05.07.2016

Museum

Bredekamps Neuerscheinung über Palmyra


Rekonstruktion statt Wiederaufbau

 

Es ist nur ein kleiner, aber sehr bedenkenswerter Text, den Horst Bredekamp jetzt im Verlag der Buchhandlung Walther König veröffentlicht hat.

Die Überlegungen des Berliner Kunsthistorikers unter dem Titel „Das Beispiel Palmyra“ sind zwar nicht mehr als ein verzweifelter Zwischenruf angesichts der Zerstörungen antiker Stätten, doch ein wichtiger. Gibt er doch zumindest ein wenig Hoffnung angesichts der kompletten Zerstörungen von Weltkulturerbe.

Bredekamp fordert in seinem Text: „Gegenüber den Zerstörungen des IS sollte die Kunst der Reproduktion triumphieren: nicht als Mittel eines enthistorisierten Wunderlandes, sondern als Manifest des Widerstandes gegenüber den Schergen mörderischer substitutiver Bildakte.“ Dass er damit viele Kritiker auf den Plan ruft, ist ihm seit längerem bewusst. Schon 2012 rief er auf dem Weltkongress der Kunstgeschichte in Nürnberg „zur Bildung einer Armee zum Schutz von Kulturgütern auf“ und erntete „neben mancher Anerkennung vor allem Abwehr, wenn nicht entsetztes Missfallen“, wie er schreibt. Doch Bredekamp leidet nicht nur, wie viele andere, unter den Zerstörungen, er sucht einen Weg, ihnen etwas entgegen zu setzen.

Die Erklärungen, dass es Bilderstürmer auch in anderen Kulturen und Religionen gab, hilft zwar überhaupt nicht weiter, schadet aber auch nicht und muss natürlich angesprochen werden. Bredekamp bleibt nicht bei der gern geübten Selbstkritik des Westens stehen, sondern nutzt sein historisches und kunsthistorisches Wissen, um Unterschiede zwischen mittelalterlichen und aktuellen Bilderstürmern zu zeigen und Schlussfolgerungen aus diesen Unterschieden zu ziehen. „Obgleich strikt bildkritisch, nutzt der IS alle technischen Möglichkeiten der Bilderzeugung und der Verbreitung in den Massenmedien, und hier vor allem im Internet“, schreibt Bredekamp. Und entlarvt wenig später auch die Vorstellung, dass es dem IS allein um religiös motivierte Bilderstürmerei geht. „Der IS betreibt eine florierende Hehlerei mit den antiken Werken, und seine Bilderstürme scheinen den einen Sinn zu haben, nicht etwa die Spiritualität einer bildlosen Religion zu realisieren, sondern Bilder zu erzeugen, die als visuelle Waffen einzusetzen sind.“

DesDas Beispiel Palmyra Horst Bredekamphalb plädiert Bredekamp im Fall von Palmyra für eine kämpferische Rekonstruktion, nicht für einen Wiederaufbau. Denn: „Jede Reproduktion lässt vielmehr ein eigenes Original entstehen.“ Ein solcher Vorschlag könnte durchaus die Grundlage einer weltweiten Diskussion der Denkmalschützer, Kunsttheoretiker, Ärchäologen und Politiker werden.

Horst Bredekamp „Das Beispiel Palmyra“ Verlag der Buchhandlung Walther König, 36 S., 6,80 Euro

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