Im Juni 2025 bietet das Kölner Auktionshaus Van Ham einen besonderen Einblick in das Sammlungswesen deutscher Unternehmen. Im Mittelpunkt steht die bedeutende Kunstsammlung der Bayer AG, flankiert von hochkarätigen Werken aus weiteren Corporate Collections. Mit einem geschätzten Gesamtvolumen von über 4,5 Millionen Euro zählt die Versteigerung der Bayer Collection zu den Höhepunkten des Auktionsjahres.

Ein Panorama der Zeitgenössischen Kunst
Am 3. Juni eröffnet Van Ham mit einem Evening Sale, der 95 Hauptwerke der Bayer Collection umfasst. Werke von Max Beckmann, Ernst Wilhelm Nay, Henry Moore und Andy Warhol markieren das Spektrum zwischen Expressionismus und Pop Art. Der Rest der rund 800 Lose gelangt über eine Online Only-Auktion zwischen dem 28. Mai und 9. Juni zum Aufruf.
Die Sammlung spiegelt zentrale Strömungen des 20. Jahrhunderts wider: deutscher Expressionismus, Klassische Moderne, École de Paris, Informel, amerikanischer abstrakter Expressionismus und aktuelle Gegenwartskunst. Zwei herausragende Werke von Andy Warhol – ein Bildnis nach Lucas Cranach d. Ä. (Taxe: 600.00 – 1.000.000 Euro) sowie ein Porträt von Nastassja Kinski, taxiert auf 300.000 bis 500.000 Euro – stammen aus einem Ausstellungsprojekt. Die Bayer AG beauftragte Warhol mit der Schaffung dieser zwei Frauenportraits, die für die Schau „Hommage aux femmes“, die 1985 stattfand. Insgesamt waren 32 internationale und renommierte Künstler beauftragt worden Werke für die Ausstellung zu gestalten. Warhol fungierte als Leitkünstler der Schau, die im Rahmen eines Berliner Kongresses entstand. Neben diesen beiden Frauenportraits kommt auch eine Darstellung eines Wahrzeichen Hamburgs – der Hamburger Michel – zum Aufruf. Das Werk, das aus einer norddeutschen Privatsammlung stammte, wird auf 180.000 bis 240.000 Euro taxiert werden.
Max Beckmanns „Orchideen – Stillleben mit grüner Schale“ (Taxe: 400.000 – 600.000), 1943 im Exil in Amsterdam entstanden, zeugt von der Würde und Würdigung alltäglicher Dinge und der gestalterischen Freiheit trotz widriger Umstände. Das Werk wurde von Beckmann mit „Beckmann A 43“ signiert, wobei das „A“ für den Entstehungsort Amsterdam steht. In seinem Tagebuch hielt Beckmann seine Arbeit an dem Stillleben fest. Im Eintrag für den 1. Februar 1943 ist zu lesen: „Noch an den 2 Frauen in grün und gelb gearbeitet. Ein Stillleben Entwurf Orchideen mit grüner Schale.“
Ernst Wilhelm Nay gelang es nach 1945 sich in der internationalen Moderne zu etablieren und diese mitzubestimmen. Seine Arbeiten vor dem Zweiten Weltkrieg waren gegenständlich, nach dem Krieg veränderten sie sich grundlegend. Nach der verstörenden NS-Herrschaft – seine Werke wurden in der Ausstellung „Entarte Kunst“ gezeigt, er verfemt und 1939 eingezogen – war für ihn nur noch ein abstrakter Ansatz in der Kunst möglich. Sein Gemälde „Rot im Zentrum“, eines seiner ikonischen Scheibenbilder von 1955, belegt die autonome Kraft der Farbe als formgebendes Element. Es ist auf 400.000 bis 600.000 Euro taxiert. Henry Moores „Three Part Object“ (150.000 – 250.000) von 1960 steht für die Synthese von organischen und geometrischen Formen, inspiriert von afrikanischer Plastik und dem Surrealismus. Moore ist einer der bedeutendsten Bilhauer des 20. Jahrhunderts. Martin Kippenbergers ironisches Gemälde „4. Preis“ (1987) persifliert schließlich den Kult um den künstlerischen Erfolg. Das Werk, dass die Bayer AG ebenfalls in die Auktion gibt, wird von Van Ham auf 100.000 bis 150.000 Euro taxiert.


Weitere Höhepunkte im Kontext der Auktion „Modern | Post War | Contemporary“
Am 4. und 5. Juni folgen Werke aus weiteren Unternehmens- und Privatsammlungen. Die gesenkte Mehrwertsteuer auf Kunst hat den Markt zusätzlich belebt, wie Van Ham mitteilt. Unter den Angeboten befinden sich drei charakteristische Werke von Peter Doig aus der Sammlung der Bremer Landesbank – darunter „Study For Camp Forestia II“ (Taxe: 300.000 – 500.000 Euro), das Doigs geheimnisvolle Malweise exemplarisch zeigt.
Max Ernsts „Clairière“ von 1958 präsentiert seine experimentelle Grattage-Technik, während Alexej von Jawlenskys „Blumenstillleben mit zwei Vasen“ aus dem Spätwerk stammt und einst zur Sammlung von Hanna Bekker vom Rath gehörte. Die Arbeit schätz Van Ham auf 150.000 bis 200.000 Euro. Willi Baumeisters „Monturi, Diskus (mit Segmenten)“ von 1954, international ausgestellt, kommt nun erstmals auf den Markt und das Auktionshaus schätz es auf 350.000 bis 500.000 Euro.
Eine frühe Bronze von Fernando Botero – seine monumentale „Hand“ (Taxe: 100.000 – 150.000 Euro) von 1976 – belegt den Rückgriff auf antike Vorbilder, kombiniert mit seiner charakteristischen Formensprache. Andy Warhols „Hamburger Michel“, ein selten gezeigtes Werk aus der Serie „German Monuments“, unterstreicht seine architekturbezogenen Experimente.
Günther Ueckers „Spirale“, taxiert auf 300.000 bis 400.000 Euro ist ein typisches Nagelrelief und steht exemplarisch für die expressive Reduktion der ZERO-Bewegung. Dora Maurers großformatiges Diptychon „Quasi-Picture and its mirroring“ überzeugt mit konzeptueller Tiefe und kräftiger Farbigkeit. Das Werk setzt sich aus 4 Teilen zusammen und überzeigt mit der typischen Bildsprache der ungarischen Künstlerin. Van Ham taxiert die Arbeit auf 250.000 bis 350.000 Euro). Karin Kneffel ist bekannt für ihre hyperrealitischen Arbeiten. Van Ham bietet ihr Gemälde „Kirschen VII“ für 60.000 bis 80.000 Euro an. Das Gemälde spielt mit Maßstab und Illusion und erweitert den Hyperrealismus um surreale Elemente. Katharina Grosses farbintensive Arbeit bricht mit konventionellen Bildräumen und entfaltet eine eigendynamische Wirkung. Die marktfrische Arbeit wurde 2008 von einer Privatsammlung in der Galerie Conrads erworben und kommt nun bei Van Ham für 50.000 bis 70.000 Euro zum Aufruf.

Kunst für alle: Verkaufsausstellung in Leverkusen
Parallel zur Auktion veranstaltet die Bayer AG vom 10. bis 20. Juni im Erholungshaus Leverkusen die Ausstellung „Kunst für alle“. Rund 2.000 Werke aus dem Bestand der Bayer Artothek – von Grafiken des 19. Jahrhunderts bis zu zeitgenössischer Skulptur – stehen zum Verkauf. Mit dem Eintritt erhalten Besucher ein Kunstwerk, weitere können käuflich erworben werden. Der Erlös geht an das Leverkusener Hospizzentrum PalliLev.
Mit der Bayer Collection und der begleitenden Auktion „Modern | Post War | Contemporary“ gelingt Van Ham ein eindrucksvoller Brückenschlag zwischen kunsthistorischer Tiefe, unternehmerischem Sammelgeist und öffentlichem Engagement. Die Versteigerungen im Juni 2025 bieten ein konzentriertes Panorama der Moderne – von der Avantgarde der 1920er bis zur Gegenwartskunst des 21. Jahrhunderts. Vom 30. Mai bis zum 2. Juni können die Arbeiten bei Van Ham besichtigt werden, bevor sie am 3. und 4. Juni zum Aufruf kommen.
Bilder: © Van Ham
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