Zu Ehren von Ferdinand Franz Wallraf (1748–1824), dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 200. Mal jährt, hat das Wallraf-Richartz-Museum eine Sonderschau unter dem Titel „Museum der Museen“ entwickelt. Die Ausstellung nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf „eine Zeitreise durch die Kunst des Ausstellens und Sehens“, wie der Untertitel der Schau ergänzt. Die Besucherinnen und Besucher lernen die Anfänge und Vorformen unserer heutigen Museen kennen und das WRM spannt von dort einen Bogen bis in die Zukunft, indem es nach dem Museum der Zukunft fragt.
Von den Kunst- und Wunderkammern zu bürgerlichen Sammlungen
In neun Sälen und sieben Kapiteln wird die Entwicklungsgeschichte des Museums nachgezeichnet. Beginnend mit den Kunst- und Wunderkammern, die zunächst von Adligen und später auch Gelehrten gepflegt wurden, werden Besucherinnen und Besucher auf eine Zeitreise mitgenommen. Ab dem späten 16. Jahrhundert begannen Fürstinnen und Fürsten mit dem Aufbau der Kunst- und Wunderkammern, die bis ins 18. Jahrhundert hinein Bestand haben sollten. In zweiten Saal der Ausstellung „Museum der Museen“ haben die Kuratorinnen und Kuratoren eine Kunst- und Wunderkammer nachgebaut. Diese frühen Sammlungen vereinten Kunstgegenstände (Artificialia), Naturobjekte (Naturalia), Objekte aus fernen Ländern (Exotica), Kuriositäten (Mirablila) und wissenschaftliche Geräte (Scientifica) aus allen, damals bekannten Teilen der Welt. Alle Objekte wurden nebeneinander und gleichberechtigt ausgestellt. Das Ziel war es damals, die Welt zu erklären und abzubilden, wie die Kuratorin Dr. Anne Buschhoff erzählt. Diese frühe Form des Museums war jedoch nicht für alle zugänglich, sondern einem elitären Kreis vorbehalten. Mit neuen Entdeckungen, wie zum Beispiel neuer Erdteile wuchsen die Sammlungen immer weiter an, sodass es immer schwieriger wurde, sie zu gliedern und zu ordnen. Es musste ein neues Konzept her: es entstanden Naturalienkabinette, Antikensammlungen und Gemäldegalerien. Galeriebilder, die ab dem Beginn des 17. Jahrhunderts in Antwerpen entstanden, geben den Besucherinnen und Besucher Aufschluss darüber, wie diese Gemäldegalerien aussahen. Dabei ist interessant, dass sowohl reale als auch fiktive Gemäldesammlungen von den Künstlern angefertigt wurden. Anhand eines Galeriebildes von David Teniers dem Jüngeren (1610–1690) kann man in der Ausstellung einen Teil der Sammlung von Erzherzog Leopold Wilhelm (1614–1672) nachvollziehen: In einem Raum, in dem die Gemälde sich in der Petersburger Hängung dicht an dicht bis zur Decke drängen, stehen der Maler und der Erzherzog beisammen. Aber nicht nur der Adel sammelte, auch das Bürgertum begann vermehrt damit Kunst zu sammeln und sie ähnlich, wenn auch in kleineren Maßstäben als der Adel, zu arrangieren. Ein Beispiel bietet dafür die Miniatursammlung des Frankfurter Konditormeisters Johann Valentin Prehn (1749–1821).
Vater der Kölner Museen
Der vierte Saal der Ausstellung ist dann Franz Ferdinand Wallraf gewidmet, den man als den Begründer der Kölner Museen bezeichnen kann. Wallraf, der Sohn eines Kölner Schneidermeisters, studierte Medizin, Jura und Theologie und begann bereits während seines Studiums der Medizin mit dem Sammeln. Zu den von ihn gesammelten Objekten gehörten unter anderem Mineralien, Bücher, Münzen, antike Marmorskulpturen, Gemälde und Zeichnungen. Seine Sammlung diente dabei zunächst im Sinne einer Kunst- und Wunderkammer einem universalen Bildungsanspruch. Die französische Besetzung des Rheinlands brachte einen Wandel mit sich. Er rettete vor allem Kunstgüter, die aufgrund der Entmachtung des Adels und des Klerus‘ herrenlos geworden waren und nahm sie in seine Sammlung auf. Zu Lebzeiten Wallrafs entstand eine neue Idee des Museums, das dem Museum, wie wir es heute kennen sehr nahe kommt. Die Museen wurden öffentlich, das führt dazu, dass sie jedoch anders ausstellen musste, damit das Publikum frei ohne Führung durch das Museum wandeln konnte. Man begann daher nach Schulen und Epochen zu ordnen, was die Ausstellung aufzeigt. Wallraffs Sammelleidenschaft sollte Früchte tragen: Nach dem Tode von Wallraf eröffnet das Wallrafianum, das ab 1827 seine Sammlung öffentlich präsentierte.
Museen im Wandel
Das Museen immer einem Wandel unterzogen sind, zeigt dann der sechste Raum der Ausstellung „Museum der Museen“. Ab den 1910er-Jahren begann man auch in Köln die Kunstwerke anders zu präsentieren, die Petersburger Hängung, die es den Besucherinnen und Besuchern oftmals schwer machte, den Überblick zu behalten, wurde durch die progressive Hängung abgelöst. Die Kunstwerke wurden nun auf hellen Wänden mit Abstand und in deutlich geringerer Anzahl aufgehängt.
Die Kölner Schau widmet sich aber nicht nur dem Ausstellen, sondern, wie der Untertitel ankündigt auch dem Sehen. So zeigten immer mehr Künstler, wie die Besucherinnen und Besucher in den Museen agierten. Dabei sah sich das Publikum auch häufig dem Spott der Künstler ausgesetzt, wenn sie in ihren Karikaturen das Publikum als wenig vorgebildet, aber dennoch sehr ignorant darstellten.
Im 20. Jahrhundert wurden dann von Avantgardisten experimentelle Museumsansätze entwickelt. Daniel Spoerri (geb. 1930) entwickelte das „Musée sentimental“, das er 1977 auf Einladung des Kölnischen Kunstvereins in einer neuen Präsentation in Köln präsentierte. Unter dem Namen „Musée sentimental de Cologne“ trafen Kunstwerke und Reliquien auf Alltagsgegenstände, die die Geschichten der Domstadt aufnahmen und darstellten. Der Komponist und Künstler John Cage (1912–1992) entwarf das „Rolywholyover A Circus“, das Museumskonzept wurde 1991 uraufgeführt. Das Konzept sieht vor, dass ein Museum seine benachbarten Museen bittet, per Zufall Stücke der eigenen Sammlungen auszuwählen. Diese werden dann durch Zufallsoperationen im Ausstellungsraum platziert. Das Wallraf-Richartz-Museum hat dieses Konzept aufgegriffen und seine benachbarten Museen gefragt und um Leihgaben gebeten. Diese werden nun so präsentiert wie der Zufall es möchte, ein Computerprogramm übernimmt diese Aufgabe.
Zudem stellt die Ausstellung auch die Frage nach der Zukunft des Ausstellens. Bereits ab dem 19. Jahrhundert mit den neuen, aufkommenden technischen Möglichkeiten, verließ das Museum seine Mauern. Im 20. Jahrhundert setzte sich diese Entwicklung weiter fort, und auch in unserer heutigen Zeit ist das Ausstellen und das Sehen von Kunst nicht mehr nur auf museale oder private Sammlungsräume beschränkt. Dieser Entwicklung widmet sich das letzte Kapitel der Ausstellung.
Die Ausstellung „Museum der Museen“ im Wallraf-Richartz-Museum in Köln findet vom 11. Oktober 2024 bis zum 9. November 2025 statt. Begleitet wird sie von einem Katalog, der herausgegeben wurde von Anne Buschhoff, Wulf Herzogenrath und Ricar