Marc-Daniel Porr studiert Kunstpädagogik für das Lehramt an Gymnasien an der Akademie der Bildenden Künste in München. Im Interview beschreibt er, was in seinen Augen wichtig ist, um mehr junge Menschen für Kunst zu begeistern und was er an seinem Studiengang ändern würde.
Restauro: Warum haben Sie sich für das Studium der Kunstpädagogik entschieden und nicht etwas anderes gewählt, das sich ebenfalls mit Kunst beschäftigt, wie zum Beispiel Freie Kunst, Kunstgeschichte oder Restaurierung?
Marc-Daniel Porr: Ich bin generell ziemlich unerwartet in den Studienbereich Kunst gestolpert. Ich habe Kunst tatsächlich bei der ersten Gelegenheit in der Oberstufe abgewählt, da mich der Kunstunterricht in der Schule nie abgeholt hat. Das lag allerdings weniger an fehlendem Interesse an der Kreativität, sondern an der Art, wie der Unterricht gestaltet war. Besonders auch durch meine Liebe zur Musik und zum Musizieren war der Wunsch, sich künstlerisch zu entfalten und auszudrücken, von klein auf schon ein Thema für mich. Ich habe dann, um irgendetwas nach dem Abitur anzufangen, mit Bauingenieurwesen an der TUM begonnen und schnell gemerkt, dass mir sowohl an den Inhalten als auch an der Art des Studiums wenig gefällt. Ich wollte etwas Kreatives machen, also habe ich mich nach Studiengängen umgesehen. Dass Kunst am Gymnasium in Bayern als Doppelfach gilt und man somit kein weiteres Fach studieren und später unterrichten muss, war ein ausschlaggebender Punkt. Denn so kann ich mich einerseits intensiv auf die Kunst konzentrieren und habe später gleichzeitig die Möglichkeit, die Dinge an meinem Kunstunterricht zu ändern, die mich damals gestört haben.
Restauro: Was ist in Ihren Augen wichtig, um junge Menschen für Kunst zu begeistern?
MDP: Was mich damals immer demotiviert hat, war mein fälschliches Verständnis von Kunst, als etwas, das man einfach können muss. Ich glaube, es ist wichtig, vor allem kreatives Denken zu fördern und die Umsetzung erst einmal nicht so stark in den Fokus zu setzen. Um junge Menschen für Kunst zu begeistern, muss man es schaffen, direkt bei ihren Interessen anzuknüpfen und auch die individuellen Emotionen zu wecken. Dabei ist es wichtig, sich mit Themen zu beschäftigen, die in der aktuellen Umgebung und Phase des Individuums eine große Rolle spielen. Wenn man es dann noch schafft, eine Experimentierfreudigkeit zu wecken und die Angst vor dem Scheitern zu überwinden, steht ein hoffnungsvoller Weg bevor.
Restauro: Was würden Sie an Ihrem Studiengang ändern, wenn Sie drei Wünsche frei hätten?
MDP: Was mich am Kunststudium an der Akademie der Bildenden Künste besonders stört, ist die fehlende Zugänglichkeit. Das ist ein Problem, das Kunst und Kultur in einem institutionellen Rahmen generell häufig haben und ebenso in vielen Aspekten auch die Akademie. Bevor ich angenommen und selbst Teil der Akademie wurde, war mir nie so ganz bewusst, was tatsächlich auf mich zukommen wird und wie das Studium und Kunstschaffen an der Akademie genau abläuft. Zugänglichkeit wäre auch ein Thema in Bezug auf die Werkstätten, denn wir haben das große Glück, an der Akademie eine Menge großartiger Werkstätten zur Verfügung zu haben, aber die Nutzung scheitert für viele an dem System. Man hat insbesondere in den Semesterferien keinen guten Überblick über Öffnungs- und Sprechzeiten und ist oft eingeschüchtert, wenn man vor den großen verschlossenen Türen in den Gängen des Kellers steht. Dazu kommt, aber das ist eben auch ein Problem, das nicht nur Kunststudierende, sondern Studierende aller Art haben, dass Studieren eine Menge Geld kostet. Im Bereich Kunst macht sich das zum Beispiel stark bei den Materialkosten für die eigene Arbeit deutlich, denn Kunstschaffen kann ziemlich teuer sein. Wie ich zuvor bereits angesprochen habe, sind Experimentieren und Ausprobieren für mich zentrale Punkte des künstlerischen Schaffens, und wenn diese Experimentierfreude durch mangelnde Ressourcen eingeschränkt wird, leidet eben auch die Kunst darunter. An diesen Aspekten bräuchte es in meinem Studiengang Veränderung.
Restauro: Das Kunstwerk auf unserem Titelbild zeigt eine Mickey-Mouse-Piñata, es ist eine Gemeinschaftsarbeit Ihrer Klasse an der Akademie der Bildenden Künste in München. Können Sie uns mehr dazu erzählen?
MDP: Wie jedes Jahr saßen wir zur Themenfindung für die Jahresausstellung im Plenum zusammen und haben nach Ideen gesucht. Wir kamen auf den Verlust des Urheberrechts der ersten Version von Mickey Mouse und dachten über den „Death of intellectual property“ nach. Dass Mickey Mouse gewissermaßen von Disney befreit wurde. Und um diese Befreiung angemessen zu zelebrieren, stand recht schnell fest, dass wir eine riesige Piñata in die Mitte des Raumes hängen wollen, die auch im Laufe der Ausstellung feierlich zerschmettert wird. Der Aufbau der Piñata mit einem 2,5 Meter großem Ballon als Grundlage und anschließend zahlreichen Schichten Zeitungspapier wurde von einer festen Gruppe an Komilliton:innen und einer Anzahl wechselnder Freiwilliger erledigt. Befüllt haben wir sie zum Schluss mit Süßigkeiten, Spielzeugen, Bällen, Girlanden und Ähnlichem. Gemischt mit dem Stroh, der auf dem ganzen Boden verteilt war, entstand nach der Zerstörung der Piñata ein Suchspaß für Groß und insbesondere Klein. Das fand ich persönlich auch besonders schön, dass wir als Kunstpädagogik-Klasse mit spielerischen Elementen wie dem Stroh und der Piñata einen Raum schaffen konnten, der für alle zugänglich war und den auch Kinder so sehr genießen konnten.
Übrigens: Museum Folkwang erwirbt bedeutendes Werk Kandinskys zurück.