Nach fast einem Jahrhundert ist der Streit um den Hohenzollernschen Kunstbesitz beigelegt. Mit der Gründung einer gemeinsamen Stiftung sichern Bund, Berlin und Brandenburg zentrales Kulturgut für die Öffentlichkeit – und beenden eine der längsten Auseinandersetzungen deutscher Museumsgeschichte.

Der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg haben mit dem Haus Hohenzollern eine historische Einigung erzielt, die ein zentrales Kapitel der deutschen Kulturgeschichte abschließt. Die Übereinkunft beendet eine fast hundertjährige Vermögensauseinandersetzung und sichert bedeutendes Kulturgut dauerhaft für die öffentliche Hand. Im Zentrum steht die Gründung der gemeinnützigen „Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz“, unter deren Dach künftig zentrale Objekte der preußischen Geschichte verwaltet werden.
Stiftung schafft Rechtssicherheit
Durch die Überführung der vormals umstrittenen Objekte vor allem des ehemaligen Hohenzollernmuseums in eine neue Stiftung entsteht eine belastbare Eigentumsposition. Lange war zwischen der öffentlichen Hand (Länder Berlin und Brandenburg sowie Bund) und den Hohenzollern umstritten in wessen Eigentum sich das Kulturgut befindet. Die nun gefundene Lösung sichert die Kunstwerke nicht nur vor künftigen Rückforderungen, sondern bewahrt sie auch langfristig im öffentlichen Raum. Dazu zählen unter anderem das berühmte Bildnis des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg von Lucas Cranach d. Ä., barocke Elfenbeinmöbel des Großen Kurfürsten aus dem Besitz von Johann Moritz von Nassau-Siegen und ein kostbares Tafelservice aus dem Breslauer Stadtschloss Friedrichs II.
Der Vorstand der Stiftung wird von den Leitungen der drei betroffenen Einrichtungen – Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) sowie dem Deutschen Historischen Museum (DHM) – gebildet. Die öffentliche Hand erhält im Stiftungsrat eine Zweidrittelmehrheit, wodurch ihre Entscheidungsgewalt gesichert bleibt.
Gemeinsamer Geist der Verständigung
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer würdigte das Ergebnis als „gewaltigen Erfolg für den Kulturstandort Deutschland“. Besonders hob er die vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre hervor, die seit Oktober 2024 zwischen Georg Friedrich Prinz von Preußen und den beteiligten Institutionen herrschte. Bereits vor Beginn der Verhandlungen hatte das Haus Hohenzollern sämtliche laufenden Klagen zurückgezogen.
„Der große Gewinner ist die Öffentlichkeit“, betonte Weimer. Denn durch die Einigung blieben zentrale Zeugnisse der Kunst- und Sammlungsgeschichte Preußens dauerhaft zugänglich. Zugleich werde „ein dauerhafter Rechtsfrieden“ mit dem Haus Hohenzollern gestiftet.

Klarheit bei Besitzansprüchen
Die Vereinbarung regelt nicht nur die Eigentumsverhältnisse der prominenten Sammlungsstücke, sondern auch den Verbleib anderer Objekte. Zwei der sieben noch vorhandenen historischen Tabatieren, die, wie durch ein Gutachten ermittelt wurde, im Eigentum der Hohenzollern stehen, verbleiben als Dauerleihgaben in öffentlichen Museen. Die sogenannte „C-Liste“ mit weniger bedeutenden Objekten geht hingegen an das Haus Hohenzollern.
Besonders brisant war die sogenannte „19er Liste“, auf der sich Kulturgut von herausragender historischer Bedeutung befinden. Diese verbleiben eindeutig im Eigentum der öffentlichen Institutionen und werden nicht Teil der neuen Stiftung. Damit sind sämtliche Ansprüche des Hauses Hohenzollern gegenüber SPK, SPSG und DHM abschließend geregelt.
Gremien müssen noch zustimmen
Zwar hat der Stiftungsrat der SPSG der Vereinbarung bereits am 5. Mai 2025 zugestimmt, doch tritt die Einigung erst in Kraft, wenn auch die Aufsichtsgremien von SPK und DHM ihr Plazet geben. Diese Sitzungen stehen in den kommenden Wochen an. Kulturstaatsminister Weimer kündigte an, sich aktiv für eine zügige Umsetzung einzusetzen: „Ein Streit, der beide Seiten viel Zeit, Geld und Kraft gekostet hat, findet endlich ein Ende.“
Mit dieser Einigung bewahrt Deutschland nicht nur wertvolles Kulturgut, sondern bekräftigt auch seinen Anspruch, Verantwortung für sein kulturelles Erbe zu übernehmen – transparent, gemeinwohlorientiert und im Dienste der Öffentlichkeit.

Info: Die „19er Liste“
Was ist die „19er Liste“?
Die sogenannte „19er Liste“ enthält 19 Kunstwerke von herausragender historischer, künstlerischer und kulturpolitischer Bedeutung. Sie wurde im Rahmen der Verhandlungen zwischen der öffentlichen Hand und dem Haus Hohenzollern besonders intensiv diskutiert, da ihr Symbolwert weit über ihren materiellen Wert hinausgeht.
Bedeutung der Liste:
- Die Werke stehen exemplarisch für die Kunst- und Sammlungsgeschichte Preußens.
- Sie zählen zum kulturellen Gedächtnis der Bundesrepublik Deutschland.
- Eine Abgabe an das Haus Hohenzollern hätte breite öffentliche Debatten ausgelöst.
Beispiele (nicht vollständig veröffentlicht):
- Porträt Friedrichs des Großen (zugeschrieben Anton Graff)
- Gemälde aus dem Umfeld der Schule von Antoine Pesne
- Historienszenen zur preußischen Militärgeschichte
- Ausgewählte Preziosen der höfischen Wohnkultur
Einigungsergebnis:
Alle Objekte der „19er Liste“ verbleiben uneingeschränkt im Eigentum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und des Deutschen Historischen Museums. Sie sind nicht Teil der neuen Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz.
Der lange Weg zur Einigung
1918
Ende der Monarchie – das Haus Hohenzollern verliert seine Herrschaft, Besitzfragen bleiben ungeklärt.
1926
Erste Vermögensauseinandersetzung zwischen Haus Hohenzollern und dem Freistaat Preußen. Ergebnis: Das Haus verliert große Teile seines Eigentums, behält aber Besitzrechte und zieht sich mit Teilsummen zurück.
1950er–1990er
Mehrere Versuche, Eigentumsfragen neu zu regeln, scheitern oder bleiben ergebnislos.
2000er Jahre
Das Haus Hohenzollern erhebt erneut Forderungen auf Entschädigung, Herausgabe und Rückgabe von Kunstobjekten und Immobilien.
2014–2018
Zunehmend öffentlichkeitswirksame juristische und mediale Auseinandersetzungen. Erste systematische Zusammenstellungen von Objekten (z. B. „C-Liste“, „19er Liste“).
Oktober 2024
Beginn vertraulicher Gespräche zwischen der öffentlichen Hand und Georg Friedrich Prinz von Preußen. Das Haus Hohenzollern zieht alle laufenden Klagen zurück.
Mai 2025
Einigung zwischen Bund, Berlin, Brandenburg und dem Haus Hohenzollern:
→ Gründung der Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz
→ Rechtssicherheit für über 1.000 Kulturgüter
→ Verbleib zentraler Werke der „19er Liste“ bei der öffentlichen Hand
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