Das Schloss Schönbrunn kann auf eine lange Geschichte zurückblicken und wurde maßgeblich durch Maria Theresia von Österreich geprägt. Doch die viele Besuchende kommen, um auf den Spuren der legendären Kaiserin Elisabeth – kurz Sisi – zu wandeln. Die jährlich Millionen Besucherinnen und Besucher stellen die Verwaltung aber auch vor Herausforderungen.
Habsburger Geschichte
Seit 1996 steht Schloss Schönbrunn mit seinen prachtvollen Gartenanlagen auf der UNESCO-Welterbeliste. Die Welterbekommission stellte dabei heraus, dass es sich bei dem Ensemble um ein „Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft“, also dem UNESCO-Kriterium i, handelt. Zudem führte sie an, dass die Gebäude und Gärten „ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften darstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Geschichte der Menschheit versinnbildlichen“, was dem UNESCO-Kriterium iv entspricht. 170 Jahre diente es den Habsburgerherrschern als Sommerresidenz und belegt ihren Einfluss auf die europäische Geschichte. Über die Jahrhunderte erfolgten immer wieder Anpassungen, die den Geschmack, die Interessen und Ambitionen des jeweiligen Herrschenden widerspiegeln. Bereits im 12. Jahrhundert fand das Gebiet urkundliche Erwähnung und war mit einer Mühle bebaut. Im 16. Jahrhundert erwarb der Wiener Bürgermeister Hermann Bayr das Katterburg beziehungsweise Katterberg genannte Grundstück und errichtete dort seinen Herrensitz. Im Jahr 1569 zog Kaiser Maximilian II. (1527–1576) Kraft seiner Rechte als Landesherr den Grund ein. Er ließ ihn einfrieden sowie mit Feder-, Rot- und Schwarzwild zur Jagd bestücken. Unter Kaiser Leopold I. (1640–1705) wurde Schönbrunn dann zunächst zum Jagdschloss für seinen Sohn König Joseph I. (1678–1711) bestimmt. Somit stieg die Besitzung in der Hierarchie auf. Die große „Türkenbelagerung“ Wiens 1683 führte zu einer vollständigen Zerstörung, ab 1695/96 begannen dort umfangreiche Bauarbeiten zum Wiederaufbau unter der Leitung des Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656– 1723). Die dabei entstehende hochbarocke Schlossanlage sollte durch Generationen von Habsburgern geprägt werden. Der Bau, den Fischer von Erlach entwarf, stellt in der bisherigen Historie der habsburgischen Residenzen aber auch bei denen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen ein Novum dar. Als Vorbild dienten ihm französische und italienische Bauwerke, auf denen aufbauend er eine symmetrische zweiflügelige Anlage entwickelte. In die Mitte positionierte er einen repräsentativen Mittelbau, und die beiden Flügel wurden um einen Innenhof angelegt. Er schuf damit ein Vorbild für weitere Bauten im römisch-deutschen Reich. Nachdem der Außenbau bereits 1700 fertiggestellt wurde, ging es bei der Ausstattung der Innenräume nur stockend voran, sodass die kaiserliche Familie wenig zugegen war. Die junge Witwe Kaiser Josephs I., Wilhelmine Amalie (1673–1742), richtete sich dort 1712 ihren Sommersitz ein. In dieser Zeit fanden zwar häufiger höfische Feste statt, aber Wilhelmine Amalie nahm keine größeren Baumaßnahmen vor. Nach der Verheiratung ihrer beiden Töchter nutzte auch sie immer weniger das Schloss. Sie gab das Schloss, das sie 16 Jahre zuvor als Schenkung von ihrem Schwager, Kaiser Karl VI., erhalten hatte, 1728 an diesen wieder zurück und erhielt dafür eine Entschädigung.
Zeit des Aufblühens
Karl VI. (1685–1740) war ein leidenschaftlicher Jäger und kam für Jagdaufenthalte häufig mit seinem späteren Schwiegersohn Franz Stephan von Lothringen (1708–1765) nach Schönbrunn. Diese Aufenthalte dauerten jedoch in der Regel nur einen Tag, abends kehrte man in die Hofburg zurück. In dieser Zeit verwaiste das Schloss, und bauliche Mängel wurden sichtbar. Das kaiserliche Hofbauamt berichtete 1735 von einigen Schäden. Besonders bemängelt wurde der Zustand des Dachstuhls, der zusehends verfaulte. Die Restaurierungsmaßnahmen fanden 1736/37 statt. Erzherzogin Maria Theresia (1717–1780) trat 1740 nach dem überraschenden Tod ihres Vaters Karl VI. dessen Erbe an, und die Frage nach einer angemessenen Sommerresidenz wurde virulent. Die Entscheidung fiel auf das ehemalige Jagdschloss Schönbrunn, das seit fast einem Jahrzehnt wenig Nutzung erfahren hatte. Die junge Erzherzogin brachte von Beginn an ihre eigenen Vorstellungen ein. Dem jungen Nikolaus Pacassi (1716–1790) gelang es, sich als Architekt zu etablieren, und seine rasante Karriere, die mit der Position des Oberhofarchitekten endete, nahm ihren Lauf. Die Baumaßnahmen fanden ab 1742 bei laufendem Betrieb statt, und aufgrund der stetig wachsenden Familie Maria Theresias und Franz Stephans änderten sich die Anforderungen an den Bau häufig. Auch den zeremoniellen Aspekten musste dabei Rechnung getragen werden. Die Arbeiten fanden etappenweise statt, um die Bewohnbarkeit zu garantieren. Bei der Innenausstattung wurden auch Maßstäbe gesetzt, die sich dann in anderen kaiserlichen Residenzen wiederfinden lassen. Schönbrunn diente zudem dem privaten und politischen Andenken und Vermächtnis von Maria Theresia. Das ist insbesondere für ihre Ausstattungsbemühungen während ihrer letzten Lebensphase festzustellen. Auch ließ sie Räume schaffen, die dem Andenken an ihren geliebten verstorbenen Gatten gewidmet sind.
Orte des Herzens
Mit Baubeginn des Schlosses 1695/96 wurden auch die Arbeiten für den Schlosspark aufgenommen, verantwortlich dafür war Jean Trehet (1654–1740). Im Jahr 1700 übernahm Johann Georg Hätzl die Stelle des Hofgärtners und nahm Umgestaltungen vor, die zum Teil noch unter Wilhelmine Amalie stattfanden. Während des Ausbaus des Schlosses unter Maria Theresia wurden auch die Parkanlagen weiter gestaltet. Während sie in erster Linie die Arbeiten im und am Schloss vorantrieb, war es im Garten ihr Gemahl Franz Stephan, der sich als großer Naturliebhaber aktiv in die Gestaltung einbrachte. Mit ihm waren aus Lothringen auch Künstler gekommen, die an den Gärten mitarbeiteten und ihren österreichischen Kollegen, dem Hofgärtner Joseph Hätzl und dem Garteningenieur Anton Zinner, Konkurrenz machten. Zu den Künstlern, die Franz Stephan begleiteten, gehörten der Architekt Jean Nicolas Jadot, der Schönbrunner Schlosshauptmann François Bertrand und der Gartenarchitekt Louis-Ferdinand de Nesle, genannt Gervais. Bei besonderen Anlässen, wie Geburten von Erzherzoginnen und Erzherzogen, wurden im Garten auch Feuerwerke oder Illuminationen veranstaltet. Nach dem Tod Franz Stephans ließ Maria Theresia im Garten Gedenkorte für ihn errichten. Dafür wählte sie Orte aus, die ihm besonders am Herzen gelegen hatten.
Erneute Blüte nach Vernachlässigung
Maria Theresia äußerte sich in einem Brief besorgt darüber, dass ihr Sohn, Joseph II. (1741–1790), für ihr geliebtes Schönbrunn nur wenig Interesse zeige. Nach ihrem Tod 1780 zeigte sich dann, dass ihre Bedenken berechtigt waren. Das gesellschaftliche Leben, das unter Maria Theresia in Schönbrunn stattgefunden hatte, kam zum Erliegen. Joseph II. verfügte jedoch 1782, dass das Schloss in Stand gehalten werden sollte. Es wurden nur die nötigsten Arbeiten vorgenommen. Einen Wandel brachten die napoleonischen Besetzungen Wiens 1805 und 1809. Das Schloss wurde hernach umfangreich renoviert, und einzelne Appartements erhielten neue Einrichtungen. Bis es jedoch zu diesen Maßnahmen kam, musste das Hofbauamt viel Überzeugungsarbeit bei Kaiser Franz II./I. (1768–1835) leisten, denn dieser hielt sich bevorzugt in Laxenburg oder Baden auf. Erst eine persönliche Inaugenscheinnahme des Kaisers führte dazu, dass der marode Dachstuhl saniert wurde. Mit den wieder häufiger werdenden Besuchen des Hofs wurde klar, dass die Schäden behoben werden mussten, um die ab 1814 wieder aufgenommenen kaiserlichen Sommerséjours wieder in Schönbrunn stattfinden zu lassen. Unter seinem Nachfolger Kaiser Ferdinand I. fanden dann lediglich kleine Veränderungen in der Raumfolge und auch in der Einrichtung statt.
Umfangreiche Veränderungen
Während in der Regierungszeit von Kaiser Franz II./I. noch eine biedermeierliche Zurückhaltung in der Hofführung erkennbar ist, kam mit der Eheschließung von Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) mit Elisabeth von Bayern (1837–1898) 1854 wieder mehr Leben nach Schönbrunn. Auch wenn Kaiserin Elisabeth in Wien mehr ab als anwesend war, erlebte das Schloss eine glanzvolle Epoche. Das Schloss wird auch heute noch von vielen Besuchenden mit dem „Mythos Sisi“ verbunden. Das empfindet die verwaltende Schönbrunn Group jedoch nicht als Fluch, sondern betont vielmehr, dass internationale Gäste gewonnen werden können, die sonst vielleicht kein Interesse hätten. Das führe zu höheren Zahlen an Besuchenden, die mit ihren Eintrittsgeldern zum Erhalt der Anlage beitrügen. Zudem ist man in Schönbrunn bemüht, den Fokus nicht ausschließlich auf die ikonische Kaiserin zu legen, sondern auf die anderen bedeutenden Persönlichkeiten, die das Schloss in seiner langen Geschichte prägten. Der Schwerpunkt der musealen Präsentation liegt dabei auf der maria-theresianischen Epoche, aber auch die Zeit von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth werden vorgestellt. Schloss Schönbrunn stelle dabei eines der wichtigsten Zeugnisse des imperialen Erbes vieler Generationen von Habsburger:innen dar, so die Schönbrunn Group.
Franz Joseph, der 1830 in Schönbrunn geboren wurde, ließ bereits im Jahr nach seinem Regierungsantritt 1848 erste Umgestaltungsmaßnahmen vornehmen. In den Räumen, die für seine Gattin Elisabeth vorgesehen waren, fanden spätestens ab Herbst 1853 umfangreiche Änderungen statt. Es wurden Zugänge verändert, und viele Räume erhielten auch andere Funktionen. Zudem wurden für die Kinder des Kaiserpaares im Erdgeschoss ebenfalls Appartements hergerichtet. Außerdem wurden auch bereits seit Längerem notwendige Instandsetzungen in den Repräsentationsräumen, die aus Zeiten Maria Theresias stammten, vorgenommen. Anlässlich der Weltausstellung 1873 in Wien begann eine Generalsanierung von Schönbrunn. Insbesondere für den Kaiser sollte sich das Schloss zum Lebensmittelpunkt entwickeln. Einige Jahre nach dem Tod der Kaiserin erkor der alternde Monarch Schönbrunn zu seiner dauerhaften Residenz und verstarb dort auch 1916.
Erhalt für zukünftige Generationen
Mit dem Ende der Monarchie 1918 veränderte sich auch die Nutzung Schönbrunns. Besuchende strömten in die Räume und führten zu neuen Herausforderungen. Insbesondere die Erhaltung der Räume mit jährlich Millionen von Besuchenden ist herausfordernd. Eine eigene wissenschaftliche Abteilung beschäftigt sich mit der Bau- und Ausstattungsgeschichte Schönbrunns und stellt zeitgleich auch sicher, dass präventivhistorische Maßnahmen ergriffen werden. Die regelmäßig durchgeführte kustodische Reinigung, bei der alle Oberflächen unter Begleitung von Restaurator:innen fachgerecht gereinigt werden, beinhaltet auch ein Monitoring des Zustands der gesamten wandfesten und mobilen historischen Ausstattung. Da es sich um ein denkmalgeschütztes Ensemble handelt, das auch UNESCO-Welterbe ist, muss zudem jede Maßnahme mit den zuständigen Behörden, unter anderem mit dem österreichischen Bundesdenkmalamt, koordiniert und abgesprochen werden. Diese engen Abstimmungen sind auch deswegen nötig, weil viele Zuständigkeiten miteinander verschränkt sind. Die Gärten liegen im Verantwortungsbereich der Bundesgärten, wohingegen die Statuen und Gartenarchitekturen von der Schönbrunn Group gepflegt werden. Insbesondere um den Erhalt der Innenräume in der Beletage und im Erdgeschoss zu gewährleisten, sei eine Steuerung der Besucherströme wichtig, so Dr.in Mader Kratky. Man achte dabei auf eine gleichmäßige Auslastung der Räume und vermeide Überfüllungen, denn diese würden für eine beschleunigte Abnutzung aller Oberflächen sorgen. Auch die sich aufgrund des Klimawandels höheren Temperaturen stellen die Verantwortlichen vor große Herausforderungen. Die vermehrte Trockenheit aufgrund des wärmeren Wetters erhöhe nämlich die Staubbelastung auch in den Innenräumen. Zudem verzichte man in Schönbrunn auf eine technisch unterstützte Klimatisierung, denn ein Einbau einer Klimaanlage bedeute einen zu großen Eingriff in die historische Bausubstanz und zöge sie in Mitleidenschaft. Die laufenden Kosten für die Instandhaltung und Restaurierungen seien daher erheblich, so Dr.in Mader Kratky. Sie betonte zudem: „Essentiell in der Kulturvermittlung ist das tiefe Verständnis unserer Besucher:innen für die historische Bedeutung des Schlosses und der Parkanlage. Nur durch eine sorgfältige Balance zwischen den Anforderungen, die große Besucher:innenzahlen an die Bausubstanz stellen, und den notwendigen Erhaltungsmaßnahmen kann das kulturelle Erbe auch für zukünftige Generationen bewahrt werden.“