12.03.2021

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Einzigartige Zeugnisse jüdischer Tradition

Nach Absprache mit der jüdischen Gemeinde Mainz werden die Grabsteine und ihre Inschriften nun wissenschaftlich untersucht. Foto: MWWK/ Piel

Nach Absprache mit der jüdischen Gemeinde Mainz werden die Grabsteine und ihre Inschriften nun wissenschaftlich untersucht. Foto: MWWK/ Piel

In Mainz wurden bei Bauarbeiten zwischen Altstadt und Rhein 18 jüdische Grabsteine als Füllmaterial in einer Mauer entdeckt. Die aus dem Mittelalter stammenden Grabdenkmäler werden jetzt wissenschaftlich untersucht

Nach Absprache mit der jüdischen Gemeinde Mainz werden die Grabsteine und ihre Inschriften nun wissenschaftlich untersucht. Foto: MWWK/ Piel
Nach Absprache mit der jüdischen Gemeinde Mainz werden die Grabsteine und ihre Inschriften nun wissenschaftlich untersucht. Foto: MWWK/ Piel

Wissenschaftliche Bearbeitung der Grabdenkmäler

Bei Bauarbeiten in der Mainzer Altstadt hat die Landesarchäologie Mainz 18 mittelalterliche jüdische Grabsteine freigelegt, die als Füllmaterial in einer Mauer verbaut vorgefunden wurden. Ursprünglich stammen die Grabsteine von dem Alten jüdischen Friedhof Mainz, der im 11. Jahrhundert angelegt wurde. Im Mittelalter bildete die jüdische Gemeinde der Stadt Mainz gemeinsam mit den Gemeinden Worms und Speyer ein europaweit einflussreiches Zentrum jüdischen Lebens. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert entwickelte sich am Rhein ein geistiges und kulturelles Zentrum des Judentums. Die sogenannten SchUM-Gemeinden, mit der Stadt Mainz als Muttergemeinde, wurden zu einem besonderen Bund und prägten Architektur, Kultur, Religion uns Rechtsprechung weit über die Region hinaus.

Nach Absprache mit der jüdischen Gemeinde Mainz werden die Grabsteine und ihre Inschriften nun wissenschaftlich untersucht. Dr. Marion Witteyer, Leiterin der Landesarchäologie Mainz, erklärt: „Die Grabung an der Rheinstraße ermöglicht uns erneut einen Blick auf das bedeutende historische Erbe der jüdischen Vergangenheit von Mainz. Zugleich ist es auch ein Zeugnis einer der dunklen Phasen der jüdischen Geschichte als hier und in vielen anderen Städten Deutschlands und Europas jüdische Gräber geschändet und Grabsteine als Baumaterial wiederverwendet wurden. Ob sich unter den neu gefundenen Mainzer Grabsteinen auch solche von bekannten Persönlichkeiten aus der SchUM-Zeit befinden, muss erst die Lesung der Inschriften ergeben. Sicher ist jedenfalls, dass die Grabsteine im 15. Jahrhundert, spätestens in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Rheinufermauer verbaut wurden. Möglicherweise waren die Pogrome von 1438 Anlass für die Zerstörung der Grabstätten.“

Jahrhundertealte Zeugnisse jüdischer Verwurzelung und Tradition

Im Jahr 1438 wurden die in Mainz lebenden Juden aus der Stadt ausgewiesen. Der Alte jüdische Friedhof wurde daraufhin geplündert und zweckentfremdet. Heute stehen etwa 180 wiedergefundene historische jüdische Grabsteine auf dem Denkmalfriedhof in Mainz. Um die nachträgliche Aufstellung zu kennzeichnen, verzichtete man bewusst auf die Ostung der Grabsteine. Ihre Aufstellung entlang eines serpentinenartig gewundenen Pfades folgte didaktischen Prinzipien und geschah zum Gedächtnis der Verstorbenen.

„Der 1926 eröffnete Denkmalfriedhof, auf dem zahlreiche im Zuge von Bauarbeiten wiederentdeckte mittelalterliche Grabsteine aufgestellt wurden gehört zu den einzigartigen Zeugnissen der drei SchUM-Gemeinden.“, so der rheinland-pfälzische Kulturminister Professor Konrad Wolf. „Die mittelalterlichen Grabsteine vom ‚Alten jüdischen Friedhof Mainz‘ waren nach 1438 in großer Zahl als Baumaterial zweckentfremdet worden. Das gilt auch für die jetzt wieder entdeckten Grabsteine. Sie sind jahrhundertealte Zeugnisse der jüdischen Verwurzelung und Tradition in Mainz. Es ist unsere Verpflichtung, das jüdische Erbe zu dokumentieren und zu bewahren.“

SchUM-Welterbeantrag

Die mittelalterlichen Grabsteine auf dem Denkmalfriedhof bezeugen überaus anschaulich die Entwicklung der jüdischen Kultur. Sie stammen aus dem 11. bis frühen 15. Jahrhundert. Der älteste, auf das Jahr 1049 datierte jüdische Grabstein Mitteleuropas befindet sich heute im Landesmuseum Mainz. Noch in diesem besonderen Jahr, in dem wir daran erinnert werden, dass Juden seit 1700 Jahren in Deutschland leben, entscheidet zudem die Unesco darüber, ob die SchUM-Gemeinden ins Welterbe aufgenommen werden.

„Als Teil des Alten jüdischen Friedhofs ‚Mainzer Judensand‘ ist der Denkmalfriedhof ein zentrales Monument im Rahmen des SchUM-Welterbeantrags auf Anerkennung durch die Unesco“, so Kulturminister Professor Konrad Wolf. Neben den Friedhöfen in Mainz und Worms gehören der Synagogenkomplex in Worms und der „Judenhof“ in Speyer mit Synagoge, Mikwe und Frauensynagoge zum Welterbe-Antrag.

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