17.08.2019

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Kostbare Streifen hinter Glas

Die Staatsgalerie Stuttgart zeigt das während einer Kunstauktion geschredderte Bild „Love is in the Bin“ des Street-Art-Künstlers Banksy. Das Werk ist jetzt gut gesichert, um das Anfassen, Durchblättern oder Untersuchen zu verhindern

Selten hat eine Selbstzerstörung einen derartigen Hype ausgelöst. An Interessenten mangelte es nicht, als das Bild „Girl with Balloon“ im Oktober 2018 auf einer Auktion zum Verkauf angeboten wurde. Selbst dann nicht, als eine in einen dicken Goldrahmen eingebaute Schredder-Konstruktion das Kunstwerk, auf dem ein Mädchen mit wehendem Kleid einen roten Herzluftballon steigen ließ, unwiederbringlich in Streifen schnitt. 

Der Brite Banksy, der seine wahre Identität geheim hält, wollte sein Vorgehen als Kritik am profitorientierten Kunstmarkt verstanden wissen. Die zunächst schockierte Sammlerin, die das Bild bereits vor der Aktion für 1,2 Millionen Euro ersteigert hatte, blieb trotzdem bei ihrer Entscheidung, versprach doch die unerwartete Wendung eine neue kunsthistorische Ikone zur Diskussion zu stellen, und nahm das in „Love is in the Bin“ (Die Liebe ist im Eimer) umgetaufte „Desaster“ in Empfang.

Das private Museum Frieder Burda in Baden-Baden schloss sich, hoffend auf ein hohes Presseecho, dem Spektakel an. Es präsentierte „Love is in the Bin“ Anfang Februar zum ersten Mal der Öffentlichkeit. In der Stuttgarter Staatsgalerie zeigt man die zur Hälfte zerstörte Leinwand nun als Dauerleihgabe in der Sammlung. Die Idee dahinter: Rahmen samt Schnipseln soll ein Jahr lang durch die Säle wandern und neben Klassikern wie Rembrandt oder Marcel Duchamp Station machen. Eine rasante und nicht unumstrittene kunsthistorische Aufwertung, die in der Gegenüberstellung mit gesicherten Positionen Fragen nach der Entstehung von Marken in den Mittelpunkt stellen möchte, nach der Rolle des Skandals und den Mechanismen, die ein Objekt in ein auratisches Kunstwerk verwandeln lassen. 

Sollte diese Inklusion der sich hohen Weihen gerne verweigernden Street Art in den Museumskontext tatsächlich höhere Publikumszahlen generieren, wie es schon in Baden-Baden der Fall gewesen ist, war die Selbstvermarktung zu einem fairen Preis zu haben, denn: „Konservatorische Maßnahmen waren nicht notwendig“, so die zuständige Restauratorin Katja van Wetten, „das Werk hängt aber hinter Glas, um das Anfassen, Durchblättern oder Untersuchen zu verhindern. Das könnte für die Besucher die größte Versuchung sein.“

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