18.10.2022

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Kulturelles Erbe: Wie sichern wir es für die Zukunft?

Reinigung verschlammter Objekte im Kölner Abrollcontainer nach der Flut im Ahrtal. Foto: Stadt Köln
Reinigung verschlammter Objekte im Kölner Abrollcontainer nach der Flut im Ahrtal. Foto: Stadt Köln

Kulturelles Erbe: Die „denkmal“ – die Europäische Messe für Restaurierung, Denkmalpflege und Altbausanierung in Leipzig – steht diesmal im Zeichen von nachhaltigem und ressourcenschonendem Bauen, Kulturgutschutz und Erhaltung der Industriekultur (24. bis 26. November 2022)

Das kulturelle Erbe der Industrialisierung ist in kaum einer anderen Region Deutschlands in so vielen historischen Beispielen erhalten wie in Sachsen. Nirgendwo gibt es mehr Technikmuseen und -sammlungen an Originalschauplätzen. 2020 wurden „500 Jahre Industriekultur Sachsen“ gefeiert mit zahlreichen Projekten, die sich mit der Industriegeschichte des Bundeslands beschäftigten. Und die ist eng mit der Leipziger Messe verbunden. Sie reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA), die in diesem Jahr ihr 125. Jubiläum feiert, der Leipziger Messe mit 2,3 Millionen Besuchern zu neuem Aufwind verhalf, nachdem vorbeugender Infektionsschutz aufgrund der Cholera-Epidemie in Hamburg viele frühere Messeteilnehmer Leipzig meiden ließ. Damit war die wirtschaftsfördernde Idee zur STIGA geboren. Sie fand 1897 parallel zum Jubiläum „400 Jahre Verleihung Messeprivileg“ durch den späteren Kaiser Maximilian I. statt. 

„Neue Wege mit dem Erbe: Lebendige Industriekultur?“

 

Ihr Gütesiegel fungierte noch Jahrzehnte später als Werbeelement für die beteiligten Aussteller, ähnlich wie prämierte „denkmal“ Aussteller heute mit der „denkmal“-Goldmedaille werben, die zu jeder „denkmal“ an zehn Aussteller verliehen wird. Die Ergebnisse von „500 Jahre Industriekultur Sachsen“ sollten eigentlich auf der „denkmal“ 2020 vorgestellt werden. Die Pandemie kam dazwischen. Vielleicht ist deshalb das Thema Industriekultur auf der „denkmal“ 2022 umso mehr präsent. Etwa im Themenblock „Neue Wege mit dem Erbe: Lebendige Industriekultur?“ Das Institut für Neue Industriekultur – INIK GmbH liefert dabei Beispiele denkmalgerechter Nachnutzung industriekultureller Standorte und Dr. Jan Kobel von der Plattform www.kulturfabriken.eu informiert über den Abrisswahn im ländlichen Raum, wo handwerklich errichtete Industriekultur gefährdet ist. Das ist sie natürlich auch durch den Klimawandel. Stürme, mit Trockenheit verbundene Dürreperioden, Hochwasser und Überschwemmungen stellen eine erhebliche Gefahr für Baudenkmale aller Couleur dar. Hier sind angepasste Lösungen gefragt. Auf der „denkmal“ simuliert der Verband der Restauratoren (VDR) deshalb an seinem Stand H50 in der Halle 2 eine Katastrophensituation, der er mit einem Rettungscontainer begegnen möchte. 

Mit dabei: Der Abrollcontainer Kulturgutschutz des Kölner Notfallverbundes

 

Der Abrollcontainer Kulturgutschutz des Kölner Notfallverbundes, der sich bereits als nachhaltiges Rettungssystem erwiesen hat, wird nach Leipzig transportiert. Fachleute und interessierte Laien sollen konkret nachvollziehen, wie künftig Erste Hilfe für geschädigte Objekte ablaufen kann. Ein Zwischenstand, denn bei dem Kölner Modellprojekt Notfallcontainer soll es nicht bleiben. Am 13. Juli 2022 hat das Bundeskabinett zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen in Deutschland die Einrichtung weiterer Container beschlossen. Diese könnten modulweise für unterschiedliche Katastrophenszenarien ausgestattet werden. Die vier von der letzten Flutkatastrophe betroffenen Bundesländer sind nun gefragt, die Beschaffung der bis zu zehn Container durchzuführen. Der nach Leipzig transportierte Container soll als Prototyp dienen. Er lässt sich problemlos bewegen, ist kompatibel mit dem Fuhrpark aller Blaulichtorganisationen und könnte universell eingesetzt werden. 

Der Abrollcontainer Kulturgutschutz des Kölner Notfallverbundes, der sich bereits als nachhaltiges Rettungssystem erwiesen hat, wird nach Leipzig transportiert. Foto: Stadt Köln
Der Abrollcontainer Kulturgutschutz des Kölner Notfallverbundes, der sich bereits als nachhaltiges Rettungssystem erwiesen hat, wird nach Leipzig transportiert. Foto: Stadt Köln

Themenblock: „Katastrophen, Havarien, Kriege – Restauratoren im Einsatz“

 

Auch bei Strom- und Wasserversorgung sowie der Entwässerung hat man auf Standard-Feuerwehrausrüstung gesetzt. Auf diese Weise können Feuerwehren selbst, aber auch das Technische Hilfswerk und die Bundeswehr Energie und Technik zur Verfügung stellen. Der VDR unterstützt über die Messe hinaus das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie weitere Akteure des Kulturgutschutzes beim Umsetzen der Pläne. Angeboten wird auf der Messe eine professionelle Führung durch den Container, flankiert von Vortragsreihen, passend etwa „Katastrophen, Havarien, Kriege – Restauratoren im Einsatz“.

Was können wir besser machen?

 

Fachleute aus Ministerien, Bundesbehörden und der Praxis des Kulturgüterschutzes werden darüber hinaus am 24. und 25. November 2022 über Extremereignisse der letzten Jahre und der Gegenwart diskutieren und konkrete Rettungsaktionen vorstellen mit dem Ziel, eine Notfallallianz zu gründen. In einer weiteren Podiumsdiskussion unter dem Motto „Was können wir besser machen?“ werden sich Vertreter:innen des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und Blue Shield am 25. November darüber austauschen, wer auf welche Weise Verantwortung übernehmen kann.

Impressionen der vergangenen „denkmal“ 2016 und 2018 . Fotos: Messe Leipzig
Impressionen der vergangenen „denkmal“ 2016 und 2018. Foto: Messe Leipzig
Foto: Messe Leipzig
Foto: Messe Leipzig
Foto: Messe Leipzig
Foto: Messe Leipzig

Klimafreundliche und schadstofffreie Baustoffe aus Lehm und mehr für das kulturelle Erbe

 

Die Firma Nelskamp tut dies unter den Ausstellern über das Katastrophenthema hinaus mit einem innovativen G10 S PV Solarziegel. Der Ziegel produziert effizient Strom und fügt sich aufgrund seiner unauffälligen Ästhetik in Dächer, auch von Denkmalen, ein. So lassen sich Denkmalnutzung und Energieunabhängigkeit miteinander verbinden. Glasspezialist SCHOTT aus Mainz zeigt sich anschlussfähig mit dem Restaurierungsglas TIKANA. Ein weiterer Fokus ist die Restaurierung von denkmalgeschützten Privathäusern und die Verarbeitung von Restaurierungsglas mit diversen Funktionsfolien zu einem Verbundglas, z. B. IR-Folie für einen verstärkten Schutz gegen IR-Strahlung und UV-Folie mit einem verstärkten Schutz vor UV-Strahlung. Der langjährige „denkmal“-Aussteller Remmers bietet nachhaltige Lösungen für das Instandsetzen von Fassaden, dauerhafte Bauwerksabdichtungen und Holzschutz an. Wenn es um die Entsalzung von Naturstein und anderen mineralischen Baustoffen geht, setzt die Firma Kompressen ein. So können bauschädliche Salze am Bauwerk reduziert und seine Lebensdauer erhöht werden. Lehm als einer der nachhaltigsten Baustoffe überhaupt steht im Fokus der Fachmesse „Lehmbau“, die seit 2004 im Rahmen der „denkmal“ stattfindet und innovative Anwendungsfelder präsentiert. Hier zählt Claytec zu den wichtigsten Firmen. Sie produziert seit 1984 klimafreundliche und schadstofffreie Baustoffe aus Lehm. Einen reichen Erfahrungsschatz in sämtlichen Leistungen des Lehmbaus mit dem Schwerpunkt auf Putz- und Maurerarbeiten besitzt Lehmbau Leben. Kalk als nachhaltiger Baustoff, der aus der Raumluft überschüssige Feuchtigkeit aufnimmt, spielt bei Hessler Kalkwerke schon seit über 140 Jahren ebenso eine Rolle wie bei Zement- und Kalkwerke Otterbein, deren Produktportfolio von hydraulischen Kalken über historische Kalkputze bis zu Kalk-Lehmputzen reicht. Wenn nachhaltige Bodenbeläge gefragt sind, liefert die Firma Attenberger handgefertigte Bodenziegel aus Seeton. Manufakturqualität findet man auch bei den unglasierten Zahna-Fliesen. Besonders langlebig ist der Terrazzo von Via. Er wird aus Sand, Kalk und Gesteinskorn hergestellt. Restaurator:innen nutzen auch die Kompetenz des Trentiner Familienunternehmens Calchèra San Giorgio, das sich auf die Reproduktion von antiken und historischen Putzen und Mörtel spezialisiert hat. Die Firma verwendet ausschließlich reine, natürliche Rohstoffe.

Natürliche Produkte

 

Natürliche Produkte sind auch im Bereich der Farben und Pigmente ein erklärtes Ziel. An Keimfarben führt in diesem Segment kein Weg vorbei: Die Firma wurde kürzlich für den 15. Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Unternehmen nominiert. Kremer Pigmente (RESTAURO 6/2022) – das Familienunternehmen feiert 2022 das 45-jährige Firmenjubiläum – verwandelt Rohstoffe in Handarbeit zu feinen Pigmentpulvern und entwickelt daraus mithilfe von Farbrezepturen vergangener Jahrhunderte Aquarellfarben, Farbteige, Ölfarben und Retouchierfarben. Zum Kundenkreis, die aus dem über 1.500 Pigmente umfassenden Angebot auswählen, zählen etwa die Restaurierungswerkstätten von Vatikan und Louvre oder das Straus Center for Conservation and Technical Studies der Harvard University. Gewohnt viele Restaurator:innen trifft man am Stand von Deffner & Johann (Röthlein bei Schweinfurt). Die 1880 gegründete Firma aus Röthlein in Bayern bietet Farben und Werkzeuge, Einrichtungsgegenstände, spezielle Konzepte und viel individuelle Beratung für Restaurator-, Denkmalpfleger-, Künstler-, Sammler- und Kurator:innen – weltweit. Auch bei der Werkstatt- und Depotplanung helfen die Experten des Familienunternehmens. „Dass Konservierung und Restaurierung einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen leisten“, davon ist Inhaber und Geschäftsführer Ralph-Uwe Johann überzeugt. „Erhalt und Umnutzung von Denkmälern bieten ein erhebliches Potential zur Einsparung von Baustoffen und Energie“. Des Weiteren seien Materialien in ihrer traditionellen Verwendung häufig deutlich nachhaltiger, betrachte man den gesamten Lebenszyklus. „Bindemittelsysteme mit historischem Bezug, wie zum Beispiel Kalk oder Leinöl, bieten nicht nur eine vorteilhafte Öko-Bilanz, sondern sind auch häufig ressourcenschonender in Herstellung und Wartung.“

Erfahren Sie mehr unter: www.denkmal-leipzig.de oder hier im Video:

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