14.08.2024

Ausstellungen

Hans Holbein der Ältere

Eine Ausstellung im Schaetzerpalais in Augsburg beschäftigt sich mit dem Künstler Hans Holbein dem Älteren. Die Darstellung „Maria das Kind liebkosend“ malt der Künstler 1496/99, es befindet sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien. Credit: KHM-Museumsverband, Kunsthistorisches Museum

Hans Holbein der Jüngere avancierte zum englischen Hofmaler und zählt zu den bedeutendsten Porträtisten der Renaissance. Sein Vater, genannt der Ältere Holbein (1465-1524), gehörte in beider Vaterstadt Augsburg zu den bedeutendsten Malern an der Wende der Spätgotik zur Renaissance.

 

Anlässlich seines 500. Todesjahres wird er nun von den Kunstsammlungen und Museen mit einer Sonderschau im Schaezlerpalais gewürdigt. „Nicht als Einzelausstellung, sondern im Kontext mit Künstlerkollegen der Zeit“ bietet Gastkurator Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke (Trier) facettenreiche Einblicke in die Stadt „Augsburg an der Schwelle zur europäischen Kunstmetropole“. Rund 50 Maler waren hier damals zünftisch organisiert.


Augsburger Stadtgeschichte

Dank Holbein und seinen Kollegen stieg Augsburg zum bedeutendsten Kunstzentrum nördlich der Alpen auf. Ein Teil der 64 Exponate aus den eigenen Beständen sowie Leihgaben aus Berlin, München, Wien und Privatbesitz, wurde aus konservatorischen Gründen bislang noch nie oder selten gezeigt. Erstaunlich, dass sich keiner der bedeutenden Altäre, die Holbein d. Ä. traditionell in Zusammenarbeit mit bedeutenden Kistlern wie Adolf Daucher und Bildhauern wie Gregor Erhart für Augsburg geschaffen hat, mehr an seinem ursprünglichen Bestimmungsort befindet.

Zu den absoluten Highlights gehört Holbeins frühes, um 1496/99 entstandenes kleines halbfiguriges Tafelbild der „Maria, das Kind liebkosend“ aus dem Wiener Kunsthistorischen Museum. Mutter und Kind bezaubern durch ihre innige Verbindung vor einem Goldgrund mit dichtgesetzten Punkten, wie man ihn von den Alten Niederländern oder byzantinischen Marienikonen kennt. Rund zehn Jahre jünger ist Holbeins großformatiges „Votivbild des Ulrich Schwarz d. J. mit Christus und Maria als Fürbitter vor Gottvater“, darunter den Weinhändler-Wirt mit seinen 17 Söhnen, 14 Töchtern und drei Ehefrauen. Es macht uns mit einer dramatischen Facette der Augsburger Stadtgeschichte vertraut, denn dessen gleichnamiger betrügerischer Vater wurde am 18.April 1478 gehenkt.


Holbeins Vorlagen auch bedeutende Druckgrafiken

Holbeins Bildnis-Zeichnung des Übeltäters ist zwar mehrfach, aber nur in späteren Kopien zu sehen. Doch bilden die zahlreichen Handzeichnungen von Holbein und seinen Künstlerkollegen einen bedeutenden Schwerpunkt der Schau. Sechs kraftvolle, figurenreiche aquarellierte Federzeichnungen schildern Christusszenen samt den Tod Mariens und gelten als Gemeinschaftswerk Holbeins d. Ä. und des jüngeren Bruders Sigmund. Sie tragen das berühmte „AD“-Monogramm, das jedoch nicht vom großen Nürnberger Maler, sondern von einem einstigen Sammler stammt, und wohl als typischer Zeitstempel angebracht wurde. Dass Holbeins Vorlagen auch bedeutende Druckgrafiker zur Nachahmung ermunterten, zeigt Israhel van Meckenems Folge der zwölf Kupferstiche zum Marienleben Holbeins des Älteren.

Holbeins locker aufs Papier gezauberten „Apostelabschied“ setzte Jörg Breu d. Ä. 1514 in ein Ölgemälde um. Wir schauen in das Aufblühen der Porträt-Kunst zurück: Wie Hans Burgkmair d. Ä. 1490 den Augsburger Bischof Friedrich II. Graf von Zollern/Hohenzollern mit ernstem Ausdruck als Brustbild in seinem Habit festgehalten hat, oder der „Meister der Augsburger Malerbildnisse“ (früher Leonhard Beck) ein Mitglied der Familie Ren (Rehm) 1505 – wohl in Kenntnis von Dürers berühmten Selbstbildnis von 1500 im pelzverbrämten Mantel gemalt hat.

Das Werk Holbeins „Votivbild des Ulrich Schwarz d. J. mit Christus und Maria als Fürbitter vor Gottvater“ bietet einen Blick auf die Augsburger Stadtgeschichte. Credit :KMA

Künstlerischer Reiz

Doch sind es vor allem die lebendigen Handzeichnungen, die in solcher Qualität und Fülle den Besucher betören: Da hat Holbein d. Ä. 1504 „Zwei einander zugewandte Kinderköpfe im Profil“ mit dem Silberstift aufs grundierte Blatt gezaubert, bei denen es sich wohl um die Brüder Hans Holbein der Jüngere und Ambrosius handelt. Wie sensibel Holbein die verschiedensten Personen und Charaktere mit dem Stift festgehalten hat, machen etwa auch die „Studie der Veronika Vetter mit Familienwappen“ in ihrer Nonnentracht von 1496 aus dem berühmten „Kleinen Klebeband“ oder das Porträt von Johannes VI. Schrott, Prior und späterer Abt von St. Ulrich und Afra deutlich, die die ganze Bandbreite einer Ausdrucksskala verdeutlichen. Zu Recht wurde die zauberhafte Rückenfigur der „heiligen Thekla“ zum „Maskottchen“ der Ausstellung: Holbeins Feder-Studie in Braun auf rötlich getöntem Papier aus dem „Kleinen Klebeband“ Übrigens leiten die Plakate und das Katalogcover den Betrachter gleichsam ins Bild: Zeittypisch gewandet und modern in der Wirkung, strahlt sie einen betörenden künstlerischen Reiz aus!

Aus der Werkstatt Holbeins d. Ä. stammte die Rückenfigur der Heiligen Thekla aus dem Basilikabild St. Paulus von 1503/05. Credit: KMA
Aus der Werkstatt Holbeins d. Ä. stammte die Rückenfigur der Heiligen Thekla aus dem Basilikabild St. Paulus von 1503/05. Credit: KMA

Holbein und die zeitgenössische Kunst

Den Bogen ins Zeitgenössische schlägt die über einen Meter große plastische Halbfigur Hans Holbein des Älteren. Es ist eine für die in Augsburg lebende Künstlerin Hella Buchner-Kopper typische lebendig-naturalistisch geschaffene Leder-Skulptur. Als Vorbild diente Buchner-Kopper die Studienzeichnung Holbeins aus Chantilly, die dem Ausstellungsbesucher gleichsam den Weg weist. Und der Begleitband enthält eine Reihe von Aufsätzen, die für Wissbegierige von besonderem Interesse sein könnten: Etwa zum „Zunftmonopol“, zu „Materialeinkauf und Produktverkauf“, „Werkstattgrösse und Kooperationen“ von Danica Brenner; oder „Holbeins Augsburger Werkstatt: ein Durchlauferhitzer für junge Talente“, „Der Sammler Wilhelm Sattler (1784-1859)“, „Holbein im Elsass. Grünewalds Isenheimer Altar“ (Andreas Tacke) sowie „Modell eines konservatorischen Viertelfalz-Albums für die Montierung von Zeichnungen“ (Svenja Brucker u.a.).

Der ältere Holbein. Augsburg an der Schwelle zur europäischen Kunstmetropole – Augsburg, Kunstsammlungen & Museen, Schaezlerpalais, bis 20.10.2024, Begleitband 29,95 Euro

Scroll to Top