18.03.2019

Branchen-News Projekte

Großzügige Schenkung

Das Haus Bastian an der Museumsinsel Berlin wurde der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben. Ab Sommer werden dort zukunftsweisende Bildungskonzepte der Staatlichen Museen zu Berlin entwickelt und erprobt

Aeneas Bastian, Kunstsalon Bastian Berlin-Dahlem
Kunstsalon Bastian, Berlin-Dahlem
Haus Bastian der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Foto: Joana Pratschke
Haus Bastian der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Foto Joana Pratschke
»Selinunt X« 2018 © Ulrich Erben, Courtesy BASTIAN Berlin
BASTIAN, London

Die Berliner Sammlerfamilie Bastian hat ihr Chipperfield-Haus an die Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben

Berlin, seine Sammler und seine Künstler. Das war immer schon eine wechselvolle Geschichte. Während in Berlins Mitte der Kunstbetrieb an seine Grenzen stößt, zieht sich mit Aeneas Bastian einer der international renommiertesten Galeristen von dort zurück – in zwei Richtungen: Zum einen in die Intimität eines Kunstsalons in Berlin-Dahlem, zum anderen in ein Epizentrum des globalen Kunstmarktes, nach London

Aeneas Bastian ist des „Kunsttourismus‘“ schon seit längerem überdrüssig. Das wurde ihm klar, als sich auf einer Vernissage mit Werken von Anselm Kiefer mehr als tausend Besucher in seinem Galeriehaus drängelten. Also entschied er, Berlin-Mitte den Rücken zu kehren. Sein Vater Heiner Bastian hatte die Galerie, die unter anderem Künstler wieJoseph Beuys, Robert Rauschenberg und Cy Twomblyvertritt, vor 30 Jahren gegründet, später gemeinsam mit seiner mit Ehefrau Céline geführt und 2016 seinem Sohn Aeneas übertragen. „Mich interessieren konzentrierte Momente, in denen ich in Ruhe ein Werk betrachten kann“, erklärt Aeneas Bastian seinen radikalen Schritt. Momente des Innehaltens in der Kunstbetrachtung seien im Zentrum der Hauptstadt schwierig geworden. Deshalb, so Bastian, habe er sich für ein intimes Format entschieden, das in Berlin eine lange Tradition besitzt: den Kunstsalon. Seit dem Dezember vergangenen Jahres empfängt Bastian seine Besucher in einem privaten Showroom im gutbürgerlichen Villenviertel Dahlem. Sein Salon ist keine Adresse für das Gallery Hopping, denn Zutritt wird nur auf Einladung oder nach Terminvereinbarung gewährt. Gleichwohl sieht Bastian den Showroom nicht als reinen Sammlertreff. Das Format mag zunächst elitär wirken und bei manchem Kunstinteressierten Schwellenangst erzeugen, doch geht es Bastian  vor allem um die Gespräche mit interessanten Kunstliebhabern und um ihre unterschiedlichen Blickwinkeln auf Kunst und Leben: „Mit unserem neuen Standort verbinde ich den Wunsch, mehr Zeit für den persönlichen, intensiven Austausch zu finden“.

Das markante, würfelförmige Galeriehaus, das David Chipperfield vis-à-vis der Berliner Museumsinsel für die Familie Bastian errichtete, wurde nun Mitte März der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übertragen. Ein Zentrum für kulturelle Bildung wird hier entstehen. Aeneas Bastians Showroom, der sich in einer imposanten Gründerzeitvilla befindet, strahlt eine entspannte Atmosphäre aus. Anstelle von „Blockbustern“ präsentiert der Kunsthändler nun einige wenige ausgewählte Werke aus dem Galerieprogramm. Zum Auftakt setzt er zum Beispiel ein großformatiges Selbstporträt Max Liebermanns, des „Berliner Künstlers schlechthin“, in Korrespondenz mit Robert Rauschenbergs „Matinee [Anagram (A Pun)]“ aus dem Jahr 1997. Was auf den ersten Blick disparat erscheint, ist für Aeneas Bastian durchaus stimmig. Bei beiden Künstlern interessiere ihn der „Blick nach innen, die Selbstbefragung“.

Einen zweiten Schwerpunkt neben der Bildenden Kunst setzt der Kunstsalon Bastian mit Lesungen, Konzerten und wissenschaftlichen Veranstaltungen. Eine Bibliothek mit Kamin bietet hierfür den passenden Rahmen. „Ich erhoffe mir eine möglichst informelle und unkonventionelle Szenerie“, sagt der bibliophile Kunsthändler. Der Besucher sei eingeladen, sich mit einem Buch niederzulassen und in Ruhe darin zu blättern. „Bücher bilden die Möglichkeit, sich der Kunst aus diversen Perspektiven zu nähern und so ein Gleichgewicht herzustellen“, erklärt Aeneas Bastian, der unter anderem Komparatistik in Harvard studierte.

Auf die Frage, ob der Umzug nach Dahlem ein Schritt zurück oder voraus sei, überlegt Aeneas Bastian einen Moment: „Es ist wohl beides“. Schließlich steht dem Schritt nach Dahlem ein Vorstoß gegenüber: AnfangFebruar eröffnete die Galerie Bastian in London ihre erste Auslandsfiliale mit einer Ausstellung von 80 Polaroid Porträts des Pop Art Künstlers Andy Warhol – auf nur 90 Quadratmetern. Trotz des näher rückenden Brexits ist Bastian hinsichtlich des Standorts London optimistisch. Zumal die Stadt ein Drehkreuz für Indien, die afrikanischen Staaten, Australien oder China bilde. Ein Direktflug nach Berlin hingegen sei immer noch nicht möglich: „Ein simples Beispiel. Viele Künstler, Kuratoren und Sammler, die in den letzten Jahren in Erscheinung getreten sind, kommen aus China. Sie können aber nicht ohne Zwischenstopp und Umsteigen von Shanghai nach Berlin fliegen.“Überhaupt geht Bastian mit Berlin hart ins Gericht. „Die Politik hat versagt“, urteilt Bastian. „Der Kunstmarkt wird derzeit in radikaler Form globalisiert und digitalisiert. Wenn Berlin nicht die erforderliche Infrastruktur entwickelt, werden wir den Anschluss verlieren.“ So werfen sowohl sein Rückzug nach Dahlem als auch der Schritt nach London ein trübes Schlaglicht auf Berlin. Manchmal ist ein Standort eben auch ein Standpunkt.

 

Scroll to Top