In der Nekropole der Privatgräber Thebens befindet sich die Grabkammer des Neferhotep, oberster Schreiber des Schöpfergottes Amun. Es ist eines der größten privaten Gräber der Begräbnisstätte. Die Malereien in der Grabkammer des Neferhotep waren stark verschmutzt und wurden seit 2000 aufwendig restauriert und erforscht. RESTAURO traf die verantwortlichen Restauratorinnen Susanne Brinkmann und Christina Verbeek vom Atelier für Restaurierung nach ihrer Rückkehr aus Ägypten in Köln.

Prachtvolle Vorräume – schmucklose Grabkammer
Neferhotep, dessen Name übersetzt „Schön ist die Gnade“ bedeutet, lebte während der Regentschaft des Pharaos Eje und verstarb um das Jahr 1320 v. Chr. Als Schreiber und Aufseher der Güter des Schöpfergottes Amun überwachte Neferhotep das Vieh und die Ernteerträge. Seine hohe Stellung als staatlicher Beamter ermöglichte ihm wahrscheinlich ein gutes Auskommen, und er konnte sich eine prächtige Grabkammer leisten. Die Grabkammer mit der Nummer TT 49, in der neben Neferhotep auch seine Gattin Merit-Re bestattet wurde, liegt am Fuße des thebanischen Gebirges unweit vom Tal der Könige entfernt. Berühmte Pharaoninnen und Pharaonen wie die Pharaonin Hatschepsut haben sich dort ihre Totentempel erbauen lassen.
Die Außenfassade der Grabkammer ist nach Osten, also in Richtung der aufgehenden Sonne ausgerichtet, und eine Inschrift nennt den Namen des Bestatteten sowie seine Ämter und Titel. Betritt man die Grabkammer, findet man ebenerdig das Vestibül und den Pfeilersaal. Diese zwei Kulträume wurden direkt in den Felshang gearbeitet und sind reich mit Wandmalereien, farbigen Reliefs und Figuren verziert, die Aufschluss über das Leben des Neferhotep bieten. Eine Nische dient zudem noch als Aufstellungsort für die Statuen des Grabinhabers und seiner Gemahlin. Die eigentliche Grabkammer liegt unterirdisch und ist über einen grob in den Felsen geschlagenen Gang erreichbar. Dieser Raum, in dem sich die Sarkophage befanden, wurde gänzlich ohne Bemalungen gestaltet.
Kunsthistorische Überraschung
Ein Projekt, das unter anderem von der Gerda Henkel Stiftung von 2005 bis 2007 gefördert wurde, sollte die Wandmalereien und Reliefdarstellungen wieder sichtbar machen. Die dabei vorgenommenen Untersuchungen in der Grabkammer zeigen deutlich, wie aufwendig die altägyptischen Handwerker die Wände bearbeiteten, bevor die Malereien aufgetragen werden konnten. Das Grab wurde in den Felsen hineingeschlagen, und dabei brachen immer wieder Felsstücke aus den Wänden heraus. Um diese Unebenheiten auszugleichen, trugen die Handwerksmeister mehrerer Putzschichten, die immer feiner wurden, auf. Auf der letzten und feinsten Putzschicht wurden dann die farbigen Malereien aufgetragen. Konturen aus Ockertönen bilden die Grundlage der üppigen Malereien, die Szenen der Dattelernte, Viehzucht und Weinherstellung zeigen. Zudem die Registrierung von Ernteerzeugnissen und das altägyptische Bewässerungssystem mit Ziehbrunnen dargestellt. Andere Wandmalereien zeigen die Tempelanlage von Karnak, darin eingebettet ist die Zeremonie der Salbung des Neferhoteps. Aber auch die Landschaft um den Tempel herum wird dargestellt, so lässt sich ein Verbindungskanal zum Nilufer erkennen, auf dem sich Segelschiffe befinden. Weitere Szenen zeigen, wie Neferhotep und Merit-Re vom Pharao Eje und seiner Gemahlin empfangen werden.
In der Glaubensvorstellung der alten Ägypter spielte das jenseitige Leben eine wichtige Rolle. Um dort gut aufgenommen zu werden, gab es viele Riten, die sich um das Begräbnis strukturierten. Diese Vorstellung lässt sich auch in den Wandmalereien finden. Das Begräbnis des Neferhotep wird ausführlich dargestellt: die Aufbahrung, die Prozession, die Rituale, die Totenklage, die Grablege und auch die Grabanlage. Hieroglypheninschriften beinhalten Gebete für die Verstorbenen.
An einigen Stellen wurden zudem noch Reliefdarstellungen gefunden, die jedoch eher die Ausnahme bilden. Die genauere Untersuchung der Statuen bringt überraschenderweise auch kunsthistorisch Bemerkenswertes hervor: Während die Figur des Neferhotep im Stil der „Amarna-Zeit“ gestaltet wurde, ist die der Merit-Re im „Strengen Stil“ gearbeitet worden. Der „Strenge Stil“, der vor und nach der „Amarna-Zeit“ vorherrschend war, zeichnet sich durch Akkuratesse und Perfektion aus. Arbeiten aus der „Amarna-Zeit“ hingegen, sind naturalistischer und realistischer in ihrer Ausgestaltung. So ist die Haltung der Merit-Re gerade, wohingegen ihr Mann eine entspanntere Körperhaltung eingenommen hat. Auch die Perücke bei Merit-Re sitzt gerade und exakt auf ihrem Kopf, während die Figur des Neferhotep einen kleinen Bauch aufweist und auch die Perücke nicht ganz so akkurat frisiert zu sein scheint.

Rivalität unter Ägyptologen
Zu den Entdeckern der Grabkammer gehörten Harry Burton, Jean-François Champollion, Robert Hay, Ippolito Rosellini und John Gardner Wilkinson. Wie aus einer Publikation von 1933 des Metropolitan Museums in New York über eine von ihm durchgeführte Expedition hervorgeht, haben diese frühen Ägyptologen die Grabkammer noch in relativ unverschmutzten Zustand gesehen. In dem Bericht heißt es weiterhin, dass die Verschmutzung durch die Besiedelung von Dorfbewohnern mit ihrem Vieh herrührte. Aus einem Bericht Hays geht hervor, dass die unterirdische Kammer und weitere Bereiche der Grablege mit „gewöhnlichen Mumien“ gefüllt waren. Champollion bezichtigte die Engländer, die Mumien verbrannt und damit die Bemalungen ruiniert zu haben. Die einst farbenprächtigen Wandgemälde müssen also bereits im frühen 19. Jahrhundert stark beschädigt gewesen sein. Dies ordnet der Bericht des Metropolitan Museum wie folgt ein: Es bestand zwischen französischen und englischen Ägyptologen, die für ihre jeweiligen Heimatmärkte unterwegs waren, eine Rivalität, und so mache die Anschuldigung von Champollion durchaus Sinn, um die andere Seite in einem negativen Licht darzustellen.
Mit dem Laser gegen den Ruß
Im Rahmen einer archäologischen Erforschung der Grabkammer unter der Leitung der argentinischen Ägyptologin Professor Maria Violeta Pereyra erhielten die Restauratorinnen Susanne Brinkmann, Christina Verbeek und Birte Graue den Auftrag, die dekorierten Oberflächen zu restaurieren. Seit 2000 reisen sie immer wieder nach Ägypten, um die Kunstwerke von den Rußspuren zu befreien und die Grabkammer zu konservieren. Dabei sind sie auf Spuren früherer Reinigungsversuche gestoßen, die die Arbeiten zusätzlich erschwert haben, denn es wurde dabei mehr zerstört als gerettet. In einem ersten Schritt mussten Analysen angestellt werden, um Methoden zu finden, wie man die verunreinigten Malereien reinigen und zugleich das Gestein und die Putzschichten sichern kann. Bei der Reinigung der Malereien bestand die Problematik, die richtige Methode zu finden. Mit Lösemitteln und dem Skalpell konnten zwar an einigen Stellen die Verunreinigungen beseitigt werden, aber auf den weiß bemalten Flächen, die den Hintergrund der Wandmalereien bilden, waren die verschiedenen angewendeten Lösemittel wirkungslos. Es bestand die Gefahr, dass eher noch zusätzliche Schädigungen auftreten. Um diese Probleme zu lösen, beschlossen die Restauratorinnen, mit einem Lasergerät zu arbeiten. Die Schwierigkeit dabei war jedoch, ein handliches Gerät dafür zu finden. Um die richtige Methode zu recherchieren, erfolgten Materialanalysen durch das Institut für Konservierungswissenschaften der Fachhochschule Köln sowie durch die Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Außerdem musste auch die Rußablagerung untersucht werden, um deren Zusammensetzung aus miteinander verschmolzenen Mumienbinden, Ölen, Fetten und Ruß genau zu bestimmen. Bei der Firma Clean-Lasersysteme aus Herzogenrath bei Aachen wurden die Restauratorinnen auf der Suche nach dem richtigen Laser schließlich fündig.
Warten auf eine neue Konzession
Zurück in Ägypten untersuchten die Restauratorinnen die Kammer, in der sich die Sarkophage befanden, und stellten dabei fest, dass sich Salz aus dem Kalkgestein gelöst hatte. In Salzkristalle gebunden befand es sich an Decken und Wänden und gefährdete, bei einem Feuchtigkeitsanstieg, die sich im darüberliegenden Raum befindenden Wandmalereien. Durch Kapillarkräfte kann das Wasser aufsteigen und so die jahrtausendealten Kunstschätze zerstören. Es wurden Klimasensoren aufgestellt, um die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit zu überwachen. Zudem wurden präventive Maßnahmen im Außenbereich, durchgeführt, um das unkontrollierte Eindringen von Regenwasser zu verhindern. Bei der weiteren Untersuchung der bemalten Räume konnten auch bereits Spuren eines zurückliegenden Wassereinbruchs, der wahrscheinlich durch starke Regenfälle hervorgerufen wurde, nachgewiesen werden. Aber auch Mikroorganismen, Fledermäuse und Wespennester stellen eine Gefahr für die Kunst dar. Zudem erschwerten logistische Probleme, aber auch viele Regeln seitens der Behörden und das Einholen der Arbeitserlaubnisse die Arbeit. So gibt es seitens der ägyptischen Behörden ein sehr strenges Reglement für ausländische Forschungsteams, das unter anderem eine immer wieder neu zu beantragende Arbeitsgenehmigung und Erlaubnis der Sicherheitsbehörden vorsieht. Aber auch Profanes, wie das eingeschränkte Platzangebot in der Grabkammer und der damit zusammenhängende Schichtbetrieb bei den Arbeiten machen die Erforschung und Restaurierung zu einem langfristigen Projekt. Die Restauratorinnen und die weiteren Mitglieder des Forschungsteams müssen nun eine neue Konzession abwarten, bevor sie mit der nächsten Projektphase beginnen können. Wahrscheinlich geht es dann im Frühjahr 2025 wieder nach Ägypten. Das Projekt wird, so vermuten die Restauratorinnen, noch vier bis fünf Jahre fortlaufen.

Spannende Erkenntnisse
Zwischen den Reinigungsarbeiten mit dem Laser testeten die Restauratorinnen verschiedene Mörtelarten, die sie aus den vor Ort vorliegenden Materialien wie Sand und Kalk anmischten. Der Mörtel muss in seinem Farbton und seiner Struktur zu dem in der Grabkammer passen. Mit einem besonders fließfähigen Mörtel wurden Risse im Kalkstein aufgefüllt, um die geschädigte Schicht zu stabilisieren. Auch die gelockerten Putzschichten werden mit Mörtel hinterfangen, um sie wieder mit dem Gestein zu verbinden. Um das Abblättern der feinen Farbschichten zu verhindern, wird zudem ein spezielles Bindemittel eingesetzt. Parallel dazu werden die Malereien weiter gereinigt, neben dem Laser und der mechanischen Reinigung, kommt zusätzlich noch ein Lösemittelgel zum Einsatz, das unterstützend wirkt. Auch die Decken der Räume sind bemalt. Auch hier sind nicht so starke Verschmutzungen zu beklagen, sodass die Restauratorinnen zunächst mit einem Trockenschwamm arbeiten, bevor sie den Laser anwenden. Je mehr die Arbeiten voranschreiten, desto mehr Details und neue Erkenntnisse kommen ans Licht. Eine besonders spannende Erkenntnis ist, dass sich Neferhotep mit weißem Haar als alter Mann hat darstellen lassen. Solche Darstellungen sind in der Kunst des alten Ägypten selten anzutreffen und somit eine Besonderheit. Zugleich wird so auch der Bogen zur Skulptur des Bestatteten in der Nische gespannt, und man gewinnt den Eindruck, dass er mit sich im Reinen war. Auch über 3000 Jahren nach Neferhoteps Tod hat man das Gefühl, so einen Einblick in sein Leben zu erhalten.