Maria
Maria

Ein barockes Meisterwerk fristete ein Schattendasein im Depot des Frankfurter Städel-Museums. Jetzt ist es nach der Restauierung in den großen Italiener-Saal eingezogen

Im Italiener-Saal bildet Sassoferratos Gemälde (rechts) nun das Pendant zu Guercinos motivisch ähnlicher und doch ganz anders aufgefasster Madonna mit Kind; Städel Museum, Frankfurt. Foto: blog.staedelmuseum.de
Während der Restaurierung: Sassoferrato, Maria, das Kind anbetend, um 1640-60 (?, Ausschnitt; Städel Museum, Frankfurt. Foto: blog.staedelmuseum.de

Seine absolute Spezialität war die Madonna mit Kind und er hat dieses Motiv wieder und wieder gemalt. Pictor Virginum, Madonnenmaler, lautete passenderweise Sassoferratos Beiname. Sein Erfolgsrezept: Feinheit und Eleganz der Malerei gepaart mit einem tief empfundenen religiösen Sentiment. Hinzu kommt eine ökonomische Arbeitsweise, die nicht vor der steten Wiederholung einmal gefundener Bildlösungen zurückscheut – bei gleichbleibend hoher Ausführungsqualität. Giovanni Battista Salvi (1609–1685) wird nach seinem bei Ancona gelegenen Geburtsort Sassoferrato genannt. Ab 1629 arbeitet er in Rom, zunächst bei Domenichino, einem aus Bologna stammenden Hauptmeister des italienischen Barock. Sassoferratos wichtigste künstlerische Vorbilder sind sein Zeitgenosse Guido Reni aber auch die Meister der Renaissance, allen voran Raffael und Perugino. Deren Gemälde imitiert und kopiert er teilweise bis zur Verwechselbarkeit. Dieser nachahmende Rückbezug auf italienische Klassiker stellt eine bemerkenswerte Sonderposition im Barock dar und macht Sassoferrato gleichsam zum fernen Vorläufer der Nazarener des 19. Jahrhunderts. Eines seiner Gemälde hat jetzt den Weg vom Depot des Städel-Museums über die Restaurierungswerkstatt bis in den Ausstellungsraum durchlaufen. Es war von einem extrem vergilbten, fleckigen Firnis überzogen, der seine delikate Farbigkeit kaum mehr erkennen ließ und die Feinheiten der Malerei, die Plastizität der Formen gänzlich verunklärte.

Der Leiter der Gemälderestaurierung im Städel, Stephan Knobloch, war der Ansicht, dass eine grundlegende Konservierung und Restaurierung erfolgversprechend wäre. Im Pariser Louvre hängt in einem kleinen Kabinett fernab der Besucherströme ein ähnliches Madonnenbild des römischen Barockmalers. Auch das Louvre-Bild war erst durch eine Restaurierung 1997/98 wieder in seiner Qualität erfahrbar geworden. Dipl.-Restauratorin Annegret Volk wurde mit dem Projekt betraut. Stück für Stück nahm sie den alten Firnis samt Retuschen und Übermalungen ab. Bereits nach wenigen Tagen kam Sassoferratos intensiv leuchtendes Kolorit wieder zum Vorschein: das edle Blau des Madonnenmantels, das helle Rot ihres Kleides, das zarte Beige des Schleiers, das strahlende Weiß des Tuches – die typischen Marienfarben in absoluter Brillanz. Auch die Hauttöne sind aufs Subtilste differenziert, von den porzellanhaften Zügen der Maria bis hin zum vertriebenen Rouge ihrer Wangen. Plastisch sind nun alle Formen herausgearbeitet, die durch den milchigen Überzug bis zur Unkenntlichkeit verschliffen waren, etwa beim Kopf des Jesusknaben oder in den Falten des Marienschleiers. Annegret Volk hat einige schadhafte Stellen reversibel retuschiert, vor allem in den dunkleren Blautönen. Der letzte Schliff kam durch einen neuen Firnis, der das Tiefenlicht verstärkt und die ästhetische Einheit des Bildes wiederhergestellt hat.

Das Städel Bild, von dem es nur eine weitere Fassung gibt (diejenige im Louvre), entstand um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Um in den großen Italiener-Saal des Städel Museums einziehen zu können, bedurfte Sassoferratos Gemälde schließlich noch eines adäquaten Rahmens. Durch die großzügige Förderung mehrerer Unterstützer gelang es, einen italienischen Originalrahmen des 17. Jahrhunderts zu erwerben. Mit seinem kräftigen geschnitzten Profil und einer kühlen, fast silbrigen Vergoldung bringt er die ästhetische Wirkung des Bildes besonders gut zur Geltung. In der Sammlungspräsentation bildet der Sassoferrato nun das Pendant zu Guercinos motivisch ähnlicher und doch ganz anders aufgefasster Madonna mit Kind.

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