12.07.2018

Museum

Eine Schlacht fürs Schlafzimmer

gen. Starnina (Detail). Foto: Lindenau-Museum Altenburg


Verschiedene Schäden wurden in der Vergangenheit nicht immer zum Vorteil des Bildes ausgebessert

Das Lindenau-Museum in Altenburg hat seine Cassone-Tafel von Gherardo Starnina restauriert und ein überaus interessantes Bulletin darüber veröffentlicht

 

Bernhard August von Lindenau (1779–1854) war ein bedeutender Astronom und sächsischer Staatsmann. Auch wenn seit 1935 ein Mondkrater seinen Namen trägt und die sächsische Verfassung von ihm formuliert wurde – bekannt ist vor allem seine letzte Lebensleistung. Lindenau trug eine große Kunstsammlung zusammen, die der Erziehung der Jugend, ihrer Ausbildung und Belehrung dienen sollte. Deshalb gab es in seiner Sammlung Gemäldekopien, Gipsabgüsse, eine kunstwissenschaftliche Bibliothek und frühitalienische Malerei. Der Altenburger Ruhm, eine der bedeutendsten und größten Sammlungen frühitalienischer Tafelgemälde des 13. bis 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen zu besitzen, gründet auf Werken von Fra Angelico, Fra Filippo Lippi, Masaccio, Pietro Perugino, Sandro Botticelli und vielen anderen.

Einem der weniger bekannten Gemälde des selten genannten Künstlers Gherardo Starnina widmet das Museum nun eine eigene, reich bebilderte Publikation. Sie richtet den Fokus auf Geschichte, kunsthistorische Einordnung und jüngst beendete Restaurierung der sogenannten Cassone-Tafel mit dem „Kampf orientalischer Reiter“, die in den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts entstand.

Lange wurde das umgearbeitete Schmuckgemäldes einer Brauttruhe (Cassone) einem Maestro del Bambino Vispo zugeordnet. Seit 1979 wird dieser Maler mit Gherardo Starnina, geboren 1360 in der Toskana, gestorben 1413 in Florenz, identifiziert. Starnina lebte und arbeitete nachweislich in Spanien, das er 1401, wahrscheinlich auf der Flucht vor der Pest, verließ. Kurz nach seiner Rückkehr entstand das Altenburger Truhengemälde.

Zu einem unbestimmten Zeitpunkt wurde das Gemälde von der Truhe abgenommen. Veränderungen folgten. Die Dicke der Holzplatte wurde durch Abhobeln reduziert, das Truhenschloss ausgebaut und die Fehlstelle geschlossen, Rahmen und Vergoldungen aufgebracht. Wann und wo, ist unbekannt. Fest steht allein, dass Bernhard von Lindenau die Tafel 1845 für seine Sammlung kaufte. Auch wenn sie Altenburg seitdem nicht mehr verlassen hat, ist ihre Geschichte damit nicht zu Ende, denn wie die umfassende Untersuchung und anschließende Restaurierung (gefördert vom Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder) zeigten, waren verschiedene Schäden nicht immer zum Vorteil des Bildes ausgebessert worden. Die Hauptaufgabe des Restaurators bestand darin, „Farbflächen zu ordnen, Bildebenen zu definieren und verloren gegangene Formen zu korrigieren“, so Gemälderestaurator Johannes Schaefer, der die verschiedenen Schritte der Restaurierung zusammen mit einem wissenschaftlichen Team immer wieder abgestimmt hat. So harmonierten die starkfarbigen Zwickelflächen nach der Restaurierung nicht mehr mit den Farben des Bildes. Deshalb wurde entschieden, diese Flächen, wie im ursprünglichen Zustand, wieder zu vergolden.

Die kluge Publikation glänzt in allen ihren Texten mit höchster Verständlichkeit, sodass das Heft jedem interessierten Leser empfohlen werden kann. Das ist nicht der Standard wissenschaftlichen Schreibens, doch er sollte es werden.

Lesetipp: Bulletin N°4, Frühe italienische Malerei im Lindenau-Museum Altenburg „Gherardo Starnina: Cassone-Tafel mit dem Kampf orientalischer Reiter“ Restaurierung und Forschung
18 Euro, erhältlich im Lindenau-Museum

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