19.03.2025

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Die Kuppel der Schlosskirche Buch

Die Schlosskirche Buch wurde zwischen 1731 und 1736 errichtet. Bauzeichnungen von Conrad Wiesend zeigen das ursprüngliche Aussehen und dienen der Rekonstruktion. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek.

So tragisch wie die Geschichte seiner einstigen Bewohnerin ist auch die Geschichte von Schloss Buch. Julie von Voß, die auf Schloss Buch geboren wurde und die in dritter Ehe König Friedrich Wilhelm II. heiraten sollte, verstarb bereits im Alter von 22 Jahren. Das Schloss wurde 1964 abgerissen. Einzig verblieben ist die Schlosskirche, die nun aufwendig saniert wird. Nun wurden der zerstörte Turm sowie die verlorene Kuppel wieder aufgesetzt.


Eine Reise durch die Jahrhunderte

Bereits 1342 wurde Buch erstmals urkundlich erwähnt. Die Herren von Röbel erwarben 1483 den Grund und errichteten ein neues Guts- oder Herrenhaus. Im 17. Jahrhundert wurde das Schloss an Gerhard Bernhard Freiherr von Pölnitz (1617– 1679) veräußert. Er ließ den Garten entsprechend des Zeitgeschmacks im holländischen Stil anlegen, das Herrenhaus beließ er aber in seinem Zustand. Nach seinem Tod erbte seine Witwe das Haus, das 1742 von ihren Enkeln an Adam Otto von Viereck (1684–1758) verkauft wurde. Er ließ das Herrenhaus unter Einbeziehung der alten Gebäudeteile zu einem Schloss umbauen. Mit der Umsetzung wurde der Architekt Friedrich Wilhelm Dieterichs (1702–1782) beauftragt. Das alte Herrenhaus wurde um zwei einstöckige Flügel ergänzt. Ein repräsentativer Speisesaal entstand auf der Gartenseite, den Saal zierten Rokokolemente. Ab 1731 wurde zudem noch eine Schlosskirche errichtet. Diese Kirche erwähnte bereits Theodor Fontane und schrieb über sie: „Diese Kirche zu Buch ist ein ziemlich auffälliges Bauwerk“. Aus seinem Text geht aber auch hervor, dass er den Bau zwar bemerkenswert fand, aber da er den Barock nicht besonders schätzte, war sein Urteil dennoch kein eher ablehnend. Nach dem Tod von Adam Otto von Viereck entschied ein Losentscheid, welches seiner Kinder das Schloss erhalten sollte. Es war seine Tochter Amalie Ottilie (1736–1767), der das Losglück zuteil wurde und sie erhielt das Schloss daraufhin zugesprochen. Amalie Ottilie war verheiratet mit dem Legionsrat und Dompropst Friedrich Christoph Hieronymus von Voß (1724–1784). Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, eines der Kinder war Julie Amalie Elisabeth von Voß, spätere Gräfin Ingenheim. Dem Schicksal von Julie von Voß widmete Theodor Fontane in seinem Buch „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ im Band „Spreeland“ ein eigenes Kapitel.

Die alten Pläne zeigen die Schlosskirche Buch mitsamt Turm und Kuppel. Beides wurde nun wieder errichtet. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek.

Tragische Liebesgeschichte

Julie, die am 24. Juli 1766 in Buch geboren wurde, wurde 1783 Hofdame bei Königin Elisabeth Christine von Preußen (1715–1797), der Gattin von Friedrich II. (1712–1786). Die Ehe von Elisabeth Christine und Friedrich II. war kinderlos, sodass sein Neffe Friedrich Wilhelm Thronerbe wurde. Friedrich Wilhelm und Julie, die von Fontane als Schönheit im Sinne Tizians beschrieben wurde, verliebten sich ineinander. Zu diesem Zeitpunkt war er jedoch bereits mit Königin Friederike Luise verheiratet. Diese gab jedoch schriftlich die Einwilligung zur morganatischen Heirat des Königs und Julies von Voß. Diese „Zweitehe“ schloss das Paar am 7. April 1787 in der Charlottenburger Schlosskapelle. Im November 1787 wurde Julie von Friedrich II. zur Gräfin von Ingenheim erhoben. Das Glück war jedoch nur von kurzer Dauer, denn schon nach zwei Jahren Ehe erlag die junge Gräfin im Alter von 22 der sogenannten galoppierenden Schwindsucht. Ein Kenotaph im Schlosspark erinnert heute noch an sie, ihre letzte Ruhestätte soll sie in einer Gruft der Schlosskirche des Schlosses Buch gefunden haben. Das Schloss, von dem heute keine Spuren mehr erhalten sind, wurde durch einen Nachfahren von Julie Amalie Elisabeth 1881 im Stile der Neurenaissance umgebaut. Ihr Bruder, der das Schloss erbte, verkaufte es 1898 an die Stadt Berlin. Fortan diente es den Berliner Oberbürgermeistern als Sommerresidenz. Im Zweiten Weltkrieg blieb das Schloss von größeren Schäden verschont und diente in der Zeit zwischen 1952 und 1958 als Kinderferienheim. Schwammbefall beschädigte das Gebäude schwer, sodass es 1964 abgerissen wurde. Das lag auch daran, dass die zuständigen Behörden nicht über die ökonomischen Möglichkeiten verfügten. In erster Linie fehlte jedoch der politische Wille in der DDR, das Gebäude zu erhalten.


Holzschnitzarbeiten teilweise gerettet

Die Schlosskirche, obwohl im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, blieb erhalten, wenn auch im Inneren in deutlich schmuckloserer Form als ursprünglich. So wurde der Kirchturm, der in der Nacht zum 19. November 1943 ausbrannte und einstürzte, nicht wieder errichtet. Die Innenausstattung wurde in einem nüchternen Stil wiederhergestellt. Die Kirchengemeinde konnte lediglich Maßnahmen zur Notsicherung finanzieren. Seit 2007 setzt sich ein Förderverein für den Aufbau des Kirchturms inklusive der ursprünglichen Kuppel ein. Zudem soll der Kircheninnenraum einer Restaurierung unterzogen werden. Um die Schlosskirche wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen, arbeiten verschiedene Gewerke zusammen. So ist die Firma NÜTHEN für die neue Kuppel im Innenraum zuständig, A-Z Holzbau für die Rekonstruktion des Kirchturms. Die Dachdeckerarbeiten übernahm die Firma Dennert und die Maurerarbeiten führte die Firma K&R durch. In Zusammenarbeiten mit vielen weiteren Gewerken sind alle Beteiligten bestrebt, der Kirche wieder zu ihrem alten Erscheinungsbild zu verhelfen. Planerisch waren und sind die Architekturbüros Bernd Redlich (bis zur Genehmigungsplanung) und Jordi & Keller (Ausführungsplanung bis Objektüberwachung) tätig. In Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden sind an einigen Stellen Modifikationen vorgenommen worden. Während das Innere an einigen Stellen behutsam modernisiert wird, ist das äußere Erscheinungsbild nahe am ursprünglichen Aussehen. Das Potsdamer Architekturbüro Bernd Redlich war mit den Plänen für die Rekonstruktion bis zur Baugenehmigung betraut. Eine besondere Herausforderung war dabei, dass die Pläne in verschieden Archiven lagerten. So begann eine Spurensuche, die nicht nur in Brandenburgische und Berliner Archive und das Pfarrarchiv führte, sondern auch nach Essen in das Folkwang-Museum, wo es noch ein Gemälde gibt, dass den ursprünglichen Zustand der Kirche zeigt. Mithilfe des Gemäldes von Johann Erdmann Hummel (1769–1852) war es möglich, die ursprüngliche Farbgestaltung der Kirche zu rekonstruieren. Zudem zeigt das Gemälde, das 1836 entstand, die Form der Turmgalerie und auch die Fensterteilung in den Lukarnen. Ein besonderer Schatz sind die beiden bauzeitlichen Entwurfszeichnungen in der Handzeichnungssammlung der Berliner Museen. Neben den Plänen des Gebäudes und dem Gemälde konnten zusätzlich noch alte Fotografien und Messbilder zu Rate gezogen werden. Die Vorgabe der Denkmalpflege war, dass der Bau insbesondere von außen sein ursprüngliches Aussehen zurückerhalten sollte. Um aber den heutigen Bauvorschriften und Statikanforderungen gerecht zu werden, mussten Bernd Redlich und Andreas Kitschke vom Architekturbüro Redlich einige Anpassungen vornehmen. Zwar nutzten sie, wie auch schon beim ursprünglichen Bau Kiefernholz für die Turmkonstruktion, aber es wurden noch zusätzlich Stahlverstärkungen eingebaut. Zusätzlich wurde zwischen Turm und Kirchenraum eine Stahlbetondecke für den Brandschutz eingezogen. Zudem gab die Denkmalpflege vor, dass der Bau zwar nach den alten Plänen wieder errichtet werden sollte, doch es sollte erkennbar sein, dass es sich um eine Rekonstruktion handelt. Bei den Materialien griffen die Architekten auf die Materialien zurück, die auch im 18. Jahrhundert schon für den Bau der Kirche genutzt wurden, so ist der Turm auch wieder mit Holz verkleidet worden.
Die Rekonstruktion des Innenraums sah in erster Linie auch vor, dass die historischen Proportionen wiederhergestellt werden sollten. Dabei bilden die wieder zu errichtenden Emporen das Herzstück. Sie waren bei der Wiederherstellung des völlig ausgebrannten Innenraumes nicht wiederhergestellt worden. Lediglich die Orgelempore war in moderner Gestalt wieder errichtet worden. Durch die jetzige Rekonstruktion der Emporen erhält der Kirchenraum seinen ursprünglichen intimeren Charakter zurück. Die Emporen waren geziert von Schnitzereien, die aus Eichenholz angefertigt wurden. Wie die Kanzel, der Altar und weitere Ausstattungsstücke waren sie vor dem Brand der Kirche ausgelagert worden und haben sich zum Teil erhalten. Die Planungen sehen vor, dass die fehlenden Teile farblich ergänzt werden sollen.

Die rekonstruierte Kuppel wird, wie schon die alte Kuppel, erhellt durch im Turm eingelassen Fenster. © NÜTHEN Restaurierungen, Marco Fischer
Die Rabitzkuppel besteht aus einem Metall, einem Rabitzgitter und mehrern Putzschichten, die nacheinander aufgetragen werden. © NÜTHEN Restaurierungen, Marco Fischer

Unerwartete Funde

Mit der Unterstützung eines eigens gegründeten Fördervereins, der sich seit 2007 für den Wiederaufbau des Turms engagiert, begannen 2012 mit dem Architekturbüro Deschan Hannusch die Bestandserfassung. Mit weiteren Mitteln der evangelischen Kirche, des Landes Berlin und des Bundes wurde 2016 die Planung durch das Architekturbüro Redlich und 2020 die Ausführungsplanung durch die ARGE Schlosskirche Buch (Jordi & Keller Architekten mit Schwieger, Raue & Partner, Dipl.-Restauratoren/ Ingenieure) erarbeitet. 2022 begannen unter der Leitung von Jordi & Keller Architekten die Bauarbeiten in der Schlosskirche. Bevor man mit größeren Abrissarbeiten beginnen konnte, mussten zunächst die Kirchenbänke, die Figur des Heiligen Matthäus und der Taufstein entfernt werden. Dann startete man mit den Abbrucharbeiten in der Kirche. Der Fliesenboden, der aus den 1980er-Jahren stammte, wurde als erstes entfernt. Zudem mussten auch Dämmstoffe, die noch in DDR-Zeiten eingebaut wurden, beseitigt werden. Im Jahr 2023 begannen die Abrissarbeiten der bisherigen Kuppelkonstruktion, um Platz für den Turm und die Kuppel zu schaffen. Hierbei stieß man zum Teil auch auf Schadstoffbelastungen. Daneben sorgen auch unvorhergesehene Herausforderungen für Verzögerungen im Bau, wie Susanne Keller erzählt. So seien der Boden unterhalb der Kirche nicht tragfähig und die Umrisse der Gruft wesentlich größer gewesen. Das stellte man jedoch erst fest, nachdem die alten Bodenbeläge entfernt waren. Weitere Probleme stellten die Covid-19-Pandemie, aber auch Verzögerungen in der Materialbelieferung dar. Verzögerungen durch Unvorhergesehenes gehören beim Bauen im Bestand aber einfach mit dazu, wie Keller schildert.
Parallel zu den Abrissarbeiten fanden im Kircheninneren bereits erste Restaurierungsmaßnahmen unter der Fachbauleitung von Olaf Schwieger und Professor Jan Raue statt. Neben einem Epitaph mussten auch der Altar und die Kanzel restauriert werden. Altar und Kanzel wurden durch den Holzrestaurator Sascha Hahn restauriert, das Epitaph durch die Restauratorin Henriette Lemnitz. Die Gruft derer von Viereck/Voß, die sich ebenfalls in der Kirche befindet, ist in einem sehr schlechten Zustand. Auch das gehört zu den Unvorhersehbarkeiten. Die dadurch entstehenden Mehrkosten müssen dann zum Teil mithilfe weiterer Töpfe oder Spenden, die der Förderverein sammelt, gestemmt werden.


Nach dem Abriss folgt der Wiederaufbau

Mit Abschluss der Abrissarbeiten konnten die Wiederaufbaumaßnahmen beginnen. Der Wunsch der Kirchengemeinde war es vor allem, den ortsbildprägenden Turm wieder zu errichten. Nachdem die flache Kuppel der Nachkriegszeit abgebaut worden war, wurde ein Gerüst zur Errichtung des Turms gebaut. Im Oktober 2023 begannen die Arbeiten zum Wiederaufbau. Die Spitze war bereits fertiggestellt und befand sich im Kirchhof. Im Dezember des gleichen Jahres konnte dann auch mit dem Aufbau der „welschen“ Turmhaube begonnen werden. Die Basis bildet dabei eine Holzkonstruktion, die dann mit Holz verschalt und von der Dachdeckerfirma Dennert eingedeckt wurde.
Die Kuppel des Innenraumes, die sich im Torso der Kirche befindet, wurde als Rabitzkonstruktion durch die Firma NÜTHEN gestaltet. Das Wort „Rabitz“ ist dabei die Bezeichnung für eine Metallkonstruktion, die den Stuck trägt. Zurückgeht diese Technik auf den Berliner Maurermeister Carl Rabitz, der sich das Verfahren 1878 patentieren ließ. Der Vorteil einer Rabitzkuppel ist, dass sie relativ leicht und beinahe jede Form möglich ist. Der Gipsputz in der Kuppel wurde in insgesamt drei Schichten aufgetragen. Um auf die besondere Geschichte der Kirche hinzuweisen, wurde nach der Idee von Marc Jordi Kartuschen vom Bildhauer Bernhard Lankers angefertigt, die Bezug auf die Zerstörung durch die Brandbomben nehmen. Sie werden sich zukünftig nahe den Turmuhren befinden. Neben diesen Arbeiten ist auch eine Neuausmalung der Kuppel geplant. Die Planungen dafür dafür wurden in Abstimmung mit der unteren und oberen Denkmalschutzbehörde, dem Bauamt der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, den Vertreterinnen und Vertretern des Gemeindekirchenrats, vom bauleitenden Architekturbüro Jordi & Keller und ihren Partnern für die restauratorische Fachplanung und Fachbauleitung, den Restauratoren Profofessor Jan Raue und Olaf Schwieger erstellt, die Ausführung erfolgt durch der die denkmalsensible Malerfirma Pictor. Die Entscheidung fiel im August 2024 letztendlich zugunsten einer illusionistischen Rippenbemalung.

Die Kuppel im Inneren wurde als sogenannten Rabitzkuppel von der Firma NÜTHEN errichtet. © NÜTHEN Restaurierungen, Marco Fischer

Krönende Fertigstellung

Ein besonderer Höhepunkt der Arbeiten fand im August statt, als der Turm seine Laterne erhielt. Die Laterne wurde von der Zimmerei A-Z Holzbau angefertigt. Bekrönt wird sie von einem vergoldeten Strahlenkreuz, das der Kunstschmied Wilfried Schwuchow angefertigt hat. Nachdem der Turm fertig errichtet war, wurde sie am 9. September 2024 stattgefundenen Richt- und Krönungsfest feierlich enthüllt. Der Turm ragt nun in vollendendem Zustand 40,67 Meter in die Höhe. Der Gemeinde war es dabei auch wichtig dem Berliner Stadtteil Buch wieder eine Mitte und ein Zentrum zurückzugeben. Neben den Arbeiten im Inneren sind zudem auch noch Arbeiten an der Fassade geplant, sodass die Kirche wahrscheinlich im Spätsommer des Jahres 2025 wieder in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild erstrahlen kann.

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