14.12.2021

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Dunkles Rot für die italienischen Gemälde an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

Nach sieben Jahren umfangreicher Sanierung öffnete Ende Februar 2020 der Semperbau am Zwinger wieder seine Türen: Erstmals präsentieren die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) Werke ihrer weltberühmten Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800 im direkten Dialog. Foto: SKD Dresden

Nach sieben Jahren umfangreicher Sanierung öffnete Ende Februar 2020 der Semperbau am Zwinger wieder seine Türen: Erstmals präsentieren die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) Werke ihrer weltberühmten Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800 im direkten Dialog. Foto: SKD Dresden

Marlies Giebe ging 1984 als Restauratorin an die Gemäldegalerie Alte Meister an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und blieb dort für die nächsten 36 Jahre. RESTAURO sprach mit der einstigen Leiterin der Gemälderestaurierung 

Nach sieben Jahren umfangreicher Sanierung öffnete Ende Februar 2020 der Semperbau am Zwinger wieder seine Türen: Erstmals präsentieren die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) Werke ihrer weltberühmten Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800 im direkten Dialog. Foto: SKD Dresden

Umfangreiche Restaurierungen an den Dresdener Galerierahmen

Das Gespräch mit Marlies Giebe, von 2003 bis Juni 2020 Leiterin der Gemälderestaurierung der Gemäldegalerie Alte Meister und Galerie Neue Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und nun Rentnerin, beginnt mit einer Führung durch die sanierten und 2020 neu eröffneten Altmeistersäle im Dresdener Zwinger. Vorbei an der Sixtinischen Madonna, am frisch restaurierten Veronese-Zyklus erzählt Marlies Giebe von den letzten sieben Jahren, in denen die Galerie umgebaut und neu geordnet wurde. In dieser Zeit konnte vieles restauriert werden, es musste aber auch viel untersucht, gemessen und entschieden werden. Zum Beispiel, wohin die fragilen Bellottos kommen und wie das Museum als Tageslichtmuseum funktioniert. Obwohl es dabei um Details ging, war das entscheidende Kriterium die Harmonie. Denn um Pracht zu entfalten, müsse man Harmonie herstellen, sagt Marlies Giebe. Und ergänzt: „Wir fokussieren nicht auf Highlights, sondern unterstützen Bilder. Das gesteuerte Tageslicht überwiegt in den Hauptsälen. Die individuelle Zusatzbeleuchtung macht nur einen minimalen Prozentsatz der Gesamtlichtmenge aus und doch ist sie wesentlich, um die Ausgewogenheit zu erzeugen. Das schöne Resultat ist das Ergebnis eines großen Engagements vor allem des Direktors der Galerie Stephan Koja.“

Der Zusammenhang, in dem ein Bild hängt, sei bei der Entscheidung für die Restaurierungmaßnahmen an einzelnen Gemälden immer ein Thema gewesen. Dabei habe das Hauptaugenmerk Gemälden mit konservatorischen Problemen und stark gealterten Zuständen, die optisch nicht mehr tragbar waren, gegolten. Leicht vergilbte Firnisschichten allein waren für Marlies Giebe und ihr Team kein ausreichender Grund, ihn abzunehmen. Nur wenn die Überzüge notwendige konservatorische Eingriffe blockierten, alte Retuschen, Übermalungen und der Vergilbungsgrad die Lesbarkeit beeinträchtigten, habe sich das Team für eine Firnisabnahme entschieden. „Wir sind hier in Dresden einen Weg gegangen, der zeigt, dass Eingriffe am Bild nicht die einzige Möglichkeit sind, um seinen Zustand zu verbessern. Denn die Wirkung der Galerie setzt sich aus vielen kleinen Komponenten zusammen. Es hat mir viel Freude gemacht, daran mitzuwirken, dass der Gesamteindruck stimmt, ohne dass von allen Bildern die alten Firnisse abgenommen werden müssen“, sagt Marlies Giebe, die mit den neuen Wandfarben von Stephan Koja (ein dunkles Rot für die italienischen Gemälde, blau für die Franzosen und Spanier und grün für die Niederländer und Deutschen) sehr zufrieden ist. 

Einen großen Anteil an der Pracht der neu eingerichteten Säle haben die umfangreichen Restaurierungen an den Dresdener Galerierahmen. Die  einheitlichen, polimentvergoldeten Barockrahmen wurden durch August III. (1696–1763) im 18. Jahrhundert eingeführt. „Durch diese einheitliche Rahmung haben wir die Chance, die Bilder wieder eng zusammenzurücken. Mit verschiedenen Rahmen wäre eine so enge barocke Hängung nicht möglich“, sagt Marlies Giebe, die mit einigen sehr strahlenden, neu vergoldeten Rahmen nicht ganz glücklich ist, aber auf die natürliche Alterung setzt. 

Ein Architekturrahmen von Werner Murrer aus München für Raffaels „Sixtinische Madonna“ in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

Wir stehen jetzt vor Raffaels „Sixtinischer Madonna“ und Marlies Giebe verweist auf den Rahmen, der 2012, zum 500. Jubiläum der Bildentstehung, erneuert wurde. „Das Jubiläum forderte uns heraus, das Hauptwerk der Galerie in ein neues Licht zu rücken. Wir haben es getan, durch neue technologische Untersuchungen, eine veränderte Raumgestaltung und Beleuchtung und diese Neurahmung und Neuverglasung. Nach der Rückkehr aus der Sowjetunion 1956 bekam das Hauptwerk einen neuangefertigten Rahmen im Stil der Frührenaissance. Jetzt ist es wieder ein Architekturrahmen, der von Werner Murrer aus München als Kopie nach einem Rahmen von 1497 aus der Ghedini Kapelle in San Giovanni in Monte angefertigt wurde. Ich finde diese Lösung gut, weil der Tabernakelrahmen notwendig ist, um das Bild zu verstehen. Die Madonna tritt herein. Sie kommt dem Betrachter entgegen. Diesen Eindruck unterstützt der Rahmen. Auch der Vorhang und die beiden Engel bekommen mit dieser Rahmung wieder ihre räumliche Begründung.“

Die Wiener Restaurierungsschule war zu DRR-Zeiten in Dresden präsent und Teil der Lehre

Während wir durch die Galerie gehen und Marlies Giebe auf restaurierte und unrestaurierte Bilder und Rahmen weist, erzählt sie, wie eng die eigene Ausbildung mit der Entwicklung der Nachkriegsrestaurierung in Dresden verknüpft war. „Ich habe schon mein Vor-Praktikum in der Galerie Alte Meister gemacht und begann 1975 zu studieren. Der Studiengang Restaurierung war erst im Jahr zuvor in Dresden eingerichtet worden. Es war der einzige Diplomstudiengang für Restaurierung in der DDR. Ingo Sandner, als Gründungsdozent der Ausbildung, und sein Team hatten mit viel Engagement den Studiengang aufgebaut, Hans-Peter Schramm das naturwissenschaftliche Labor. Strahlendiagnostik war ein großes Thema. Viele externe Lehrkräfte, die Rang und Namen hatten als Restauratoren in Museen und der Denkmalpflege der DDR waren mit Blockunterricht eingebunden, wie Konrad Riemann, Johannes Voss, Karl-Heinz Weber, Ingo Timm, Roland Möller, Bernd Bünsche und andere, so daß wir unterschiedliche Berufsauffassungen kennen lernen konnten“, erzählt Marlies Giebe. Studienbegleitend seien sie viel gereist und lernten die gesamte Restauratorenausbildung im östlichen Europa – in Krakau, Leningrad, Moskau, Budapest, Prag – kennen. „Das war damals schon sehr exklusiv“, sagt Giebe. Außerdem habe es enge Beziehungen zu politisch neutraleren Ländern wie Dänemark und Österreich gegeben. „Die Wiener Restaurierungsschule war in Dresden präsent und Teil der Lehre. Ich erinnere mich an Gastvorlesungen von Hubert Dietrich, Gerald Kaspar und Franz Mairinger. Das alles hat mich geprägt.“ Nach dem Studium blieb sie noch drei Jahre als Assistentin an der Hochschule. Danach wechselte sie 1984 als Restauratorin an die Gemäldegalerie Alte Meister. Und blieb für die nächsten 36 Jahre.

Das vollständige Interview mit Marlies Giebe lesen Sie in der RESTAURO 4/2021

Tipp: Im Bestand des Albertinums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden konnte mit Hilfe kunsttechnologischer Untersuchungen die Authentizität eines Werkes von Carl Gustav Carus bestätigt werden. Erfahren Sie hier mehr

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