zementfliesen belebte die Firma VIA wieder

Die Firma VIA in Bacharach am Rhein ist ein Spezialist für solche Zementfliesen. Die Innenarchitektin Almut Lager und der Maschinenbauingenieur Norbert Kummermehr gründeten in den 1990er-Jahren das Unternehmen, das die Kunst der Herstellung von Zementfliesen wiederbelebte. Die Gründer von VIA haben nun ein Buch herausgebracht, das die Vielfalt und Schönheit der Zementfliesen offenbart. Der Bildband verdeutlicht: VIA erhält mit seiner Manufaktur und deren Neuauflagen alter Muster nicht nur eine faszinierende Tradition, sondern auch eine hochwertige Baukultur und Kunstform. Für Restaurierungen am Bau liefern sie damit einen wichtigen Bestandteil.

Info: Almut Lager und Norbert Kummermehr, Ornament und Farbe, Callwey Verlag, München 2017, 49, 95 Euro

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