Jahrzehnte lagerten sie im Depot des Berliner Bode-Museums: Knapp sechzig, durch zwei verheerende Brände im Zweiten Weltkrieg beschädigte Kunstwerke. Jetzt werden sie aufwendig konserviert und restauriert

Kistenweise wurden gegen Ende des Zweiten Weltkriegs Kunstwerke aus dem Berliner Kaiser- Friedrich-Museum – so hieß das Bode-Museum früher – zur Sicherheit in Flakbunker gebracht. „Die Auslagerung der Sammlungsbestände begann mit dem Vorrücken der Alliierten auf Berlin ab 1941“, berichtet Paul Hofmann, der Chefrestaurator der Skulpturensammlung am Bode-Museum. „Dort wurden mehrere Auslagerungsorte auserkoren, zuerst war es der Flakbunker am Zoo und dann der Leitturm des Flakbunkers Friedrichshain.“ Kurz nach der Kapitulation brachen dann zwei Brände im Bunker aus. Temperaturen bis zu 1000 Grad richteten verheerende Schäden an. Möbel, Gemälde und Textilien wurden unwiederbringlich zerstört. Die verbliebenen stark geschädigten Stein- und Skulpturenfragmente brachte die Rote Armee in die Sowjetunion, nach St. Petersburg und nach Moskau. Ein Großteil der Objekte, darunter zwei Hauptwerke aus der Renaissance – sie galten einst als Highlight der Berliner Sammlung – wurden 1958/59 an die damalige DDR zurückgegeben und kamen ins Depot des Bode-Museums. Seitdem lagerten sie dort und waren aufgrund ihres Zustandes nicht ausstellungsfähig. „Die Problematik der brandgeschädigten Skulpturen war so dominant für das Bode-Museum, dass das Museum eigentlich jahrzehntelang überfordert war“, erklärt Dr. Julien Chapuis, Direktor der Skulpturensammlung im Bode-Museum.
Die Restaurierungskampagne unterstützt die Ernst von Siemens Kunststiftung
Unter der Leitung von Chefrestaurator Paul Hofmann werden dort jetzt knapp sechzig Werke mit Unterstützung freiberuflicher Restauratoren konserviert und restauriert – mit einem unteren siebenstelligen Betrag großzügig unterstützt von der Ernst von Siemens Kunststiftung. Im Fokus stehen dabei Fragen der Restaurierungsethik: Was rekonstruiert man, was nicht? Jedes Objekt wird einzeln analysiert. Das restauratorisch-kuratorische Team entscheidet gemeinsam, inwieweit eine Ergänzung für das Objekt förderlich ist. Zu den prominenten Stücken der Restaurierungskampagne – sie ist auf acht Jahre angelegt und läuft seit einem Jahr – gehört die Plastik „Madonna und Kind mit vier Cherubim“ (1440) von Donatello. Das Keramik-Relief des berühmten Florentiner Bildhauers war im Bunker geborsten. Die einstige Notsicherung drohte das Kunstwerk durch Korrosion zu sprengen. „Wir haben es röntgen lassen, um dann festzulegen, welches Risiko wir eingehen können, um die Fragmente zu lösen“, erklärt Chefrestaurator Paul Hofmann. „Müssen wir sie lösen? Hält der Kleber aus den Jahren 1957/58 noch? In Folge dieser Abwägung war klar: Es braucht eine stabilisie- rende Konstruktion auf der Rückseite, die wir heute natürlich aus Edelstahl angefertigt haben.“ Auf die Rekonstruktion entschied man sich zu verzichten. „Wir wollen die Intention des Künstlers respektieren, aber auch die Geschichte, d.h. die Spuren des Zweiten Weltkrieges zeigen“, führt Paul Hofmann weiter aus. „Wir wissen nicht, ob diese Fassung überhaupt renaissancezeitlich ist und sie damit überhaupt Donatello zugeordnet werden kann.“ Ein Meisterwerk der Renaissance ist das Relief allemal. In seinem heutigen Zustand wird es wohl 2019 in der Ausstellung „Mantegna und Bellini“ in der Berliner Gemäldegalerie zu bewundern sein.
Das Förderprogramm der Siemens-Stiftung hebt verschollene Schätze. „Die Werke, um die es sich handelt, sind Werke, die es in dieser Qualität nicht mehr auf dem Markt gibt, oder sehr selten“, betont Sammlungsleiter Julien Chapuis. „Die Restaurierung eigener Bestände ist daher genauso wichtig wie eine Neuerwerbung“, ergänzt Martin Hoernes, Generalsekretär der Siemens-Kunststiftung.
Lesen Sie mehr über die Restaurierung der brandgeschädigten Kunstwerke im Bode-Museum in der RESTAURO, die am 12. Juni 2018 erscheinen wird