13.10.2025

Branchen-News

8. Europäische Tag der Restaurierung

Das Goggomobil aus dem Kölnischen Stadtmuseum ist das offizielle Plakatmotiv des 8. Europäischen Tags der Restaurierung 2025 – es steht exemplarisch für das diesjährige Motto „Wir erhalten, was uns bewegt“. Foto: Philip Mandrys, Gestaltung: serviervorschlag.de, Fritjof Wild
Das Goggomobil aus dem Kölnischen Stadtmuseum ist das offizielle Plakatmotiv des 8. Europäischen Tags der Restaurierung 2025 – es steht exemplarisch für das diesjährige Motto „Wir erhalten, was uns bewegt“. Foto: Philip Mandrys, Gestaltung: serviervorschlag.de, Fritjof Wild

Kulturerbe zum Anfassen, Einblicke hinter die Kulissen und Menschen, die mit Hingabe Geschichte bewahren – das bietet der Tag der Restaurierung am 19. Oktober 2025. Unter dem Motto „Wir erhalten, was uns bewegt“ öffnen Restauratorinnen und Restauratoren in ganz Europa ihre Werkstätten, Ateliers und Museen. Besucherinnen und Besucher können live erleben, wie faszinierend und vielfältig die Arbeit am kulturellen Erbe ist – und warum sie uns alle etwas angeht.


Wenn Geschichte lebendig bleibt

Es sind Objekte, die Geschichten erzählen: Gemälde, Möbel, Fotografien, Skulpturen oder ganze Maschinen. Sie alle tragen Spuren der Zeit – und damit Zeugnisse von Menschen, Ideen und Epochen. Doch was wäre, wenn diese Zeugnisse verblassen? Wenn Farben bröckeln, Stoffe zerfallen, Holz reißt? Hier kommen Restauratorinnen und Restauratoren ins Spiel. Ihr Beruf verbindet Handwerk, Wissenschaft und Leidenschaft. Sie sorgen dafür, dass unsere Vergangenheit sichtbar und erfahrbar bleibt. Beim Tag der Restaurierung erhalten Interessierte in über 50 Städten deutschlandweit einen seltenen Einblick in diese anspruchsvolle Arbeit. Rund 135 Veranstaltungen zeigen, wie Restaurator:innen Kunstwerke und Alltagsobjekte mit modernsten Methoden und jahrhundertealten Techniken erhalten. Das Programm reicht von offenen Werkstätten über Führungen in Museen bis hin zu digitalen Formaten – ideal für alle, die neugierig auf das „Wie“ und „Warum“ der Restaurierung sind.


Zwischen Wissenschaft und Gefühl

Restaurieren bedeutet mehr als bloßes Reparieren. Es ist ein präziser Balanceakt zwischen Bewahren und Verstehen. Jedes Objekt verlangt eine individuelle Herangehensweise. Bevor ein Pinselstrich gesetzt oder ein Material ergänzt wird, steht die Analyse: Welche Substanzen wurden verwendet? Welche Schäden liegen vor? Welche Maßnahmen sind notwendig, um das Original zu schützen, ohne seine Geschichte zu verfälschen? Diese Fragen zeigen, dass Restaurator:innen nicht nur handwerklich geschickt, sondern auch wissenschaftlich geschult sind. Viele haben ein Studium der Konservierung und Restaurierung absolviert – ein interdisziplinäres Feld, das Kunstgeschichte, Chemie, Physik und Materialkunde verbindet. Ihre Arbeit findet oft unsichtbar statt, hinter Museumsmauern oder in spezialisierten Werkstätten. Der Tag der Restaurierung bietet die seltene Gelegenheit, ihnen bei dieser Tätigkeit über die Schulter zu schauen und ihre Faszination für das Bewahren zu teilen.

Feingefühl trifft Forschung – in der Staatsbibliothek zu Berlin wird eine mittelalterliche Handschrift auf ihren Erhaltungszustand untersucht. Foto: © Stabi Berlin, Hagen Immel
Feingefühl trifft Forschung – in der Staatsbibliothek zu Berlin wird eine mittelalterliche Handschrift auf ihren Erhaltungszustand untersucht. Foto: © Stabi Berlin, Hagen Immel

Kulturgut als Spiegel der Gesellschaft

Ob Kirchenfenster, Textilien oder Industrieanlagen – jedes Objekt erzählt etwas über die Menschen, die es geschaffen und genutzt haben. Kulturgut ist Spiegel seiner Zeit, ein Stück Identität. Es zeigt, wie Gesellschaften funktionieren, welche Werte sie schätzen und wie sie sich verändern. Besonders spannend wird es, wenn Alltagsgegenstände in den Fokus rücken: alte Rechenmaschinen, Filmrollen oder Autos der Nachkriegszeit. Sie machen Geschichte greifbar und wecken persönliche Erinnerungen. Das diesjährige Motto „Wir erhalten, was uns bewegt“ spiegelt genau das wider. Es beschreibt die emotionale Dimension der Restaurierung. Denn die Arbeit der Restaurator:innen geht über technische Präzision hinaus – sie bewahrt Geschichten, die Menschen berühren. Beim Tag der Restaurierung kann man erleben, wie eng Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbunden sind und warum Kulturerbe mehr ist als nur schöne Objekte in Vitrinen.

Ob Lichtkunst, Klangkunst oder kinetische Kunst – viele Werke der Gegenwartskunst brauchen Strom, damit sie leuchten, tönen oder sich bewegen. Doch gerade diese „Kunst mit Stecker“ stellt Restaurator:innen vor besondere Herausforderungen. Foto: Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe
Ob Lichtkunst, Klangkunst oder kinetische Kunst – viele Werke der Gegenwartskunst brauchen Strom, damit sie leuchten, tönen oder sich bewegen. Doch gerade diese „Kunst mit Stecker“ stellt Restaurator:innen vor besondere Herausforderungen. Foto: Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe

Europaweit verbunden durch das Bewahren

Der Tag der Restaurierung ist Teil der European Days of Conservation-Restoration, einer europaweiten Initiative, die das Bewusstsein für die Bedeutung der Restaurierung stärken will. Bereits ab dem 13. Oktober 2025 startet eine Social-Media-Woche, in der Restaurator:innen aus ganz Europa Einblicke in ihre Projekte geben. Unter Hashtags wie #TagderRestaurierung oder #ECCO_EDCR teilen sie Fotos, Videos und Geschichten, die zeigen, wie vielseitig ihr Beruf ist. Diese europäische Dimension verdeutlicht: Kulturerbe kennt keine Grenzen. Techniken, Materialien und Stilrichtungen haben sich seit Jahrhunderten über Länder hinweg entwickelt und gegenseitig beeinflusst. Restaurator:innen arbeiten daher nicht nur national, sondern international vernetzt. Sie tauschen Wissen aus, entwickeln gemeinsame Standards und sichern gemeinsam das Erbe, das Europa verbindet.


Restaurator:in – ein Beruf mit Verantwortung

Wer Restaurator:in wird, entscheidet sich für einen Beruf voller Verantwortung und Leidenschaft. Es geht darum, kulturelle Werte zu schützen und zukünftigen Generationen zugänglich zu machen. Die Ausbildung ist anspruchsvoll – sie kombiniert naturwissenschaftliches Know-how mit künstlerischem Feingefühl. Restaurator:innen müssen Materialien verstehen, historische Techniken beherrschen und ethische Entscheidungen treffen: Wie viel Eingriff ist erlaubt? Wann ist weniger mehr? Gerade in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung immer wichtiger werden, gewinnt dieser Beruf zusätzlich an Bedeutung. Restaurierung ist per se nachhaltig – sie erhält, statt zu ersetzen. Sie schützt, was bereits da ist, und macht sichtbar, dass Bewahren und Fortschritt keine Gegensätze sind. Beim Tag der Restaurierung wird deutlich, wie sehr diese Arbeit Zukunft gestaltet, indem sie Vergangenheit lebendig hält.


Erleben, staunen, verstehen

Ob beim Blick in eine Werkstatt, beim Gespräch mit Expert:innen oder beim Mitmach-Workshop: Der Aktionstag lädt dazu ein, die Kunst der Restaurierung hautnah zu erleben. Viele Museen öffnen ihre Depots, Universitäten zeigen aktuelle Forschungsprojekte, und Restaurator:innen erklären, wie sie an beschädigten Gemälden, Textilien oder archäologischen Funden arbeiten. So wird aus dem abstrakten Begriff „Konservierung“ eine greifbare, spannende Erfahrung. Das vielfältige Programm ist online zu finden – inklusive interaktiver Karte und digitaler Angebote für alle, die nicht vor Ort sein können. Egal ob Kulturfan, Schüler:in, Studierende:r oder einfach Neugierige:r – der Tag der Restaurierung bietet Inspiration und neue Perspektiven auf das, was uns bewegt.


Bewahren, was verbindet

Am Ende ist Restaurierung mehr als eine handwerkliche oder wissenschaftliche Tätigkeit – sie ist ein kultureller Auftrag. Sie schützt das, was uns als Gesellschaft ausmacht: Erinnerungen, Werte, Identität. Wer am 19. Oktober 2025 den Tag der Restaurierung besucht, erlebt, wie Geschichte weiterlebt – nicht im Stillstand, sondern in lebendiger Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

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