02.03.2015

Projekte

Raubkunst – Tagung

11./12.12.2014 Berlin

 

Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel.

Internationale Tagung des Deutschen Archäologischen Instituts und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz am 11. und 12. Dezember 2014 im Auswärtigen Amt in Berlin

Interview mit Frau Professor Dr. Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts

Logo der Tagung "Kulturgut in Gefahr. Raubgrabungen und illegaler Handel", 11./12.12.2014 Berlin, Foto: PK, Gestaltung Zimmermann Editorial
Tagung "Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel", 11./12.12.2014 Berlin; Abschlusspodium, Foto: SPK / Torben Geeck
Raubgrabungslöcher in Isin, Foto: DAI van Ess, UNESCO
Raubgrabungslöcher in Isin, Foto: DAI van Ess, UNESCO

Im Fokus der Tagung standen die Verantwortlichkeiten der Geisteswissenschaften, der Archäologie, der Grabungstechnik, aber auch des Handels. Wo sehen Sie die Verantwortlichkeiten der Restauratoren, die ja auch „wertschöpfend“ an Objekten arbeiten?

Fless: Die Rolle der Restauratoren wurde auf der Tagung auch thematisiert. Ziel war es ja Mittel und Wege zu diskutieren, den illegalen Handel mit archäologischen Objekten und die vorausgehenden Raubgrabungen und Zerstörungen einzudämmen,. Restauratoren spielen unter anderem dann eine große Rolle, wenn es um die Identifizierung von Objekten geht, z.B. wenn sie angeblich aus Altsammlungen kommen, oder auch um die Identifizierung von Fälschungen. Die Restaurierungspraxis hat sich im Lauf der Geschichte verändert, und eine im 18. Jahrhundert mit Säure gereinigte Skulptur ist heute sofort erkennbar. Genauso wie eine originale Patina, die oftmals dafür spricht, dass das Objekt erst später auf den Markt gekommen ist.

Ein weiterer Aspekt der Verantwortung, auch für Restauratoren, liegt in der Notwendigkeit zu „Awareness Raising“, zur Bewusstseinsbildung. So befasste sich ein Vortrag der Tagung mit der Arbeit jener Restauratoren, die für bestimmte italienische Netzwerke des illegalen Handels im großen Umfang Objekte für den Kunstmarkt vorbereitet haben. Diese zwei Aspekte gelten für Restauratoren wie auch für Archäologen und andere Experten: Wir müssen daran mitarbeiten, dass die Objekte identifizierbar werden. Und unsere Verantwortung liegt auch darin, in dem komplexen Feld der Raubgrabungen und des illegalen Handelns nicht Mitwirkende zu werden.

Bei Museumsobjekten ist eine gesicherte Provenienz zumindest anzunehmen. Der von einem Händler oder einem Sammler beauftragte freie Restaurator müsste sich dagegen schon fragen, welche Gutachten, Zolldeklarationen oder sonstige Provenienz-beigaben er benötigt, bevor er ein ihm angebotenes Objekt restaurieren darf.

Fless: Also ich wäre mir nicht so sicher, dass in jedem Museum der Welt die Restauratoren und Konservatoren immer davon ausgehen können, dass alle Objekte aus legalen Kontexten stammen. Denn die Objekte, von denen ich eben sprach, sind vor allem in den 1980er Jahren im Kontext spezifischer Handelsnetzwerke restauriert und auf den Markt gebracht worden und gingen dann auch an Museen, z.B. in Amerika. Viele dieser Objekte mussten dann aufgrund der Ermittlungsarbeit einer Spezialeinheit der italienischen Carabinieri zurückgegeben werden. Diese Fälle sind gut dokumentiert und auch publiziert. Also, ganz so eindeutig ist die Sache für die Restauratoren in Museen nicht unbedingt.

Ich denke, für einen freien Restaurator, der ja auch davon lebt, dass ihm Objekte zur Restaurierung angeboten werden, ist es noch sehr viel schwieriger und die Frage nach seiner Verantwortung konnte auf der Tagung nicht abschließend diskutiert werden. Es gibt eindeutige und hoch problematische Fälle, in denen z.B. aus Fragmenten verschiedener griechischer Vasen eine neue kompiliert wird, damit ein höherer Marktwert erzielt wird, eine Praxis, die man bis weit ins 19. Jh. zurückverfolgen kann. Zumeist ist die Situation jedoch weniger schwarz und weiß. Ein frei arbeitender Restaurator befindet sich da in einer schwierigen und besonders verantwortungsvollen Position. Er bekommt die Aufträge zur Restaurierung und muss davon ausgehen, dass das archäologische Objekt, das er restaurieren soll, legal vom Eigentümer erworben wurde. Hier sind die Probleme für alle gleich. Für die Käufer ist es schwierig, die legale oder illegale Herkunft der Objekte einzuschätzen und noch schwieriger ist es für den Restaurator, dessen Aufgabe es vor allem ist, die Objekte zu erhalten.

Was wäre eine Lösung in dieser komplizierten Situation?

 Fless: Die Schwierigkeit liegt meines Erachtens vor allem darin, dass es im Moment keine wirklich funktionalen gesetzlichen Regelungen zu dieser Thematik gibt, die einen eindeutigen Herkunftsnachweis fordern und regeln. Wenn es nach den Wünschen der Archäologen ginge, dann müssten archäologische Objekte eine Art Fahrzeugbrief erhalten, der eine eindeutige Identifizierung ermöglicht. Sie können sich das so ähnlich wie bei Zootieren vorstellen, die alle einen Chip haben, der sie eindeutig identifizierbar macht und z.B. die Herkunft aus einem bestimmten Zoo und damit auch die Abstammung belegt. So ähnlich wir uns das auch für antike Objekte wünschen. Es ist uns ein Anliegen, dass hier Rechtssicherheit und -klarheit für alle Beteiligten geschaffen wird. Denn auch der legale Kunsthandel leidet unter der Existenz des illegalen Marktes, je mehr der Eindruck aufkommt, dass Objekte aus den nachweislich ja in riesigem Umfang stattfindenden Raubgrabungen illegal verhandelt werden.

Das ist leider noch Zukunftsmusik. Doch darüber hinaus ist das Deutsche Archäologische Institut sehr aktiv, um das Bewusstsein für die materielle Geschichte, das kulturelle Erbe, auch vor Ort zu stärken. Können Sie uns ein Beispiel nennen?

 Fless: Das Deutsche Archäologische Institut ist weltweit tätig. Wir engagieren uns, vor Ort Kapazitäten aufzubauen. Zum Beispiel haben wir mit der Fachhochschule Köln ein gemeinsames Restaurierungsprogramm in Kambodscha ins Leben gerufen: Die „German Cambodian Restauration School“ erarbeitet und vermittelt vor Ort die Basics der Restaurierungsarbeit. An solchen Vorhaben arbeiten neben universitären Lehrkräften auch freie Restauratoren mit und helfen den Kulturgüterschutz vor Ort zu implementieren.

Welche Qualifikation zeichnet den Restaurator im Umgang mit historischen Objekten aus? Wo sehen Sie Chancen und Notwendigkeiten für einen Wissenstransfer oder einer Zusammenarbeit in Hinblick auf den Umgang mit antiken Objekten?

 Fless: Es gehört ja zum Handwerk eines jeden Restaurators, die Objektgeschichte zu rekonstruieren. Er braucht Hinweise darüber, was mit dem Objekt früher geschah, wann es erworben wurde usw. Hier besteht ein riesiges Know How und hier kann die Zusammenarbeit mit den Archäologen Geschichte aufklären. In der heutigen Abschlussdiskussion hat der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, verdeutlicht, dass auch auf der Seite der Polizei, der Ermittlungsbehörden, des Zolls und der Staatsanwaltschaft eine intensivierte Ausbildung benötigt wird. In all diesen Berufssparten, die direkt mit archäologischen Objekten zu tun haben, sehe ich die Notwendigkeit zur Weiterbildung, zur Bewusstseinsbildung und des stetigen Austausches.

 

Das Interview führte Dipl.-Rest. Heike Schlasse.

Das Thema „Raubkunst” behandeln wir ausführlich in der RESTAURO 2/2015.

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