12.05.2022

Kulturerbe

In Bibione graben Archäolog:innen aus Regensburg und Padua

Im März und April 2022 führte das Institut für Klassische Archäologie der Universität Regensburg eine erste Grabungskampagne zur Erforschung einer römischen Villa in Bibione an der Oberen Adria (Italien) in Zusammenarbeit mit Partnern der Universität Padua durch

Erste Grabungskampagne zur Erforschung einer römischen Villa in Bibione an der Oberen Adria (Italien)
Gerenderte Ansicht eines 3D-Modells der Grabungsfläche. Foto: © Universität Regensburg / Alice Vacilotto
Tongewichte von Fischereinetzen. Foto: © Universität Regensburg / Francesca Pandolfo

Das Projekt in Bibione leitet Prof. Dr. Dirk Steuernagel (Institut für Klassische Archäologie der Universität Regensburg)

Die Grabungsarbeiten in Bibione dauerten drei Wochen, vom 21. März bis 8. April 2022, und wurden nach Einwilligung und unter Aufsicht der zuständigen Bodendenkmalpflegebehörde (Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio per l’Area metropolitana di Venezia e per le Province di Belluno) und in enger Zusammenarbeit mit Partnern der Universität Padua durchgeführt. Wesentliche Unterstützung gewährten auch Eigentümer und Pächter des Geländes.

So konnte das deutsch-italienische Grabungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Dirk Steuernagel vom Institut für Klassische Archäologie der Universität Regensburg auf einer Fläche von etwa vierzig Quadratmetern mehrere Räume der Villa feststellen, an denen sich die Erweiterung eines frühen Kerns aus dem Anfang des 1. Jhs. n. Chr. durch Anbauten des 4. bis 5. Jhs. n. Chr. nachvollziehen lässt.

Die Ausstattung der Villa weist auf einen gehobenen Lebensstil der Villeneigentümer hin

Die Villa liegt an der Nordseite einer wohl auf prähistorische Zeit zurückgehenden Sanddüne („Mutteron dei Frati“ genannt) und damit in unmittelbarer Nähe der antiken Küstenlinie. Der berühmte Strand des heutigen Bibione ist hingegen mehrere hundert Meter entfernt.Die Anlage der Villa dürfte mit der ökonomischen Nutzung von Ressourcen des Meeres, insbesondere Fischfang und -zucht, zusammenhängen, worauf nicht zuletzt die Funde von Tongewichten zur Beschwerung von Fischereinetzen hindeuten. Die mächtigen Mauern aus Kalkstein, der aus rund 50 Kilometern entfernten Steinbrüchen kam, sowie die recht aufwändige Ausstattung der Räume, unter anderem mit Mosaikfußböden, weisen zugleich auf einen gehobenen Lebensstil der Villeneigentümer hin. Die Anlage gibt somit wichtige Aufschlüsse für die Erschließung der nördlichen Adriaregion durch römische Siedler.

Ein umfassendes Forschungsprogramm läuft

Die Villa ist schon seit langem bekannt. Erste Erwähnungen archäologischer Entdeckungen reichen sogar bis ins 18. Jahrhundert zurück. Ausgrabungen wurden ebenfalls bereits zu verschiedenen Zeiten unternommen, jedoch ohne dass es gelungen wäre, den Gesamtkomplex und sein räumliches und wirtschaftliches Umfeld systematisch zu erforschen. Eben zu diesem Zweck haben nun Archäologinnen und Archäologen, aber auch Vertreter verschiedener geo- und naturwissenschaftlicher Disziplinen aus Regensburg und Padua ein umfassendes Forschungsprogramm entwickelt.

Finanzielle Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft beantragt

Im Vorfeld der diesjährigen Grabung konnten im November 2021 bereits erste Feldbegehungen im Umland unter Federführung der Universität Padua (Prof. Dr. Maria Stella Busana) stattfinden, die weitere Siedlungsplätze aus römischer Zeit identifizierten. Im selben Zeitraum fanden geoelektrische Prospektionen unter der Leitung von Prof. Ing. Rita Deiana (Universität Padua) statt, mit deren Hilfe für die Grabung interessante Flächen definiert werden konnten. Um die Forschungen in Zukunft fortführen und noch ausweiten zu können, haben die Regensburger Archäologen eine finanzielle Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft beantragt.

Kontakt:

Prof. Dr. Dirk Steuernagel
Institut für Klassische Archäologie
Universität Regensburg
Tel.: +49 (0)941 943-3155
E-Mail: Dirk.Steuernagel@psk.uni-regensburg.de
www.uni-regensburg.de
 

Lesetipp: Ein Restauratoren-Team, Archäologen und Grabungstechniker des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege haben im Allgäu ein rund 1300 Jahre altes Kindergrab mit einer neuartigen Methode geborgen: Es wurde mit dem umliegenden Erdreich eingefroren – und aus dem Boden gehoben.

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