03.05.2016

Projekte

Cave – die Kunst der Digitalisierung

LRZ/BSB.
LRZ/BSB.


Frau Näckel, was verbirgt sich hinter dem Projekt „Cave“?

 

Studenten der Ludwig-Maximilians-Universität München haben im Wintersemester 2015/16 die Kammerkapelle im Neuen Schloss Schleißheim auf dem Konzept einer CAVE (Cave Audio Visual Environment) virtuell nachgebildet. Wir haben Madita Näckel, Studentin im Masterstudiengang Kunstgeschichte, zum Interview getroffen, um mehr über das Projekt zu erfahren.

 

Madita Näckel: Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Studiengänge „Kunstgeschichte“ und „Kunst und Multimedia“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ebenso wurde das Vorhaben von dem Projektleiter im Virtual Reality and Visualisation Centre des Leibniz-Rechenzentrum in Garching Dr. Christoph Anthes unterstützt. Die Aufgabe war, die Kammerkapelle im Neuen Schloss in Unterschleißheim virtuell umzusetzen. Nicht mit einer Art Kugelpanorama, sondern auf Basis der CAVE, einem Raum, den der Besucher physisch betreten kann. Dabei handelt es sich um eine fünfseitige Projektionsfläche, die mit zwei HD Stereo Projektoren arbeitet. Durch die Verwendung einer 3-D-Brille wird es ermöglicht, sich durch den abgebildeten Raum zu bewegen.

Wieso haben Sie gerade die Kammerkapelle im Neuen Schloss Schleißheim ausgewählt?

Das Besondere an der Kapelle sind die vielen Materialien, die man vorfindet: Paneele mit ornamentalen und floralen Scagliolaarbeiten, sowie die goldene Stuckdecke mit ihren sakralen Elementen. Eine weitere Besonderheit sind die verschiedenen Ebenen, die eine Rolle spielen. In dem Spiegelgewölbe befindet sich eine geöffnete Laterne, welche dem Besucher die Möglichkeit gibt, einen zweiten Raum zu erfahren. Schaut der Betrachter durch die Öffnung, kann er ein Wandgemälde (Anm. d. Red.: Dreifaltigkeit, Nikolaus Gottfried Stuber) sehen, was sich wiederum auf die Thematik der Kammerkapelle bezieht. Es geht also nicht nur um Materialität, sondern gleichzeitig auch um verschiedene Raumebenen.

Wie ist der Prozess der Digitalisierung abgelaufen?

Die Kunst und Multimedia-Gruppe modellierten den Raum anhand von Fotografien. Zusätzlich hat die Gruppe das 3DS Max Programm (Anm. d. Red.: Animation- und Modellierungssoftware von 3-D-Objekten) für die virtuelle Umsetzung der Kapelle verwendet. Mit dem Bildmaterial als Vorlage haben die Studenten von „Kunst und Multimedia“ dann versucht, den Raum, die Licht-Schatten-Wirkung sowie Materialoberflächen nachzustellen. In unserem Studiengang Kunstgeschichte waren wir hauptsächlich am Zusammentragen der kunsthistorischen Fakten beteiligt.

Und inwieweit fließen diese in die Erstellung so einer CAVE mit ein?

Um ein Gefühl für solch einen historischen Raum zu bekommen, ist es wichtig zu erfahren, wie beispielweise die verschiedenen Bauphasen des Neuen Schlosses ausgesehen haben und welche Funktion der Kapellenraum von Therese Kunigunde hatte. Gleichzeitig können auch barocke Bauweisen, wie zum Beispiel Zimmerfluchten, in solch einer virtuellen Welt berücksichtigt werden.

 

Wo sehen Sie Chancen beim Einsatz von CAVE-Räumen, vor allem im Bezug auf die Restaurierung?

Generell sehe ich Chancen beim Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen im Fach der Digital Humanities. Einerseits könnten CAVES sehr wichtig für die Vermittlung von Restaurierungswissen sein, um Informationen über ein Gemälde oder eine Skulptur bereitzustellen. Sie sind sozusagen als optisches Visualisierungsinstrument für Restauratoren einsetzbar, um die verschiedenen Schritte ihrer Restaurierungsprozesse festzuhalten. Auch im Bereich der Forschung könnte solch eine Projektionsinstallation eingesetzt werden, zum Beispiel in der Ausbildung an Universitäten. Vielleicht könnte man an einem virtuell abgebildeten Restaurierungsobjekt schon Arbeiten ausführen, ganz als ob man es plastisch vor sich sieht.

Es heißt, dass eine CAVE auch zur Rekonstruktion von zerstörtem Kunstwerken eingesetzt wird.

In der Archäologie ist das bereits anhand der Grabkammer zu Karaburun umgesetzt worden. Gerade für die Dokumentation ist es wichtig, dass man auch digitale Mittel zur Verfügung hat, um Kulturgut zu bewahren und zu erhalten.

Wie nah kommt die 3-D-Modellierung an die Realität ran? Ist die Nachbildung überhaupt mit dem Original vergleichbar?

Es ist schwer, die „Aura“ des Originals beizubehalten. Aber wenn man sich die in der CAVE abgebildeten illusionistischen Räumlichkeiten anschaut, dann erhält man einen recht naturalistischen Eindruck der wiedergegebenen Umgebung. Letztendlich bleibt eine Rekonstruktion natürlich immer nur eine Rekonstruktion.

 

Die CAVE kann ab 27. Juni 2016 im Leibnitz Rechenzentrum in Garching besichtigt werden. Wer sich bis dahin weiter mit dem Thema beschäftigen will, kann sich ein Kugelpanorama der Kammerkapelle auf der Webseite der Bayrischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen anschauen.

Lesen Sie hier mehr über die Digitalisierung von gefährdetem Kulturgut durch CyArk. 

 

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