Bad Kissingen diente ursprünglich der Salzgewinnung, entwickelte sich aber zu einem beliebten Heilbad, das heute auf der Liste der meistbesuchten Kurorte Deutschlands an zweiter Stelle steht. © Elmar Hahn - Stadtarchiv Bad Kissingen

Die UNESCO-Welterbestätte „Great Spa Towns of Europe“ vereint in sieben Ländern elf Städte, die die Blütezeit des europäischen Phänomens der Kur repräsentieren. Die Wurzeln des Kurwesens reichen bis in die Antike zurück. Das Kurwesen erlebte aber in der Zeit zwischen 1700 und 1930 seine größte Ausprägung und stärkste Entwicklung. Rund um die Kurstädte entwickelte sich eine ganz eigene Infrastruktur und auch Architektur. Neben der Erholung und Gesundheitspflege der illustren Gästeschar gehörten auch diverse Zerstreuungen und Vergnügungen zu einem gelungenen Kuraufenthalt. So gab es Trinkhallen, Bäder, Kurhäuser, Kasinos, Theater, Opernhäuser und Parkanlagen. Die Städte waren ein Ort des Sehens und Gesehenwerdens. Bisweilen wurde auch vor Ort Politik gemacht und Geschichte geschrieben, teils mit schwerwiegenden Folgen, wie bei der Emser Depesche, die dann zum Deutsch-Französischen Krieg von 1870 führte.

Spa, die "Perle der Ardennen", ist seit dem 16. Jahrhundert für ihre heilenden Mineralquellen bekannt. © WTB - Ricardo de la Riva
Baden-Baden blickt auf eine lange Tradition als Heilbad zurück, die bis zu den Römern zurückreicht. © Torben Beeg

SPA

Die Stadt Spa in Belgien wird auch „Perle der Ardennen“ genannt. Im Englischen dient der Name der Stadt sogar als Synonym für das Wort „Heilbad“. Die ersten Kurbäder wurden im 16. Jahrhundert erbaut, nachdem die heilende Wirkung der dortigen Mineralquellen entdeckt worden war. Das Goldene Zeitalter der belgischen Kurstadt begann früher als in Baden-Baden. Im Jahr 1717 besuchte Zar Peter der Große Spa, probierte das heilende Wasser und erlebte eine bemerkenswerte Genesung. Dieses Ereignis markierte den Beginn der internationalen Anerkennung der Stadt als bedeutendes Kur-Zentrum. Spa wurde ein beliebter Kurort für die europäische Aristokratie und das Bürgertum. Berühmte Persönlichkeiten wie die Kaiserin Joséphine von Frankreich und der Schriftsteller Victor Hugo besuchten Spa. Der Kurort war bekannt für seine luxuriösen Badehäuser und entspannenden Therapien, die von wohlhabenden Gästen aus ganz Europa genutzt wurden. Spa bleibt bis heute ein symbolträchtiger Ort für Gesundheit und Wohlbefinden.


VICHY

Die französische Stadt Vichy in der Region Auvergne-Rhône-Alpes ist seit 2021 Weltkulturerbe der UNESCO und gilt als „Königin der Bäder“. Ende des 16. Jahrhunderts wurden die „Wunderquellen“ bekannt und von vielen Menschen besucht. Die Stadtanlage entlang des Flusses Allier wurde stark von Napoleon III. beeinflusst. Durch die Anlage des Parc des Sources und weitere von ihm in Auftrag gegebene Bauten wurde Vichy zum „kleinen Paris“. Nicht nur Napoleon kam gerne in die französische Kleinstadt, auch Künstler wie Cézanne und Sartre verbrachten ihre Sommer dort. Mit insgesamt zwölf Quellen, von denen heute noch sechs genutzt werden, gilt Vichy als der bedeutendste Kurort Frankreichs. Noch heute finden traditionelle Kulturveranstaltungen wie das Sommerfestival statt, um das historische Erbe lebendig werden zu lassen.

Napoleon III. prägte das Stadtbild von Vichy und machte es zu einem "kleinen Paris". © Xavier Thomas & C. Michaud

BADEN-BADEN

Baden-Baden, die bedeutende Kur- und Badestadt im Südwesten Deutschlands, blickt auf eine lange Tradition der Heilbäder zurück. Die ersten römischen Bäder wurden bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. errichtet, was die 13 heilsamen Thermalquellen schon damals nutzbar machte. Im 19. Jahrhundert erlebte die Stadt ihre Blütezeit als europäisches Modebad, bekannt auch als „Sommerhauptstadt Europas“. Die prächtigen Kuranlagen umfassten unter anderem das Conversationshaus (heute: Kurhaus), die Trinkhalle, die Lichtentaler Allee und den ab1868 modernsten Badetempel Europas, das Friedrichsbad. Berühmtheiten aus aller Welt besuchten Baden-Baden, darunter die Schriftsteller Dostojewski und Turgenev, die Komponisten Berlioz und Brahms sowie Königin Victoria von England. Die illustre Gesellschaft kam nicht nur zur Heilung, sondern auch zur Unterhaltung. Die Stadt lockte mit ihrem weltberühmten Casino und zahlreichen kulturellen Veranstaltungen im Theater und im Conversationhaus. Bis heute zieht Baden-Baden viele Menschen an, die Entspannung, Gesundheit und Unterhaltung suchen. Die heilenden Quellen, das milde Klima, die vielseitigen Kulturangebote und die wunderschöne Umgebung des Schwarzwaldes machen den Ort zu einem idealen Ziel für Reisende jeglicher Art.


BAD KISSINGEN

Die bayerische Kurstadt Bad Kissingen liegt an der Saale im Saaletal. Seit dem 16. Jahrhundert ist die Stadt als Kurort bekannt. Jedoch bekam die Stadt Kissing den Zusatz „Bad“ erst Ende des 19. Jahrhunderts. Sie besitzt den ältesten Kurgarten Deutschlands aus dem Jahr 1738 und das größte Ensemble historischer Kurbauten, die vom bayerischen Herrscher Ludwig I. und Prinzregent Luitpold in Auftrag gegeben wurden. Berühmte Gäste wie Kaiserin Elisabeth von Österreich und König Ludwig I. von Bayern genossen hier die sogenannte Kaiserkur. Auch Politiker wie Otto von Bismarck und Architekten wie Walter Gropius besuchten das Kurbad. Als ältester Gradierstandort Europas dienten die Heilquellen ursprünglich der Salzgewinnung, doch die therapeutischen Wirkungen des Wassers überzeugten, sodass das Heilbad nun auf der Liste der meistbesuchten Kurorte Deutschlands an zweiter Stelle steht.

Im 18. Jahrhundert erlebte Karlsbad seinen Höhepunkt als Kurort, der von berühmten Persönlichkeiten und der europäischen Aristokratie besucht wurde. © Karlovy Vary
Dank Großherzog Pietro Leopoldo wurde Montecatini Terme zu einer bekannten Kurstadt. © Montecatini Terme

KARLOVY VARY

Die Stadt Karlovy Vary, deren deutscher Name Karlsbad lautet, in Tschechien, ist eine renommierte Kurstadt. Ihre Thermalquellen wurden bereits im 14. Jahrhundert entdeckt, aber ihr Ruhm als Kurort erreichte seinen Höhepunkt im 18. Jahrhundert. Berühmte Persönlichkeiten wie Zar Peter der Große, Ludwig van Beethoven und Johann Wolfgang von Goethe besuchten Karlsbad auf der Suche nach Heilung und Erholung. Die Stadt war ein beliebtes Ziel für die europäische Aristokratie und die Elite des Bürgertums. Die prachtvollen Badehäuser und die malerische Landschaft trugen zur Attraktivität des Kurorts bei.


BADEN BEI WIEN

Baden bei Wien ist eine malerische Kurstadt in Österreich. Schon 1480 wurden die heißen Schwefelquellen urkundlich erwähnt. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Baden bei Wien zu einem bedeutenden Kurort, als zahlreiche prachtvolle Kuranlagen wie das Badener Strandbad und das elegante Kurhaus errichtet wurden. Die Stadt zog viele berühmte Gäste an, darunter Ludwig van Beethoven, der hier mehrere Sommer verbrachte und einige seiner größten Werke komponierte. Auch Kaiser Franz I. von Österreich und Erzherzogin Maria Theresia von Österreich besuchten die Stadt regelmäßig und schätzten die heilenden Schwefelquellen sehr. Baden bei Wien war besonders bei der Wiener Gesellschaft und dem europäischen Adel beliebt. Sie nutzten die Kurbäder zur Linderung von gesundheitlichen Beschwerden und genossen die entspannende Atmosphäre inmitten des Wienerwaldes. Heute ist Baden bei Wien ein geschätztes Ziel für Erholungssuchende und Gesundheitsbewusste. Die traditionsreichen Thermalquellen, das milde Klima und die malerische Umgebung machen die Stadt zu einem idealen Ort für einen revitalisierenden Kuraufenthalt.


MONTECATINI TERME

In der Provinz Pistoia in der Toskana liegt die Stadt Montecatini Terme. Östlich von Lucca im Validievole-Tal liegt die jahrhundertealte Stadt. Geprägt von Tälern und Hügeln, zählt sie zu den beliebtesten Kurorten Italiens. Bereits im Mittelalter wurde der Ort als Thermalzentrum urkundlich erwähnt. Dank des Großherzogs Pietro Leopoldo wurde die Kanalisierung und Restaurierung der Stadt vollzogen, und Montecatini Terme wurde zur bekannten Kurstadt. In den neun Thermen wird den Besuchenden ein umfassendes Angebot unterbreiten, das von medizinischem Personal betreut wird. Von Schlammkuren über entzündungshemmende und entgiftende Kuren bis hin zu harntreibenden Anwendungen und Inhalationstherapien bietet die Kurstadt viele Möglichkeiten, sich zu erholen und zu entspannen.

Besucherinnen und Besucher können in Bad Ems Heilwasser aus drei verschiedenen Quellen probieren, aus denen auch die bekannten "Emser Pastillen" hergestellt werden. © Dominik Ketz
Im frühen 19. Jahrhundert wurden die prachtvollen Kurbäder errichtet, um berühmte Gäste wie Kaiser Franz I. und Goethe zu empfangen. © Františkovy Lázně

BAD EMS

Im Juli 2021 wurde die Stadt Bad Ems als eine der bedeutendsten europäischen Kurstädte in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Als natürliche Grenze zwischen Taunus und Westerwald liegt die Stadt Bad Ems beiderseits der Lahn. Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt stammt aus dem 6. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert entstand schließlich das Emser Bad. Als „Weltbad“ erlebte Bad Ems im 19. Jahrhundert seine Blütezeit. Zahlreiche europäische Monarchinnen und Monarchen und Kunstschaffende, wie Kaiser Wilhelm I. oder Johann Wolfgang von Goethe, kamen zu Besuch. Beeindruckende Hotelbauten und Logierhäuser reihen sich aneinander. Als besonders imposant gilt die älteste Brunnenhalle von Deutschland. Besucherinnen und Besucher können dort aus drei verschieden Quellen Heilwasser probieren. Aus diesem Wasser werden auch die heutzutage noch bekannten „Emser Pastillen“ hergestellt.


FRANTIŠKOVY LÁZNĚ

Františkovy Lázně, auch bekannt als das bezaubernde Franzensbad, ist ein Juwel Tschechiens, das im 18. Jahrhundert erschaffen wurde. Umhüllt von einer Aura der Heilung, wurden die prächtigen Kurbäder Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet, um Gäste wie Kaiser Franz I. von Österreich, die literarische Ikone Goethe und den genialen Beethoven zu empfangen. Doch nicht nur königliches Blut strömte durch die eleganten Straßen – hier fand die Elite Europas Zuflucht, um Körper und Geist zu erfrischen. Die reiche kulturelle Geschichte der Stadt und ihre heilenden Thermalquellen locken auch heute noch Besucherinnen und Besucher aus aller Welt an.


MARIANSKE LÁZNĚ

Mariánské Lázně – Marienbad –, ist ein berühmter Heilort in Tschechien, der Anfang des 19. Jahrhunderts gegründet wurde. Die ersten Kurbäder entstanden ab 1808, nachdem Dr. Josef Nehr die heilenden Eigenschaften der zahlreichen Mineralquellen erkannte und förderte. Schnell entwickelte sich die Stadt zu einem beliebten Ziel für Aristokratinnen und Aristokraten, Kunstschaffende und Intellektuelle. Zu den berühmten Persönlichkeiten, die Marienbad besuchten, gehören Johann Wolfgang von Goethe, der hier seine späte Liebe Ulrike von Levetzow traf, und der Komponist Fryderyk Chopin, der seine Gesundheit in den Bädern stärkte. Auch der englische König Edward VII. war ein häufiger Gast und trug maßgeblich zur Popularität des Kurortes bei. Marienbad diente vor allem dem europäischen Adel und wohlhabenden Bürgern als Erholungsort. Die Gäste kamen wegen der heilenden Wirkung der Mineralquellen und der frischen Luft, um verschiedene gesundheitliche Beschwerden zu lindern.

Das Marienbad diente vor allem dem europäischen Adel und wohlhabenden Bürgern als Erholungsort. © Czech Tourism
Bath ist die einzige Stadt im Vereinigten Königreich, die zum Weltkulturerbe erklärt wurde. © Bath - North East Somerset Council

BATH

Bath ist die einzige Stadt im Vereinigten Königreich, die zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Bereits 1987 erhielt sie den Status einer Kulturstadt und 2021 schließlich die zweite Auszeichnung als eine der bedeutendsten Kurstädte Europas. Die Quelle des Bades ist seit 40 n. Chr. bekannt, als die Kelten den Ort Aquae Sulis tauften. Nach der Göttin Sulis, die für die heißen Quellen und deren heilende Wirkung verantwortlich war. Jahrzehnte später gaben die Römer der Stadt den Namen „Heiße Bäder“, von dem sich der heutige Name ableitet. Der Besuch von Königin Elisabeth I. im Jahr 1574 verhalf der Stadt zu neuer Popularität. Heutzutage kann man die römischen Bäder und die georgische Architektur in der Stadt erleben. Eine besondere Mischung verschiedener Zeiten.

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