06.08.2021

Museum Projekte

Biotopia: Ein Haus der Zukunft

In den kommenden Jahren entsteht Biotopia in München Nymphenburg. Visualisierung: Staab Architekten

In den kommenden Jahren entsteht Biotopia in München Nymphenburg. Visualisierung: Staab Architekten

Am 14. Juni 2021 wurde ein neues, äußerst ambitioniertes Museumsprojekt im Bereich der Naturwissenschaften in einer Online-Informationsveranstaltung präsentiert: Biotopia, Bayerns zukünftiges Naturkundemuseum

In den kommenden Jahren entsteht Biotopia in München Nymphenburg. Visualisierung: Staab Architekten
In den kommenden Jahren entsteht Biotopia in München Nymphenburg. Visualisierung: Staab Architekten

Biotopia in München Nymphenburg

Bei dem Online-Event wurde die aktuelle Entwurfsplanung für Biotopia vorgestellt. Moderiert von Ursula Heller vom Bayerischen Rundfunk skizzierten die eingeladenen Expert:innen ihre persönlichen, mit Biotopia verbundenen Vorstellungen und Hoffnungen. Angesprochen wurde das grundsätzliche Konzept, Fragen der Ausstellungsarchitektur sowie der Architektur des Gebäudes.

In den kommenden Jahren entsteht Biotopia in München Nymphenburg. Es erweitert das bestehende Museum Mensch und Natur und erfindet dieses quasi neu – als Museum des 21. Jahrhunderts und Zukunftsforum für Wissenschaftskommunikation. Nach einem Grußwort des bayerischen Wissenschaftsministers Bernd Sibler sprach die Vorsitzende des Förderkreises von Biotopia, Dr. Auguste von Bayern, über die Konzeption des neuartigen Museums, das die Biowissenschaften in den Fokus rücken und auch auf die wachsenden Umweltängste von Erwachsenen und Kindern eingehen soll.

„Wie vor 100 Jahren das Deutsche Museum die Menschen auf die Industrialisierung vorbereitet hatte, bereitet nun Biotopia auf die Veränderungen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vor“, erläuterte sie. In ihrem Beitrag griff sie aber auch Fragen und Ängste derjenigen Münchner:innen auf, die ihr altes Museum Mensch und Natur im Laufe der Jahre lieb gewonnen hatten.Was wird nun daraus, wenn das neue Museum kommt? Werden einzelne Inhalte modifiziert übernommen oder wird schlichtweg Tabula rasa gemacht?

Ursprüngliche Idee eines naturkundlichen Bildungszentrums

Anschließend referierte Dr. Michael Apel, der Leiter des Museums Mensch und Natur und stellvertretender Direktor von Biotopia die Umstände, die 1990 zur Eröffnung des Museums Mensch und Natur geführt hatten. Die Überlegungen reichten bis in die siebziger Jahre zurück, als erstmals Themen wie Umweltverschmutzung, Arten- und Waldsterben etc. relevant wurden und in Bayern das erste, von Dr. Alfons Goppel geleitete Umweltministerium Deutschlands gegründet wurde.

Man reagierte damals auf die zunehmenden Umweltängste in der Bevölkerung. Goppel wollte eigentlich ein naturkundliches Bildungszentrum bauen lassen, ein seit 1967 verfolgtes Projekt, das jedoch 1983 wegen Haushaltsengpässen eingestellt wurde. Der Plan des 120 Millionen DM teuren Museumsneubaus war gescheitert. 1984 ergab sich allerdings die Möglichkeit, im Nordflügel des Schlosses Nymphenburg das Museum Mensch und Natur einzurichten. Es wurde 1990 vom damaligen Bayerischen Ministerpräsident Max Streibl eröffnet.

Das Museum Mensch und Natur

Erstmals wurde hier die Endlichkeit der Ressourcen auf unserem Planeten thematisiert. Neu war auch die Idee, naturwissenschaftliche Inhalte spielerisch zu vermitteln, was allerdings vielfach zu der Annahme führte, das Haus sei ein reines Kindermuseum. Auf 2.500 Quadratmetern werden seitdem die Entstehung des Sonnensystems, die Geschichte der Erde und die Entwicklung des Lebens, aber auch die Anatomie und Biologie des Menschen, Ernährung und Umweltprobleme sowie das Verhältnis des Menschen zur Natur dargestellt.

Die Räumlichkeiten sind jedoch für die vielen Nutzungen viel zu klein und das Museum war ja von Anfang an als „Vorweginvestition für das eigentliche naturkundliche Bildungszentrum“ (Streibl) betrachtet worden. Es war also zunächst einmal ein „Dauerprovisorium“. Mit dem Umzug der Institute für Genetik und Mikrobiologie der Ludwig-Maximilians-Universität München vom benachbarten Gebäudekomplex nach Martinsried ergab sich die Chance, die lange geplante Erweiterung des Museums zu realisieren.

Biotopia: Ein Ort für Hoffnung und Optimismus

Der Gründungsdirektor von Biotopia, Prof. Dr. Michael John Gorman unterstrich die Bedeutung des Projektes: „Wir stehen vor riesigen Herausforderungen und brauchen dringend einen Ort für Hoffnung und Optimismus, der zukünftige Generationen inspiriert.“ Er verglich die gänzliche Umwandlung und Neukonzeption des Museums sehr anschaulich mit der Verwandlung einer Raupe in einen Schmetterling. Es gäbe Raum für Sonderausstellungen, die Werkstätten wären dann direkt vor Ort und Themen wie Klimawandel, Artensterben etc. können dann adäquat präsentiert werden.

Ziel sei es, ein modernes Naturkundemuseum zu schaffen und aufzuzeigen, „wie die Beziehung zwischen dem Menschen und den anderen Arten neu gestaltet“ werden könne. Der Standort biete mit dem Umfeld Schlosspark Nymphenburg und Botanischer Garten zudem Erlebnismöglichkeiten in der Natur in unmittelbarer Nähe. Auf diese Weise könne auch das ambitionierte Naturkundenetz Bayern, das von Eichstätt über Bayreuth bis Nördlingen und Bamberg reicht, weiter ausgebaut werden.

Ausstellungsflächen

Das Museum wird über 7.000 Quadratmeter Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche und über 1.000 Quadratmeter für Sonderausstellungen verfügen und vier Besucherlabore beinhalten. Während das „Bavarium“ eine Zeitreise durch die Naturgeschichte Bayerns ermöglichen soll, vermittelt die Hauptausstellung in den Kapiteln „Essen und Trinken“, „Schlafen“, „Wandern“, „Fortpflanzen“ etc. das „Leben in Aktion“.

Im Neuro-Labor dreht sich alles um neurowissenschaftliche Experimente und im Ess-Labor wird die Frage „Wie soll die Ernährung der Zukunft aussehen?“ untersucht. „Bruno der Problembär“ wir in einer Sektion zur Migration von Tieren zu sehen sein. Zwar käme Augmented reality und modernste Vermittlungstechnik zum Einsatz, man habe aber „nicht das Ziel, ein Museum mit lauter Touchscreens zu gestalten.“

In einer Videobotschaft unterstrich die international renommierte Primatologin Dr. Jane Goodall die Bedeutung von Biotopia bei dem weltweiten Ziel, die Beziehung von Mensch und uns umgebender Natur zu verbessern. Auch der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch sprach sich in seiner Video-Botschaft für das Biotopia-Projekt aus und bot seine tatkräftige Unterstützung an.

Das neue Museumsgebäude Biotopia

Zum Schluss erläuterte der Architekt, Prof. Volker Staab, sein Gebäude. Staab gewann 2014 den Architekturwettbewerb für Biotopia. Er hat bereits mehrere Museen in Bayern entworfen (Richard-Wagner-Museum in Bayreuth, Neues Museum Nürnberg). Die Arbeiten sollen von 2023 bis 2028 dauern. Aufgrund der großen Nähe zum Schloss Nymphenburg äußerten Teile der Bevölkerung jedoch Bedenken. Sie sahen die einheitliche Wirkung des Barockschlosses gefährdet.

Staab entschied sich wegen der Schadstoffbelastung des früheren Gebäudes in Absprache mit dem Landesdenkmalamt für einen Neubau in den alten Proportionen und in harmonischer Einfügung in die einst von Joseph Effner konzipierte Gesamtanlage. Seine beim Wettbewerb eingereichten Pläne wurden jüngst noch einmal deutlich überarbeitet, um jegliche Kritik, der Neubau würde den Charakter des Schlossensembles gefährden, zu entkräften.

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